Er bezeichnete ihn als pädophil und zoophil, als stinkenden Gewalttäter. Jan Böhmermann hat sich mit seinem "Schmähgedicht" über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan eine Menge Ärger eingefangen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen ihn sowie weitere Mitarbeiter des ZDF.
Bis Mitte der Woche sollen bereits 20 Anzeigen gegen den TV-Moderator eingegangen sein. Im deutschen Strafgesetzbuch befindet sich ein Paragraf, der die Beleidigung von ausländischen Staatsoberhäuptern unter Strafe stellt. Geldstrafe sowie eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren blühen dem, der sich verleumderisch im Ton vergreift. Nicht nur im Ton vergriffen hat sich der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann. Mit seinem "Schmähgedicht" erreichte er eine Zensur durch das ZDF – doch genau das war auch sein Ziel. Das Zweite Deutsche Fernsehen nahm die betreffende Folge der "Neo Magazin Royale"-Sendung aus der Mediathek.
Was darf Satire?
Unsere recht farblosen deutschen Fernseh-Institutionen tuen sich gut daran, ihre jungen Satiriker zu fördern. Mit Jan Böhmermann hat sich das ZDF einen Helmut Schmidt-Lehrling ins Haus geholt. Seinen letzten großen Scoop erlaubte sich Böhmermann mit dem fingierten Varoufakis-Mittelfinger. Doch das Erdogan-Gedicht scheint nun doch zu weit gegangenen zu sein. Bei der Beleidigung von Staatsoberhäuptern endet die satirische Freiheit. Es wurde gelöscht. Wer es gelesen hat, der kann die Entscheidung des Senders auch nachvollziehen. Der Text ist unsäglich primitiv und wirklich unschön zu lesen. Böhmermann beschimpft Erdogan als "Präsidenten mit kleinem Schwanz". Zudem habe er Sex mit Ziegen und Kindern.
Völlig überraschend kam die Zensur nach der Ausstrahlung für Böhmermann jedoch nicht: als er das Gedicht in der vergangenen Woche vorlas und über die Genitalien des türkischen Präsidenten reimte, sagte er selbst, so etwas dürfe man nicht machen. "Das kann bestraft werden und dann können auch Sachen gelöscht werden. Aber erst hinterher." Anhand des Gedichtes wollte er erklären, wie weit Satire gehen dürfe – eine Anspielung auf den Lösch-Befehl des türkischen Präsidenten nach dem Extra3-Video "Erdowie, Erdowo, Erdogan". Böhmermann erklärte in seiner Sendung, ab wann es Ärger mit Juristen gäbe. Danach trug er dann "nur zum besseren Verständnis" sein Gedicht vor.
Was Böhmerman wirklich wollte
Was darf denn nun Satire? Böhmermann hat es mit seinem Gedicht erklärt: Staatsoberhäupter beleidigen, das darf Satire nicht. Tatsächlich schien es in der Sendung nicht um Erdogan zu gehen. Es ging um die Grenze des Möglichen. Und die hat Böhmermann nun erreicht – und hat für diese erreichte Zensur nun mehr mediale Aufmerksamkeit erlangt, als für die unverschämten Verse und die Kritik an Erdogan selbst.