Potsdam. Klima-Ökonom Ottmar Edenhofer hat vor einem schweren Rückschlag im Kampf gegen die Erderwärmung gewarnt. "Die Gas- und Ölstaaten sehen eine Möglichkeit, mit neuen Technologien ihr fossiles Geschäft fortführen zu können", sagte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagausgabe).
"Aber es ist schiere Illusion zu glauben, die neuen Technologien könnten uns von der Pflicht entbinden, die Emissionen in den kommenden zehn Jahren drastisch zu reduzieren." Die beim Petersberger Dialog aufgekommene Debatte über die Abscheidung und Speicherung von CO2 nannte Edenhofer "hochriskant" und "gefährlich", weil viele Länder "in einem unrealistischen Ausmaß" auf die neuen Technologien setzten. "Die EU und die USA müssten sich gemeinsam an den Märkten aufstellen, damit die Gas- und Öl-Exporteure die neuen Technologien nicht als Feigenblatt für ein Weiter-so nutzen können", forderte er. In den kommenden Monaten bis zum nächsten UN-Klimagipfel müsse es gelingen, "den Kurs weltweit Richtung Ausstieg aus den Fossilen zu setzen". Anlass für Edenhofers Appell sind Ausführungen von Sultan Ahmed Al Jaber, dem Präsidenten der nächsten Klimakonferenz COP28 im Herbst in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Der Sultan bekennt sich zwar zum Ziel, Emissionen zu senken, aber nicht mehr zu einem Ende der Nutzung fossiler Energieträger wie Gas, Öl und Kohle. Die Ansagen der Golfstaaten, so lange wie möglich Gas und Öl verkaufen zu wollen, seien "beunruhigend", sagte Edenhofer, beschrieb aber zugleich einen Ausweg. "Die EU kann auf den weltweiten Märkten als Nachfragekartell auftreten und so die Preise für fossile Energieträger oder fossile Erzeugnisse nach oben treiben", so die Analyse des Wissenschaftlers. "Das wird verhindern, dass der Nachfragerückgang nach Gas, Öl und Kohle in Europa den Verbrauch in anderen Teilen der Erde billiger macht und befördert", erklärte der PIK-Direktor. Der Emissionshandel für Gebäude und Verkehr, der in der EU beschlossene Sache ist, sei dafür eine Blaupause. "Damit wird die EU praktisch zu einem Nachfragekartell, weil es für die In-Verkehr-Bringer von Öl und Gas teurer wird", sagte Edenhofer. "Die EU muss jetzt noch lernen, dieses Potenzial auszuspielen."
mehr News aus der Region