Niedersachsen. Die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens, hat am heutigen Donnerstag die Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2024 vorgestellt. Demnach zeigten die wesentlichen Kennzahlen eine positive Entwicklung, heißt es in einer Pressemitteilung des Ministeriums.
Die Aufklärungsquote habe mit 62,77 Prozent leicht zugenommen und befinde sich somit weiterhin auf einem hohen Niveau. Die polizeilich registrierten Straftaten hätten nach teils erheblichen Fallzahlanstiegen in den Jahren 2022 und 2023 im Jahr 2024 um 4,33 Prozent ab genommen. Auch die Kriminalitätsbelastung sinke: Die sogenannte Häufigkeitszahl (Taten pro 100.000 Einwohner) liege bei 6.485 und damit wieder unter dem Mittelwert der vergangenen zehn Jahre.
Ursächlich für den Rückgang der Gesamtfallzahl seien Abnahmen in verschiedenen Hauptgruppen wie den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, den Diebstahlsdelikten sowie den Vermögens- und Fälschungsdelikten und den strafrechtlichen Nebengesetzen. Bei Letzteren habe sich insbesondere die Teillegalisierung von Cannabis deutlich auf die Entwicklung der Fallzahlen ausgewirkt.
Weiter steigende Zahlen bei Häuslicher Gewalt
Der Begriff „Häusliche Gewalt“ bezeichnet keine einzelne Straftat, sondern ein Kriminalitätsphänomen, das verschiedene Delikte in unterschiedlichen Konstellationen umfasst – von Sachbeschädigung bis hin zu Mord. Im vergangenen Jahr hat die Polizei in Niedersachsen insgesamt 32.545 Fälle Häuslicher Gewalt und damit eine Zunahme von 8,94 Prozent registriert (2023: 29.875 Fälle). Damit liegen jetzt zum vierten Mal Zahlen auf Basis der neuen Definition Häuslicher Gewalt vor, anhand derer eine bundesweite Vergleichbarkeit gewährleistet ist. Primär ursächlich für diesen erneuten Anstieg seien die Entwicklungen bei den einfachen Körperverletzungen sowie den Bedrohungen.
Die Polizei registrierte im vergangenen Jahr 19.521 Körperverletzungen, davon 3.220 gefährliche und schwere Körperverletzungen. 2024 wurden zudem 9 vollendete sowie 14 versuchte Morde und 20 vollendete sowie 40 versuchte Totschlagsdelikte im Bereich der Häuslichen Gewalt festgestellt. Im Jahr 2023 wurden noch 32 Mord- und 50 Totschlagsdelikte gezählt. Verzeichnet wurde hier ein geringfügiger Anstieg von 82 auf 83 Taten.
Sinkende Kriminalität durch junge Menschen
Die Gesamtzahl der aufgeklärten Fälle, zu denen junge Menschen im Alter von unter 21 Jahren als Tatverdächtige oder Beschuldigte ermittelt wurden, sei im Berichtsjahr 2024 zurückgegangen. Die Anzahl der aufgeklärten Fälle mit jungen Tatverdächtigen im Alter von unter 21 Jahren liegt im Jahr 2024 bei 62.734 Fällen. Im Vorjahr waren es 68.874 Fälle. Der Höchstwert des Zehnjahresvergleichs liegt im Jahr 2015 bei 72.005 Fällen. Rückgänge vollziehen sich sowohl bei tatverdächtigen Kindern, Jugendlichen als auch bei Heranwachsenden.
Damit setzten sich die nach der Coronapandemie zunächst jährlich verzeichneten Anstiege (Nachholeffekte) nicht fort. Hervorzuheben sei dabei die Entwicklung bei der Altersgruppe der Heranwachsenden im Alter von 18 bis unter 21 Jahren. In dieser Altersgruppe wurden nach der Coronapandemie eher moderate Anstiege registriert, was angesichts des Absinkens um 9,51 Prozent im Jahr 2024 zu einem historischen Tiefststand, sogar unterhalb der Werte während der Coronapandemie, führt.
Rückgänge der Zahlen junger Tatverdächtiger seien insbesondere bei den jugendtypischen Delikten Diebstahl und Sachbeschädigung zu erkennen. Mit der Teillegalisierung von Cannabis gehen in 2024 auch stark sinkende Zahlen bei den Rauschgiftdelikten einher. Markante Rückgänge seien ebenfalls bei den Raubdelikten zu beobachten. Diese Entwicklungen zeichneten sich jedoch nicht in allen Deliktsbereichen und auch nicht gleichermaßen in den Altersgruppen oder bei den Geschlechterverteilungen ab. So steigen beispielsweise bei Rohheitsdelikten die Fall- und Tatverdächtigenzahlen und hier insbesondere bei Körperverletzungsdelikten, auch wenn sich der ansteigende Trend im Vergleich zu den Vorjahren abschwächt.
Entwicklung der Messerangriffe
Seit dem 1. Januar 2020 werden Messerangriffe bundesweit in der PKS als „Phänomen“ erfasst. Messerangriffe im Sinne der PKS-Erfassung sind solche Straftaten, bei denen der Angriff mit einem Messer unmittelbar gegen eine Person angedroht oder ausgeführt wird. Hingegen reicht das bloße Mitführen eines Messers nicht für eine Erfassung als Messerangriff aus.
Im Bereich der Messerangriffe stagniert die Fallzahl im Vergleich zum Vorjahr nahezu (+0,23 Prozent von 3.048 auf 3.055 Fälle) und befindet sich somit weiterhin auf einem hohen Niveau. Bedrohungen machen mit aktuell 1.510 Messerangriffen fast die Hälfte der rund 3.000 Messerangriffe aus (49,43 Prozent, 2023: 48,36 Prozent). Auch die gefährlichen und schweren Körperverletzungsdelikte weisen leichte Zunahmen beim Anteil an den Messerangriffen auf (28,74 Prozent; 878 von 3.055 Fällen; Vorjahr: 27,53 Prozent; 839 von 3.048 Fällen). Ebenso steigt die Relevanz von Messerangriffen bei den vorsätzlichen vollendeten Tötungsdelikten: Im Jahr 2023 wurden zehn Messerangriffe als vollendete Tötungsdelikte registriert; 2024 sind es dagegen 18; darunter allein elf Taten im Kontext Häusliche Gewalt.
Verbreitung von Kinderpornographie
Im Bereich der Verbreitung pornografischer Inhalte sei eine Abnahme um 14,11 Prozent auf 6.991 Fälle zu verzeichnen. Kinderpornographie-Delikte seien in diesem Zusammenhang um 18,69 Prozent auf 5.574 Fälle gesunken (2023: 6.855). Jugendpornographie-Delikte seien dahingegen um 65 Taten bzw. 5,77 Prozent, von 1.126 auf 1.191 Fälle gestiegen.
Den größten Einfluss auf die niedersächsischen Fallzahlen hätten die Meldungen des amerikanischen National Centers for Missing and Exploited Children (NCMEC), die die niedersächsischen Strafverfolgungsbehörden über das Bundeskriminalamt erreichen. 2024 wurden insgesamt 6.338 NCMEC-Meldungen an das LKA Niedersachsen übermittelt; 2023 waren es 5.603 Vorgänge, was einer Steigerung von etwa 13 Prozent entspricht. Trotz des Anstiegs der NCMEC-Meldungen ist ein Rückgang der Fallzahlen im Deliktsbereich der Kinderpornografie zu verzeichnen.
Ein Grund dürfte neben einem tatsächlichen Rückgang der aus den Meldungen generierten Fallzahlen (nicht jede Meldung führt zur Einleitung eines Strafverfahrens) auch der Umstand sein, dass im vergangenen Jahr in Niedersachsen nicht alle eingegangenen Hinweismeldungen abschließend bearbeitet werden konnten.