Kritik an Steuer-Vorschlag der Wirtschaftsweisen wird lauter

Die Wirtschaftsweisen stoßen mit ihrem Ruf nach vorübergehenden Steuererhöhungen auf deutliche Kritik in ihrem eigenen Berufsstand.

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Symbolbild. | Foto: Über dts Nachrichtenagentur

Berlin. Die Wirtschaftsweisen stoßen mit ihrem Ruf nach vorübergehenden Steuererhöhungen auf deutliche Kritik in ihrem eigenen Berufsstand. Wenn es um einen Ausgleich dafür gehe, dass Energiehilfen auch Gutverdienern zukommen, dann gebe es die Möglichkeit, die Zahlungen steuerpflichtig zu machen, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest dem Fernsehsender "Welt".


Ähnlich argumentiert Michael Hüther, der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Die von der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm geführte Kommission für die Gaskostenbremse sehe "ja vor, dass die erhaltenen Zahlungen als geldwerter Vorteil ab 72.000 Euro Jahreseinkommen versteuert werden sollen". Für die Unternehmen sei eine Standortbindung als Kondition vorgeschlagen. "Das scheint mir zielführender mit Blick auf die Frage der Zielgenauigkeit."

Ein temporärer Zuschlag zur Einkommensteuer oder eine befristete Erhöhung des Spitzensteuersatzes wiederum erscheine "politisch naiv, wie das Beispiel des ewigen Soli zeigt", so Hüther. Die Bereinigung der kalten Progression verschieben zu wollen, "bedeutet realistischerweise letztlich den Verzicht darauf und damit die Hinnahmen einer nicht legitimierten Steuererhöhung", sagte der IW-Chef. "Ich verstehe auch nicht, woher der Druck für solche Lösungen kommt. Die gefundene Finanzierung über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds ist sachlich angemessen."

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) fordert in seinem noch unveröffentlichten Jahresgutachten Maßnahmen, die helfen können, die von der Politik aufgesetzten "Entlastungspakete" zu bezahlen. Wörtlich schlagen die Wirtschaftsweisen laut eines Berichts der "Süddeutschen Zeitung" eine "Teilfinanzierung durch eine zeitlich streng befristete Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder einen Energie-Solidaritätszuschlag für Besserverdienende" vor. Auch eine "Verschiebung des Ausgleichs" der kalten Progression, wie sie Bundesfinanzminister Christian Lindner avisiert, "auf einen späteren Zeitpunkt" sei "angezeigt". Laut Information der "Welt" aus SVR-Kreisen wird diese Position nicht nur von Achim Truger und der kürzlich erst zur Vorsitzenden gekürten Monika Schnitzer vertreten; beide Professoren hatten sich auch in der Vergangenheit bereits offen für Steuererhöhungen gezeigt.

Auch die Energieexpertin Veronika Grimm und die beiden neuen Mitglieder des ehrenamtlichen Beratungsgremiums sollen die Forderung mit tragen: die an der US-Universität Berkeley lehrende Verhaltensökonomin Ulrike Malmendier und der Bochumer Martin Werding, der sich als Autor der einschlägigen "Tragfähigkeitsberichte" der Bundesregierung als Anwalt solider Staatsfinanzen profiliert hat. Andere Alternativen zur Erhöhung der Staatseinnahmen wie beispielsweise die immer wieder diskutierte Abschöpfung von "Zufallsgewinnen", die durch die extrem hohen Gaspreise bei einigen Energieunternehmen anfallen, schafften es nach Informationen der Zeitung gar nicht in das Jahresgutachten, da sich die Wirtschaftsweisen nicht auf eine einheitliche Position einigen konnten. In früheren Berichten gab es in solchen Fällen Minderheitenvoten, sodass nicht nur gemeinsame Standpunkte abgebildet wurden. Der Cottbusser Ökonomieprofessor Jan Schnellenbach konzediert, dass der Ausgleich der kalten Progression "die Nachfrage stützt und expansiv wirken kann, was man in Zeiten hoher Inflation eher nicht will".

Nur sei es so, "dass der expansive Effekt des Ausgleichs verglichen mit allen anderen Maßnahmen auf der Ausgabenseite wirklich sehr klein ist". Darauf komme es jetzt auch nicht mehr an. "Bevor der Ausgleich auf St. Nimmerlein verschoben wird, kann man ihn daher besser jetzt gleich vornehmen."


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