Orangewood erfindet das Schneidebrett neu und verarbeitet Holz zu innovativen Dingen.
Auch für Kulinariker gibt es einige interessante Sachen. Manche Dinge brauchen lange. Sehr lange. Die Reportage über Orangewood zum Beispiel. Als ich auf der Hamburger Straße in der kleinen Werkstatt war, hatte die Sonne noch richtig Kraft. Die Chronik des Facebookmessangers hält gnadenlos fest: Es war August. Dann der Vorsatz: Das ist ein zeitloser Beitrag. Der passt immer. Also fraß sich die Zeit in den Entschluss. Und mit der Zeit legen sich Notizen, Aktenberge über diesen Sommertag, an dem ich die Klingel des »Herstellers für hochwertige Holzprodukte« suchte. Nicht ganz leicht. Hinter der Einfahrt der Hausnummer 237 a erstreckt sich ein lang gezogener Parkplatz und verschiedene Gebäude. Offenbar sogar eine Schule. Orangewood ist das Zweitprojekt einer bereits erfolgreichen Produktdesignschmiede. Das wird mir erst im Gespräch mit Magdalena Pajonk und ihrem Partner Jens Bingenheimer klar. Hochwertige Holzprodukte sind nicht auf den ersten Blick die Zieladresse für Kulinarisch38-Berichte. Aber auf den zweiten schon.
Zeitlos und vielgestaltig
Was passiert, wenn Menschen, die sich an die Neugestaltung und Optimierung von Produkten machen, nicht mehr »ausgelastet« fühlen? In diesem Fall jedenfalls entstand eine Idee, Dinge in die Welt zu bringen, die zeitlos sind, wertig und – ganz gegen den Zeittrend – die sogar eine Generation überspringen können. Keine Wegwerfmöbel, sondern Begleiter mit Charakter. Mit Ecken und Kanten. Zeitlos und daher nie modern oder unmodern. Jens Bingenheimer ist eigentlich Tischler, kommt dann zum Produktdesign und findet schließlich vor ein paar Jahren in die alte Faszination des Werkstoffes Holz zurück. Ein Werkstoff, der nachhaltig ist, lebendig und in den man Inspiration eine zeitliche Dauer geben kann. Magdalena Pajonk, die als Produktdesignerin von der Vielgestaltigkeit ihres Berufes lebendig erzählt, merkt man an, dass sie noch unzählige Ideen für dieses kleine Orangewood Projekt hat, das wie die Kür nach der Pflicht wirkt.
Aus alt mach neu
Es entsteht nicht, was Auftraggeber sich vorstellen, sondern was die beiden für richtig und wichtig halten. Und wenn es Aufträge sind, denn Orangewood verwirklicht auch Ideen in Einzelanfertigung, so solche, die die beiden sich zu eigen machen konnten. Identität bedeutet, dass jemand oder etwas eins mit sich ist. Und nach einer Stunde spüre ich, das ist hier der Fall. Wenn einfache Dinge, wie ein Schneidebrett Faszination auslösen, dann steckt hinter den Machern mehr als Marketing und Betriebswirtschaft. Diese Schneidebretter waren das, was mich überhaupt interessierte. Ein Schneidebrett ist ein Schneidebrett, ist ein Schneidebrett. Könnte man meinen. Gut, über das Material kann man sich streiten. Aber sonst? Nicht so bei Orangewood. Da wird aus dem archetypischen Küchenutensil etwas ganz Neues.
Das Schneidbrett bekommt »Beine«
Schneidebretter hier – aus Ahornholz – heißen nicht nur schön, »Liebling« oder »Brotfreund« etwa, sie haben auch »Beine« bekommen. »Einmal sind die Arbeitshöhen oft viel zu niedrig«, erklärt Jens Bingenheimer seine Produktinnovation und zudem seien sie eben zudem noch unpraktisch. Beim »Liebling« kann man deshalb eine Schüssel unter die Schneidunterlage stellen und die gewürfelten oder in Scheiben geschnittenen Kochzutaten direkt in die Schüssel purzeln lassen. Beim »Meisterbrett« ist die Schüssel sogar integriert. Während wir uns mit einem Mineralwasser erfrischen, kann ich exklusiv erfahren, was Produktdesign ist: Längst Bekanntes so anzureichern oder zu verändern, dass etwas ganz Neues daraus wird. Jedes Stück ein kleines Unikat. Sushi wird in Deutschland schon länger hergestellt. Mit den Sushibrettern wird der kulinarische Genuss in der Zubereitung nicht nur funktionaler, sondern erfreut auch ästhetisch das Auge.
Wärme und Geborgenheit
Dazu gibt es im Angebot von Orangewood Holzvasen, Teelichtobjekte oder Kerzenhalter, die für eine Tischkultur wie das letzte Gewürz in einem Menü sind. Holz vermittelt ohnehin Wärme und Geborgenheit. Bei der Auswahl dieser Hölzer und einer reduzierte Form, die den Wert des wunderbaren Werkstoff noch unterstreicht, wird in Struktur und Maserung jedes Stück zum kleinen Unikat. Orangewood sollte man auf dem Radar haben. Jedenfalls wenn man Lebenskultur schätzt. Gut, dass zwischen den Jahren immer etwas Luft ist. Liegengebliebenes kann aufgearbeitet werden. Und diese Empfehlung möchte ich den Kulinarisch38-Nutzern auf keinen Fall vorenthalten.
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