Hannover. In der aktuellen Corona-Verordnung heißt es in Sachen Einzelhandel: „Zulässig ist im Übrigen nach vorheriger Terminvereinbarung mit einer Kundin oder einem Kunden und jeweils einer Begleitperson die Durchführung von Bemusterungs- und Anprobeterminen in Betrieben und Einrichtungen jeglicher Art“. Diese Lockerungsregel gilt auch in den sogenannten Hochinzidenzkommunen mit einem Inzidenz-Wert von über 100. Wie nun die Niedersächsische Staatskanzlei in einer Pressemeldung berichtet, sind Unklarheiten bezüglich der Auslegung dieser Regel aufgekommen. Das Land stellt klar, dass die Begriffe "Bemusterungs- und Anprobetermine" eng definiert sind.
Der Begriff "Bemusterung" stamme aus dem Bauwesen. Bei einer "Bemusterung" würden Ausstattungen und Einrichtungen der Bereiche Dach, Fassade, Türen, Fenster, Bodenbeläge, Wandgestaltung, Sanitär etc. begutachtet, gegebenenfalls getestet und bestellt. In der Architektur laute die Definition: „Entscheidung bezüglich gestaltungsflexibler Baubestandteile“. Genau das sei auch in der Corona-Verordnung gemeint, also Termine, in denen sich Interessierte Fliesen anschauen oder ein Parkett oder Türen, die sie eventuell in ihre Wohnung oder in ihr Haus einbauen (lassen) wollen. Auch eine ganze Küche in einem Küchenstudio könne "bemustert" werden. Bei den Bemusterungsterminen und den Anprobeterminen könne die Ware dann auch gleich bestellt und bezahlt werden. Dies führe nicht zu einer Steigerung der Virusinfektionsgefahr.
"Kein Einfallstor für den Einzelhandel"
Nicht unter den Begriff "Bemusterung" falle jedoch die Inaugenscheinnahme von sonstigen Möbeln wie Sofas oder Tischen und auch nicht sonstige Gegenstände des Einzelhandels wie Geschirr oder Töpfe. Die Bemusterungsregelung ist also kein Einfallstor für die Öffnung von Möbelhäusern oder Kaufhäusern oder sonstigen Einzelhandelsgeschäften jenseits von Buchhandel, Blumenläden oder Lebensmittelgeschäften.
Nur individuell bestellte Kleidungsstücke
"Anprobetermine" seien Termine, in denen ein individuell für den jeweiligen Kunden bestelltes Kleidungsstück anprobiert werden muss, also beispielsweise ein neuer Anzug, ein Hochzeitskleid oder ähnliches. Auch spezielle Arbeitskleidung müsse anprobiert werden, damit sie richtig sitzt. Nicht umfasst sei dagegen das Anprobieren von Jeans, T-Shirts oder Pullovern, die man in einem ganz normalen Bekleidungsgeschäft kaufen möchte. "Würde man den Begriff Anprobetermine auch auf diese Bereiche ausdehnen, würde das defacto eine Öffnung von weiten Teilen des Einzelhandels bedeuten. Das ist aber in Kommunen, in denen die 7-Tages-Inzidenz über 100 liegt, nicht zu verantworten", so das Land.
Es wäre auch den anderen Einzelhandelsgeschäften gegenüber nicht zu erklären, warum in Hochinzidenzkommunen nun ausgerechnet die Bekleidungsgeschäfte vorzeitig für Terminshopping öffnen dürften. Mit einer Ausweitung des Begriffs "Anprobetermin" käme man dann gegebenenfalls über entsprechende Gerichtsentscheidungen zu einer vollständigen Öffnung des Einzelhandels zumindest für Terminshopping auch in Kommunen mit hohen Inzidenzen.
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