Mehrere Verfahren gegen KZ-Wachleute geplant

In Deutschland werden derzeit noch mehrere Verfahren gegen ehemalige KZ-Wachleute in hohem Alter geplant.

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Symbolbild. | Foto: Über dts Nachrichtenagentur

Coburg. In Deutschland werden derzeit noch mehrere Verfahren gegen ehemalige KZ-Wachleute in hohem Alter geplant. So bereitet die Staatsanwaltschaft Coburg derzeit die Anklage gegen einen 98-jährigen Mann vor, der als SS-Wachmann im KZ Ravensbrück eingesetzt worden sein soll - er ist 98 Jahre alt.


Dem Beschuldigten P. wird vorgeworfen, von April 1943 bis Mai 1945 dort Dienst getan und dadurch den Tod von Häftlingen erst ermöglicht zu haben. Die Rede ist von möglicher Beihilfe zum Mord, wie die "taz" berichtet (Mittwochsausgabe). Die Staatsanwaltschaft Neuruppin bestätigte laut des Berichts, dass sie die Ermittlungen an die Behörden im bayerischen Coburg abgegeben hat. Das Verfahren soll dort stattfinden, weil der Beschuldigte in der Region lebt.

Weil P. zum Zeitpunkt seiner mutmaßlichen Taten noch nicht volljährig war, gilt für ihn das Jugendstrafrecht. Nach Angaben des zuständigen Staatsanwalts in Coburg sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Derzeit sei ein Historiker mit der Erstellung eines Gutachtens über das KZ Ravensbrück betraut, sagte er der "taz". Ein medizinisches Gutachten deute auf eine Verhandlungsfähigkeit des Beschuldigten hin.

Bei P. handelt es sich um einen so genannten Volksdeutschen. So wurden in der NS-Zeit Menschen "volksdeutscher" Abstammung genannt, die außerhalb des Reichs lebten. Besonders gegen Ende des NS-Regimes waren viele "Volksdeutsche" als KZ-Wachmänner eingesetzt. Eine Anklage gegen den Mann könnte im Frühjahr 2023 erhoben werden, ein Prozess im Spätsommer desselben Jahres beginnen, heißt es aus Justizkreisen.

Ravensbrück diente von 1939 an als Frauen-KZ. Ab April 1941 war dort auch ein Männerlager eingerichtet, von Juni 1942 an kam ein Lager für junge Frauen und Mädchen hinzu. Dem KZ waren über 40 Nebenlager angeschlossen, in denen die Häftlinge Zwangsarbeit leisten mussten. Der beschuldigte P. soll seinen Dienst nach Angaben der Staatsanwaltschaft Neuruppin im Hauptlager getan haben. In Ravensbrück wurden nach Angaben der Mahn- und Gedenkstätte zwischen 1939 bis 1945 etwa 120.000 Frauen und Kinder, 20.000 Männer und 1.200 weibliche Jugendliche gequält.

Sie stammten aus über 30 Nationen, unter ihnen Juden, Sinti und Roma. Zehntausende wurden ermordet, starben an Hunger, Krankheiten oder durch medizinische Experimente. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt zudem gegen eine heute 99-jährige Frau, die in Ravensbrück als Wächterin eingesetzt war, wie die "taz" berichtet. Weiterhin untersucht sie, ob ein 98-jähriger Mann angeklagt werden kann, der offenbar im KZ Sachsenhausen als Wachmann eingesetzt war.

Nach Angaben des Leiters der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen im baden-württembergischen Ludwigsburg, Thomas Will, sind in Deutschland derzeit zwei weitere Verfahren bei örtlichen Staatsanwaltschaften anhängig. In Erfurt wird im Tatkomplex Buchenwald gegen einen Mann ermittelt. Im Hamburg untersucht die Staatsanwaltschaft die mögliche Schuld eines ehemaligen Bediensteten des KZ Neuengamme. Dennoch neigen sich die Ermittlungen gegen ehemalige Nazi-Täter dem Ende entgegen, sagte Will der "taz".

Derzeit überprüfe die Zentrale Stelle "einige hundert" Personen, deren Aufenthaltsort bisher nicht ermittelt werden konnte. Hier handele sich vor allem um sogenannte Volksdeutsche, die nach dem Krieg möglicherweise ins Ausland verzogen sind. Bei der Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft für NS-Verbrechen im nordrhein-westfälischen Dortmund ist derzeit kein einziger Fall mehr anhängig, sagte auch der Leiter der Behörde der "taz". "Ein Ende der Ermittlungen ist absehbar", bestätigte Will von der Zentralen Stelle in Ludwigsburg.


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