Region. Am 27. April tritt in Niedersachsen eine Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und beim Einkaufen in Kraft. Dies gab die Niedersächsische Landesregierung am heutigen Mittwoch bekannt (regionalHeute.de berichtete). Dies sei laut dem Niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil auch ein Schritt in Richtung weiterer Lockerungen des Corona-Shutdowns. Landesgesundheitsministerin Dr. Carola Reimann versicherte in der Pressekonferenz am heutigen Mittwoch, dass die Maskenpflicht uns "über Wochen und Monate" begleiten werde - und nannte weitere Details zum Alltag mit Gesichtsmaske.
Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres und Menschen, die eine Erkrankung haben, die das Tragen einer Mund-Nasen-Maske verhindern, bleiben von der Regelung ausgeschlossen. Auch beruhigte die Ministerin, dass keine Panik wegen der Beschaffung einer solchen Maske bis zum kommenden Montag aufkommen müsse. "Damit ist ausdrücklich auch das Tragen eines Schals oder eines Tuches gemeint, sofern Mund und Nase vollständig bedeckt werden." Die Maskenpflicht werde in den kommenden Tagen in dDie Niedersächsische Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Coronavirus aufgenommen, welche am vergangenen Montag in Kraft getreten ist und alle bisherigen Allgemeinverordnungen nahtlos abgelöst hat. Dementsprechend konnte Reimann heute auch noch nicht beantworten, welche Strafen bei Nichteinhaltung der Maskenpflicht drohen, wie diese kontrolliert wird und ob Supermarktmitarbeiter nun acht Stunden mit der Maske herumlaufen sollen. Das müsse geklärt werden, wenn der Beschluss in einen Gesetzestext gefasst werde.
Eine Entwicklung, die nicht mehr aufzuhalten war
Der Beschluss, der vergangene Woche Mittwoch von Bundeskanzlerin Merkel und den Regierungschefs in Bund und Ländern bekannt gegeben wurde, beinhaltete zunächst noch eine ausdrückliche Empfehlung, jedoch keine gesetzliche Regelung. "Ich teile die Einschätzung unseres Ministerpräsidenten, dass dieser Beschluss für Niedersachsen auch noch bis zur nächsten Woche getragen hätte", bekräftigt Reimann die Haltung der Landesregierung vom Montag. Damals hieß es noch, es gebe in Sachen Maskenpflicht "keinen Handlungsbedarf". "Nun ist es aber so, dass die meisten Bundesländer eigene Regelungen auf den Wege gebracht haben, die eine Pflicht zum Tragen vorsehen", dies sei entgegen der Maxime geschehen, in Bund und Ländern ein möglichst einheitliches Vorgehen bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie einzuhalten.
"Wir haben mit dem heutigen Beschluss dieser Entwicklung jetzt auch in Niedersachsen Rechnung getragen, die spätestens seit dem gestrigen Tag nicht mehr aufzuhalten war." Auf die Frage, ob sie das "Vorpreschen" von Wolfsburg und Braunschweig ebenfalls für verwerflich halte, reagierte die Ministerin immerhin in Bezug auf Wolfsburg verständnisvoll: "Wolfsburg ist in einer besonderen Situation, wenn sie sich die Zahlen der Infizierten und der Verstorbenen dort ansehen." Grundsätzlich seien Kommunen in einer besonderen Situation aber angehalten, eigene Maßnahmen auf Basis des Infektionsschutzgesetzes zu treffen.
Die Maske allein schützt nicht
Ministerin Reimann zeigte sich bei der Bekanntgabe der Details zur neuen Maskenpflicht skeptisch. Sie bedaure, dass über die Debatten wer, wann, was beschließe die sachlichen Aspekte dieses Themas in den Hintergrund getreten seien. Eine Pflicht habe sie lange abgelehnt: "Die wichtigste Botschaft ist: Das Tragen einer einfachen Bedeckung schützt uns nicht vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus!" Es gelte weiterhin ein dringend einzuhaltender Mindestabstand von 1,5 Metern, sowie die Empfehlungen zur Händehygiene. Reimann teile die Befürchtungen der Weltgesundheitsorganisation WHO, die sich ebenfalls lange gegen das verpflichtende Tragen von Masken ausgesprochen habe: "Es gibt eben die hauptsächliche Befürchtung, dass die Menschen leichtfertig werden und sich nicht mehr an die Abstands- und Hygieneregeln halten."
"Mir ist ganz wichtig, dass diese medizinische Schutzausrüstung nach wie vor nicht beim Einkaufen oder im Bus getragen wird. Diese Ausrüstung muss bei den Profis im Gesundheitswesen bleiben. Sie sind einem wesentlich höheren Ansteckungsrisiko ausgesetzt!"
Medizinischer Schutz den Medizinern
Ein weiterer Grund zur Skepsis sei für die Ministerin die ohnehin angespannte Situation bei der Schutzausrüstung: "Die Situation in unserem Gesundheitssystem treibt mich ganz besonders um, da gibt es nach wie vor einen großen Mangel. Wir haben die Situation zwar mittlerweile so im Griff, dass die Amtshilfeersuche zumindest teilweise gedeckt werden können, aber nach wie vor Fehlen hunderttausende FFP-2 und FFP-3 Masken für unsere Krankenhäuser, für unsere Pflegeheime und die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte", argumentiert die Ministerin und mahnt: "Mir ist ganz wichtig, dass diese medizinische Schutzausrüstung nach wie vor nicht beim Einkaufen oder im Bus getragen wird. Diese Ausrüstung muss bei den Profis im Gesundheitswesen bleiben. Sie sind einem wesentlich höheren Ansteckungsrisiko ausgesetzt!"
"Bitte halten Sie weiterhin Abstand, bitte waschen Sie sich weiter die Hände und vermeiden Sie es weiter, sich ins Gesicht zu fassen!"
Die Situation hat sich verändert
Trotz aller Skepsis gebe es aber inzwischen auch viele gute Gründe, die für eine Maskenpflicht sprechen: "Selbst einfacher Mund-Nasen-Schutz schützt beim Sprechen vor einer Infektion des Gegenübers. Zumindest für unsere Mitmenschen reduziert sich das Risiko, sich bei uns anzustecken." Da wir uns laut Reimann inzwischen in der "zweiten Phase" der sogenannten Durchseuchung befänden, sei eine besondere Vorsicht geboten. Die Gefahr ist groß, dass es durch die Lockerungen wieder zu einer exponentiellen Ausbreitung kommt. Zum anderen hätte sich die Situation laut Reimann mehr als sieben Wochen nach Beginn der Pandemie verändert: "Im Verlauf dieser Pandemie tritt ganz eindeutig eine Veränderung unserer Gewohnheiten ein. Masken sind vor allem ein Signal: zum einen ein Signal der Solidarität untereinander. Zum anderen aber auch ein Signal dafür, dass wir uns immer noch in einer Krise befinden. Auch wenn wir erste Lockerungen zur Kontaktreduzierung beschlossen haben, wir sind noch nicht übern Berg. Wir müssen weiter sehr wachsam sein und bleiben. Vor diesem Hintergrund bin ich der festen Überzeugung, dass wir eine gute Entscheidung getroffen haben, die hoffentlich von den Menschen in Niedersachsen mitgetragen wird."
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