Im Wolfenbüttler Leibnizhaus verwöhnt Francesco Scaccianoce seit 1985 seine Gäste. Kochen versteht man im La Domenica als Kunst.
Künstler, Koch und Gastronom: Francesco Scaccianoce.[/image] Kunst und kulinarisch fangen wohl nicht zufällig mit dem gleichen Buchstaben an. Für Francesco Scaccianoce sind beide Begriffe Lebensbegleiter. Der Restaurantchef und leidenschaftliche Botschafter der italienischen Küche übte sich schon als Kind mit dem Zeichenstift, bevor der Kochlöffel dran kam. Das La Domenica in Wolfenbüttel ist ein Teil seines Zuhauses. So geht italienische Gastfreundschaft. La Domenica, das heißt »am Sonntag« und dieser Name ist gleichzeitig Anspruch für Francesco und sein Team. Essenzugehen ist so etwas wie die Ruhe am siebten Tag. Jedenfalls für den Gast. Wir sitzen auf der Terrasse des Leibnizhauses. Es halb zwölf. Die Vorbereitungen für den Mittagstisch laufen auf Hochtouren. Hinter dem Neubau im Wolfenbüttler Bibliotheksquartier erstreckt sich eine Wiese. Eine Oase mitten in der City. Der Hausherr legt selbst Hand an und spannt eine große Markise auf. Das Kochen sei nicht seine erste Leidenschaft gewesen, verrät er. Der Sohn eines italienischen Bauunternehmers wusste als Jugendlicher genau, was er nicht wollte. Und zwar beruflich in die Fußstapfen des Vaters treten. Stattdessen träumte Francesco Scaccianoce von einem Kunststudium.
Der Weg in die Gastronomie
»Das war aber nur schwer durchzusetzen«, erinnert er sich. Vor allem sollte der Junge etwas Vernünftiges machen. Gastronomie lag immerhin in der Familie. Das dürfte für den Vater ein gutes Argument gewesen sein, damit er diesem Weg zustimmt. Die erste Station für Francesco Scaccianoce war in Sizilien. Ein Verwandter besaß ein Lokal und dort durfte er hinter der Theke aushelfen. Vielleicht sind es solche Erlebnisse gewesen, die den neuen Berufswunsch bekräftigten. Er sei ein kommunikativer Mensch. Mit dem Gast zu sprechen und herauszufinden, was das Richtige für ihn ist, das fasziniere ihn auch heute noch, schwärmt Francesco Scaccianoce. Ein Restaurant zu führen, das habe vor allem mit Vertrauen zu tun: »Es hat mich immer fasziniert, welche Verantwortung das eigentlich ist. Jemand geht in ein Restaurant, weil er eine schöne Zeit erleben will. Weil er mit einem guten Gefühl nach Hause gehen möchte. Und es hängt von der Auswahl der Speisen, über deren Zusammenstellung und Zubereitung so viel davon ab, ob das gelingt.«
Lehr- und Wanderjahre
Damit das klappt, hat Francesco Scaccianoce sein Handwerk von der Pike auf gelernt. Schon früh verlässt er die Heimat. Es zieht ihn zuerst nach Barcelona zu den Verwandten, bei denen er im Restaurant die ersten richtigen gastronomischen Schritte macht. In der Kochschule erwirbt er sich die Grundlagen. Kreativität kann man wohl nie lernen. Man hat sie oder man hat sie nicht. Von Barcelona, der Weg führt nicht direkt dorthin, geht es nach Braunschweig. Von Braunschweig nach Paris, wo er ein Jahr lang arbeitet und Erfahrungen sammelt und wieder zurück in die Löwenstadt. Erfahrung und die Liebe und Ehrfurcht vor dem Essen. Diese Dinge beschäftigen Francesco Scaccianoce, der inzwischen zusätzlich als Sommelier seinen Master of Vine gemacht hat, noch heute. »Man macht sich oft gar keine Vorstellung, wie viel Mühe so ein Essen gemacht hat, bevor es auf dem Teller landet. Wenn wir einen Wein trinken liegt so viel Zeit und Aufmerksamkeit hinter dem Produkt, dass man das unbedingt würdigen sollte«, gibt er zu bedenken.
Der Gewölbekeller im La Demonica.[/image]
Von der Kunst zu kochen
Deshalb fängt seine Kunst auch bereits mit dem Einkauf an. Welche Zutaten man erwerbe und kombiniere, das sei so wie beim Malen eines Bildes: »Man hat ein leeres Blatt vor sich und die Farben und muss die Inspiration haben, eine Komposition daraus zu machen«. Wenn er die Lebensmittel sehe, entstünden solche Menübilder im Kopf. Die bespricht er dann mit seinem Koch, Partner und Schwager Stefano Parolo. Der hat an der Mailänder Kochschule das Handwerk gelernt und später in Süditalien die dortige Küche studiert. Ohnehin liefe so ein Betrieb nur, wenn die gesamte Mannschaft zusammen funktioniere. Da ist vor allem die Familie. Und die ist für Francesco Scaccianoce sehr wichtig. Hier herrscht Vertrauen. Hier zieht man an einem Strang. Und wenn die Komponenten da seien – der frische Fisch, das besondere Filetstück oder schmackhaftes Gemüse der Saison – käme es eben darauf an, dass der Gast das Richtige finde. Am liebsten sei es ihm, wenn der einfach sage, wonach ihm der Sinn stehe. Beratung steht im La Domenica ganz oben. »Wer uns kennt, der braucht keine Karte mehr«, verrät Francesco Scaccianoce. Da kommt das Thema Verantwortung wieder auf den Tisch.
Der frühere Standort an der Okertstraße aus dem Auge des Künstlers.[/image]
Für jeden Gast da sein
Die Gesichter des Clowns von Francesco Scaccianoce.[/image] »Ich schaue natürlich, dass ich ein faires Angebot mache, wenn jemand sagt, er möchte eine gute Flasche Wein haben, dann kann ich nicht gleich eine für 80, 90 Euro aus dem Regal ziehen. Sondern ich muss sehen: Was ist da möglich«, erklärt er. Die Erfahrungen, Menschen einzuschätzen, hat sich Francesco Scaccianoce über die Jahre erworben. Da gebe es Leute mit Geld, die nur protzen würden. Andere, die dezent und diskret den Wert qualitativer Zutaten zu schätzen wüssten. Menschen mit bescheidenen Mitteln, die eine Show machten und solche, die Besonderes würdigten, sich jedoch nur wenig leisten könnten. Allen will er gerecht werden. Für jeden hat Francesco Scaccianoce ein gutes Wort und eine Geste parat. Das sei manchmal nicht leicht, räumt er ein. Vor einigen Jahren habe es Schicksalsschläge in der Familie gegeben. Das sei eine verdammt harte Zeit gewesen, trotzdem zu funktionieren, erzählt er. Die Fassade aufrechtzuerhalten war ein Drahtseilakt.
Malen als Ausgleich
Ein Mittel um mit solchen Schicksalsschlägen klarzukommen ist für ihn nach wie vor das Malen. Seine Bilder handeln vom Leben, von den Gefühlen, Sehnsüchten und Träumen. Die Clownreihe ist ein bisschen autobiografisch. Der Gastronom muss den Leuten auch Freude machen, wenn es ihm schlecht geht. Wie der Spaßmacher im Zirkus. Und so zeigt sein Bild die verschiedenen Masken des Schauspielers. Auf einem anderen Werk ist ein früheres Restaurant auf der Okerstraße abgebildet. Dunkel, romantisch, fast ein wenig melancholisch. Mit viel Herz, wie alle seine Bilder. Das braucht Francesco Scaccianoce für seinen Beruf. Kunst und kulinarisch. Ja, das passe bestens zusammen sinniert der Maler, Koch und Gastronom. Der ist nun schon einige Jahrzehnte im Geschäft. Aber eines hat sich trotz Arbeitsalltag und Routine nicht abgeschliffen. Die Neugier und der Wunsch, seinen Gästen etwas ganz Besonderes zu bieten. La Domenica Schlossplatz 5 38304 Wolfenbüttel Tel.: 05331-5953