Braunschweig. Der Chef der Braunschweiger Modekette New Yorker, Friedrich Knapp, äußert in einem Interview mit der Bildzeitung scharfe Kritik an der Bundesregierung. Grund hierfür ist die aktuelle Corona-Politik, die laut Knapp nicht nur völlig verfehlt sei, sie bringe den stationären Textilhandel "an den Rand des Ruins". Die Modekette hat lange Zeit auf einen eigenen Onlineshop verzichtet - nun habe sie mit 50 bis 60 Prozent Umsatzausfall zu rechnen.
Die Modekette New Yorker beschäftigt insgesamt über 19.000 Menschen, allein in Deutschland besitzt der Konzern 285 Filialen, die nach wie vor das wichtigste Standbein des Braunschweiger Unternehmens bilden. New Yorker war zur Erhaltung der Innenstädte und der Einkaufskultur nie den Online Handel eingestiegen und werde auch in Zukunft keinen E-Commerce betreiben, ließ das Unternehmen wissen. Entsprechend hart treffen die Schließungen den Textilhändler. In einem Interview mit der Bild macht Friedrich Knapp sich nun Luft. Aus seiner Sicht stünde der stationäre Handel bereits jetzt vor dem Ruin. Für seine Sicht auf die Lage findet er einen drastischen Vergleich. Nur Krieg sei ernster als die aktuelle Lage, glaubt Knapp.
Aktuell habe New Yorker mit dem Ausfällen von mehr als der Hälfte seiner Umsätze zu rechnen. Die Ware staube in den Lagern ein, das Wintergeschäft sei bis Ende Februar fast vollständig ausgefallen. Noch halte sein Unternehmen durch. Dadurch, dass New Yorker als "eine der wenigen Ketten weltweit" nach wie vor expandiere. Das bringe sie in eine komfortable Situation in Verhandlungen um Mieterlässe. Filialschließungen schließe Knapp aktuell auch aus. Das könnte sich allerdings ändern, je nachdem wie lange der Lockdown noch laufe. Der lange Atem New Yorkers könne in den nächsten Monaten ausgehen.
Konzeptlosigkeit in Berlin?
Die Hauptschuldigen für die Misere findet Friedrich Knapp derweil in Berlin. Ihm fehlten intelligente Konzepte, mit denen der Handel als Ganzes mit der Pandemie umgehen könnte. Die Lage in den Verhandlungen zwischen Mietern und Vermietern vergleicht er mit einem Basar. Mieter die wegen staatlicher Sanktionen ihre Läden schließen müssten, sollten auch vom Staat dafür entschädigt werden. Hier fehle eine Regelung vollständig. Überhaupt sei der Handel in den Krisenstäben kaum vertreten, sodass seine Belange kaum in der Politik ankämen. "Wenn man sich die Situation anschaut im Handel, könnte man böswillig meinen, Bezos (Amazon-Chef, Anmerkung der Redaktion) hat das angezettelt, um den Handel außer seinem eigenen platt zu machen", so Knapp gegenüber der BILD.
Dabei seien Konzepte vorhanden. Sie würden nur nicht flächendeckend umgesetzt. Dazu zählten Konzepte aus der ersten Welle, aber auch lokale Lösungen, wie etwa aus Tübingen in Baden-Württemberg. Die Universitätsstadt hat eigene Testkonzepte aufgestellt, bindet Ehrenamtliche in die Pandemiebekämpfung mit ein und hatte etwa die Mehrwertsteuer für den stationären Handel angepasst. Solche Konzepte würden in Berlin jedoch parteiübergreifend "linkisch belächelt", meint der Textilunternehmer. Wenn es nach Friedrich Knapp ginge, sollte der Einzelhandel sofort flächendeckend wieder öffnen. "Wird das nicht passieren, haben wir eine Handelslandschaft in Deutschland, die nie wieder auf die Beine kommt", ist sich der New Yorker Chef sicher.
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