Braunschweig. Heute ist das Verfahren der Musterfeststellungsklage des Vereins Verbraucherzentrale Bundesverband gegen die Volkswagen AG erstmals verhandelt worden. Wegen des großen öffentlichen Interesses hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig unter Leitung des Vorsitzenden Michael Neef im Congress Saal der Stadthalle Braunschweig terminiert. Dies berichtet das Oberlandesgericht Braunschweig.
Mit der Klage will der Bundesverband rechtliche und tatsächliche Fragen klären lassen, die für Schadensersatzansprüche von Verbrauchern im Zusammenhang mit der sogenannten Dieselproblematik von Bedeutung sind. Gegenstand dieses Verfahrens seien, so der Vorsitzende in seiner Einleitung, nicht individuelle Fälle, sondern die rund 60 beantragten Feststellungsziele. Die Entscheidung über diese werde dann bindende Wirkung für die Verbraucher haben, die sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben.
Es soll möglichst zügig entschieden werden
Neef betonte, dass in der mündlichen Verhandlung geäußerte Rechtsansichten des Gerichts zunächst vorläufiger Natur seien. „Natürlich erhalten beide Seiten ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Die strittigen Fragen sollen noch im Einzelnen ausführlich mit allen Beteiligten erörtert und dann möglichst zügig entschieden werden“, kündigte er an.
Im Folgenden habe Neef die verschiedenen Streitpunkte zwischen den Parteien erläutert. Hierzu erklärte er, dass der Senat dazu neige, vertragliche Ansprüche von Verbrauchern, die ihr Fahrzeug bei einem Händler, also nicht bei VW, gekauft hätten, eher abzulehnen. Sehr ernsthaft in Betracht zu ziehen seien dagegen die Feststellungsziele zu deliktischen Schadensersatzansprüchen, insbesondere solche aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Hier gelte es auch zu klären, wie der Schaden berechnet werde und auf welchen Zeitpunkt für die Schadensberechnung abzustellen sei. Eine Nutzungsentschädigung für den Gebrauch der Fahrzeuge müssten sich die Verbraucher, so Neef, nach vorläufiger Ansicht des Senats aber wohl anrechnen lassen.
Der Vorsitzende habe in Ergänzung des Hinweisbeschlusses des Senats vom 3. Juli nochmals angesprochen, dass die Musterfeststellungsklage für die angemeldeten Verbraucher mit Wohnsitz im Ausland möglicherweise nicht hilfreich sei. Für deren Schadensersatzansprüche müsse gegebenenfalls ausländisches materielles Recht angewendet werden. Aus den vom Verband beantragten Feststellungszielen ergebe sich eindeutig, dass nur deutsches Sachrecht geprüft werden solle. Der Senat werde die weitere heutige Verhandlung dazu nutzen, die Zulässigkeit der Feststellungsziele zu erörtern. Dies sei, so Neef, schon vor dem Hintergrund erforderlich, dass der Gesetzgeber geregelt habe, dass spätestens im ersten Termin auf sachdienliche Anträge hinzuwirken sei.
Hintergrund
Am 1. November 2018 hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände e. V. gegen die Volkswagen AG eine Musterfeststellungsklage eingereicht. Mit dieser sollen Grundlagen für Schadensersatzansprüche geklärt werden, die Verbrauchern gegen die Volkswagen AG zustehen könnten. Es geht dabei um die Fahrzeuge der Marken VW, VW Nutzfahrzeuge, Audi, Skoda und Seat, die einen Motor der Baureihe EA189 mit einer sogenannten Abschalteinrichtung verbaut haben. Auch die Fragen, die den Umfang etwaiger Schadensersatzansprüche betreffen, sollen mit der Klage beantwortet werden. Die Feststellungsziele sowie wichtige Hinweise des Gerichts sind im Klageregister öffentlich bekannt gemacht (www.bundesjustizamt.de). Nach letztem Stand haben sich rund 469.000 Verbraucher angemeldet.
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