Archäologische Ausgrabungen im Rosenhagen - Weitere Funde


Arbeitsfoto bei der Untersuchung der Profilgräben und des fundreichen Grabenaushubs. Fotos: Thomas Budde
Arbeitsfoto bei der Untersuchung der Profilgräben und des fundreichen Grabenaushubs. Fotos: Thomas Budde

Peine. Im vierten Teil der Reihe "Neue Ergebnisse der Peiner Stadtkernarchäologie" berichtet Thomas Budde erneut über die archäologischen Ausgrabungen im Rosenhagen 18 bis 20. Das teilt der Archäologe in einer Pressemitteilung mit.


von Thomas Budde

Im Mai 2017 wurden die archäologischen Untersuchungen im Hinterhof der Altstadtgrundstücke Rosenhagen 18-20 – ehemals Katzhagen - im Vorfeld der Neubaumaßnahme der Peiner Heimstätte beendet (regionalHeute.de berichtete). Aufgrund einer Bauplanänderung teilte der Bauherr jedoch bald mit, auch im Vorderbereich nach Abriss der drei Fachwerk-Wohnhäuser für die Gründung des Neubaus auf dem moorigen Untergrund Erdreich in bis zu 1,20Meter Tiefe flächig abtragen zu müssen. Für die Untersuchung der insgesamt 14mal 14 Meter großen Fläche blieb nach dem Abriss der Häuser nur ein kleines Zeitfenster von etwa anderthalb Monaten im August bis September – ein zunächst unmöglich erscheinendes Vorhaben.

Dennoch sollte es gelingen, indem zunächst ein Netz von Suchgräben angelegt wurde. Zum Glück erwies sich die Stratigraphie (Schichtung) als relativ einheitlich. Daher musste nicht alles flächig von Hand ausgegraben werden. Es waren auch gezielte Abtragungen mit dem Bagger möglich. Viel Erdreich konnte so von der Baustelle abgefahren und später in Ruhe untersucht werden. Der Bau konnte rechtzeitig beginnen.

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Die Grabungsfläche August 2017 mit den vier zur Klärung angelegten Profilgräben. Foto:



Die Suchschnitte zeigten: In 0,90 bis 1, 20Meter Tiefe, direkt über dem Niedermoor, wurden Kies- und Sandauffüllungen aus der Gründungszeit der Katzhagen-Vorstadt angetroffen, die bis dato durch Funde in das frühe 17. Jahrhundertdatiert war. Darin eingebettet waren Gründungen für die Grundschwellen der ersten Katzhagen-Bebauung. Darüber folgte ein bis zu 40Zentimeter starkes Schichtpaket aus holzkohlehaltigem Erdreich und isolierenden Tonschichten, die ein Hochsickern des Moorwassers verhindern sollten. Zuoberst lagen eine oder mehrere sandige Anfüllungen aus dem 18. Jahrhundert auf, die den abgerissenen Fachwerkhäusern zuzuordnen waren.


Das älteste stammt laut Giebelbalkeninschrift von 1701. Bei den Fundamenten der Erstbebauung handelte sich überraschend nicht wie erwartet um Pfahlgründungen. Stattdessen wurde festgestellt, dass Gruben bis in die Moorerde gegraben und mit hart festgestampftem Kies gefüllt worden waren. In diese wurden Findlinge und Eichenhölzer als Punktfundamente eingebettet, auf denen dann die Grundschwellen der Gebäude aufliegen konnten. Grund für dies erstmals in Peine nachgewiesenen „Kissengründungen“ war vermutlich der zu große Aufwand für Pfahlgründungen auf dem an dieser Stelle über vier Meter tiefen Niedermoor.

<a href= Die Fassaden der drei maroden Fachwerkhäuser Rosenhagen 18 – 20 aus dem 18. Jahrhundert vor dem Abriss. In Giebelbalken die Jahresinschriften 1701 (Nr. 18) und 1750 (Nr. 20). Nr. 19 und 20 sind bereits zum Teil verkleidet und mit Malereien von Ingo Prutz versehen, die das dahinter liegende Fachwerk aber exakt wiedergeben.">
Die Fassaden der drei maroden Fachwerkhäuser Rosenhagen 18 – 20 aus dem 18. Jahrhundert vor dem Abriss. In Giebelbalken die Jahresinschriften 1701 (Nr. 18) und 1750 (Nr. 20). Nr. 19 und 20 sind bereits zum Teil verkleidet und mit Malereien von Ingo Prutz versehen, die das dahinter liegende Fachwerk aber exakt wiedergeben. Foto:



In 0,75 bis 0,90Meter Tiefe, auf Höhe der Gründungsebene der Katzhagenvorstadt, wurde nochmals ein Planum systematisch aufgenommen. Die Grundrisse der Erstbebauung konnten wegen abgetragener Grundschwellen zwar nicht mehr ermittelt werden, doch war erkennbar, dass der Zuschnitt der damaligen Grundstücke nicht dem der letzten Fachwerk-Bebauung entsprach. Mehrere Brände mit anschließendem Wiederaufbau, die die Wiedenrothsche Häuserchronik von 1978 im Stadtarchiv für das 18. Jahrhundert verzeichnet, könnten dafür verantwortlich sein. In die Zeit vor 1700 reichen die Schriftquellen hier nicht zurück.

Erst kürzlich sind die dendrochronologischen Ergebnisse von entnommenen Eichenhölzern der ältesten ergrabenen Fundamente aus dem Labor A. Best, Schifferstadt (Pfalz), eingetroffen. Eine Holzprobe vom ältesten Gebäude auf Grundstück Nr. 18 konnte glatt auf 1600/1601 datiert werden. Hölzer von den Grundstücken 19 und 20 reichen definitiv noch in das ausgehende 16. Jh. zurück. Im Bereich der untersuchten Grundstücke muss die Katzhagenvorstadt somit um 1600 angelegt worden sein. Wieder einmal ist es gelungen, fehlende Schriftzeugnisse zur Peiner Stadtgeschichte durch archäologische Erkenntnisse wettzumachen.

<a href= Der westliche Profilgraben zeigt eine klare Stratigraphie mit zuoberst einer Sandanfüllung (18. Jahrhundert), darunter der Horizont des 17. Jahrhundert mit einer dicken holzkohlehaltigen Erdschicht und hellen isolierenden Tonschichten. Unten die auf dem Moor angefüllte Kiesschicht aus der Gründungszeit um 1600.">
Der westliche Profilgraben zeigt eine klare Stratigraphie mit zuoberst einer Sandanfüllung (18. Jahrhundert), darunter der Horizont des 17. Jahrhundert mit einer dicken holzkohlehaltigen Erdschicht und hellen isolierenden Tonschichten. Unten die auf dem Moor angefüllte Kiesschicht aus der Gründungszeit um 1600. Foto:



Während der Ausgrabungen sowie bei der späteren Untersuchung des ausgelagerten Aushubs, die sind abermals große Mengen an Funden geborgen worden. Der Schwerpunkt liegt diesmal in der Gründungszeit des Katzhagens um 1600 und im 17. Jahrhundert. Nicht zuletzt auch dank des Einsatzes des Lengeders Jens Heuer mit dem Metalldetektor befinden sich darunter auch reichhaltige, zum Teil wertvolle Metallfunde. Im Rahmen des archäologischen Jahresvortrags des Kreisheimatbundes hat der Verfasser diese vorgestellt. Darunter befinden sich Stücke, die eine Verarbeitung von Blei, Zinn und Messing durch ansässige Metallhandwerker belegen. Das Messing wurde von so genannten Gelbgießern hergestellt, die später auch schriftlich im Rosenhagen bezeugt sind.

<a href= Fundament des ersten Gebäudes im Bereich der Haus-Nr. 18 in 1,40Meter Tiefe, bestehend aus Steinblöcken (rechts unten) und teils schon herausgenommenen Eichenhölzern in einer festgestampften Kiesbettung. Das aufgestellte Holz auf dem Steinblock konnte später dendrochronologisch exakt in die Zeit 1600/1601 datiert werden.">
Fundament des ersten Gebäudes im Bereich der Haus-Nr. 18 in 1,40Meter Tiefe, bestehend aus Steinblöcken (rechts unten) und teils schon herausgenommenen Eichenhölzern in einer festgestampften Kiesbettung. Das aufgestellte Holz auf dem Steinblock konnte später dendrochronologisch exakt in die Zeit 1600/1601 datiert werden. Foto:



Neben einigen heimischen Silber- und Kupfermünzen aus dem 17. und 18. Jahrhundert ist als bedeutendster Münzfund ein silberner Real des spanischen Herrscherpaares Isabella von Kastilien und Ferdinand II. von Aragon aus der Zeit zwischen 1497 und 1504 hervorzuheben. Die stark abgegriffene Münze dürfte lange in Umlauf gewesen sein. Es bietet sich eine mögliche Erklärung für den Fundort Katzhagen an, nämlich eine Verbreitung über die seit 1556 bestehende „Spanische Niederlande“. Auf Erschließung von Feuchtgebieten spezialisierte holländische Städtebaumeister und Handwerker waren in der Zeit um 1600 weithin gefragt. So legten sie im späten 16. Jh. das Grachtensystem der Stadt Wolfenbüttel an, von dem heute noch Reste erhalten sind. Die Münze könnte ein Hinweis darauf sein, dass auch die Stadt Peine für die Erschließung der ganz auf Moor erbauten Katzhagenvorstadt im späten 16. Jh. Dienste von Spezialisten aus Holland in Anspruch nahm.

Für die Bereitstellung von Archivalien aus dem Stadtarchiv dankt der Autor dem ehemaligen Stadtarchivar Michael Utecht.

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Auswahl von Zierknöpfen. Foto:


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