Liebenburg/Braunschweig. Ein weiterer Verhandlungstag im Mordprozess ohne Leiche ging am heutigen Freitag mit dem Ergebnis zu Ende, dass die Verteidigung gerne noch mehr Beweise und Zeugen unter die Lupe nehmen würde, die Kammer aber deutlich machte, dass langsam ein Ende des Prozesses angestrebt werden sollte.
Seit November läuft der Mordprozess im Fall Manczak nun bereits. Angeklagt ist der 51-jährige Bundespolizist Martin G.. Er soll seinen guten Freund Karsten Manczak getötet haben, um mit dessen Frau seine bis dahin geheime Affäre ungehindert ausleben zu können. Der Prozess stützt sich rein auf Indizien, denn von dem mutmaßlichen Opfer fehlt auch nach einem Jahr jede Spur.
Kein Ende in Sicht
Fünf Monate Beweisaufnahmen und Zeugenbefragungen liegen hinter den Verfahrensbeteiligten. Ein Ende ist noch nicht wirklich in Sicht. Auch wenn der vorsitzende Richter, Dr. Ralf Michael Polomski, heute deutlich machte, dass man nun allmählich zum Ende kommen müsse. Aufgrund immer wieder - meist durch die Verteidigung - gestellter Beweisanträge sei in das Verfahren bereits eine enorme Verzögerung geraten. Ursprünglich sollte das Urteil bereits im Februar fallen.
Polizei erneut im Zeugenstand
Zwei Zeugen, beide Polizeibeamte in Goslar beziehungsweise in Seesen, wurden heute in den Zeugenstand gerufen. Geklärt werden sollte, ob die Beamten Videoaufnahmen aus einem Baumarkt in Seesen ausreichend gesichtet haben.
Zu den Akten hatte es besagter Einsatz erst während des Prozesses geschafft, nachdem Zeugen angegeben hatten, das mutmaßliche Mordopfer Karsten Manczak nach seinem Verschwinden am 13. April 2021 dort noch gesehen zu haben. Ein Umstand, den Strafverteidiger Martin Nitschamnn wieder einmal dazu veranlasste, die Ermittlungsmethoden der Polizei zu hinterfragen. In Frage stellte er auch den Wahrheitsgehalt der Aussagen am heutigen Tag. Die Aussagen der beiden Beamten seien seiner Auffassung nach widersprüchlich und sehr lückenhaft. "Hier ist doch was faul im Staate Dänemark", so der Strafverteidiger, der einen weiteren Beweisantrag hinterherschob. Noch einmal sollten die Aussagen und Abläufe dieses Einsatzes vor Gericht behandelt werden. Die Kammer kam nach etwa einstündiger Beratung nicht zu einer Entscheidung, ob dem Antrag der Verteidigung stattgegeben wird und vertagte diese. Richter Polomski forderte jedoch sowohl Staatsanwaltschaft, als auch Verteidigung dazu auf, weitere Anträge bis zum 16. Mai zu stellen, damit zeitnah das Ende des Prozesses angestrebt werden könne.
Video gelöscht
Das Video, das heute noch einmal Gegenstand der Verhandlung war, sollte bei der Aufklärung helfen, ob zwei Zeugen das mutmaßliche Opfer tatsächlich an einem Baumarkt in Seesen gesehen haben. Eine Mutter mit ihrem Sohn hatte ausgesagt, sie hätten Karsten Manczak am 16. April in den Morgenstunden dort gesehen, sogar kurz mit ihm gesprochen. Für die Verteidigung einmal mehr Grund, daran zu zweifeln, ob Karsten Manczak wirklich am 13. April 2021 getötet wurde. Das Video sei laut Aussagen der Polizisten heute, am 17. April durch sie gesichtet worden. Nachdem aber ausgeschlossen werden konnte, dass Karsten Manczak auf den Videoaufzeichnungen des Eingangsbereichs zu sehen war, wurde hierzu kein Aktenvermerkt gemacht. Eine weitere Aufnahme, die den Parkplatz des Baumarktes umfasste, sei gar nicht gesichtet worden, da man hier Personen nicht hätte im Detail erkennen können, gaben die Beamten an. In die Beweisaufnahme können die Aufnahmen nicht mehr fließen. Das Video wurde inzwischen gelöscht.
Angeklagter schweigt weiterhin
Bereits zu Beginn des heutigen Prozesstages hatte Polomski verkündet, dass die Haftbeschwerde der Verteidigung an das Oberlandesgericht verwiesen wurde. Ob der Angeklagte bis zum Prozessende, das nun bereits bis weit in den Juni terminiert wurde, auf freiem Fuß sein wird, steht somit nicht fest.
Martin G. schweigt seit Beginn des Prozesse und wird das aller Voraussicht nach auch weiterhin tun, erklärte sein Anwalt gegenüber regionalHeute.de.
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