Peine. Bei Mobbing – Mut zur Kündigung – dieses Fazit wurde am Ende der Veranstaltung „Mobbing – nicht mit mir?!“ der Arbeitsgruppe „Seelische Gesundheit am Arbeitsplatz“ des Peiner „Bündnis gegen Depression“ am 12. November im KIDZ gezogen. Dies berichtet der Landkreis Peine.
Nach kurzen Spielszenen, die die Gruppe selbst erarbeitet hatte, folgte eine Diskussion der Zuhörerschaft mit den renommierten Experten Dr. Uwe Gerecke (Betriebsarzt enercity Hannover), Axel Reichinger (Gewerkschaftssekretär ver.di), Rechtsanwalt Joachim Meyer aus Peine sowie Nicole Werner Rinke (Mobbing-Beraterin aus Hannover).
„Mobbing als Straftatbestand ist nicht gesetzlich verankert“, so Rechtsanwalt Meyer. Zusätzlich seien die als Mobbing empfundenen Vorfälle oft mangels Zeugen nicht nachweisbar und überdies auch subjektiv empfunden. Trotzdem sei das Phänomen in kleinen wie in großen Betrieben verbreitet. Warte das Mobbing-Opfer zulange damit, sich intern oder extern Hilfe zu holen, komme es zu einer Abwärtsspirale: Der Betroffene werde verunsichert und unweigerlich von Selbstzweifeln geplagt - eine Entwicklung, die gegebenenfalls auch in eine Depression führen könne, waren sich die Fachleute einig.
„Die wichtigste Schaltstelle, um Mobbing in der Belegschaft entschlossen etwas entgegen zu setzen, ist es in der Unternehmensführung ‚Flagge zu zeigen‘, beispielsweise mit einer fairen Unternehmenskultur und Dienstvereinbarungen“, so Dr. Gerecke, Fachmann und Arbeitsmediziner mit dem Schwerpunkt psychische Gesundheit in Unternehmen. Denn: „Mobbing ist oft ein strukturelles Problem, Führungskräfte nehmen ihre Fürsorgepflicht nicht wahr, ignorieren Mobbing beziehungsweise sind laut Studien sogar mit zu 50% selbst daran beteiligt.“
"Personal- und Betriebsräte in der Pflicht"
„Hier sind auch Personal- beziehungsweise Betriebsräte in der Pflicht“, so Mobbing-Beraterin Werner-Rinke und führt weiter aus: „Ein derart konfliktbelastetes Arbeitsumfeld verursacht nicht unerhebliche Kosten für ein Unternehmen, denn oft folgen Langzeit-Krankschreibungen, das Betriebsklima verschlechtert sich und die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden liegt nicht auf der Arbeitsaufgabe.“
Aus dem Publikum wurde darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, unfair behandelten Kolleginnen und Kollegen beizustehen, anstatt durch Wegschauen oder Mitmachen ebenfalls zum Täter zu werden.
Um für die eigene seelische Gesundheit zu sorgen, sei es oft der richtige Schritt, einen Schlussstrich zu ziehen und sich eine Arbeitsstelle zu suchen, auf der man erfüllend arbeiten und seine Fähigkeiten einsetzen könne, anstatt seine Energie damit zu verschwenden, sich gegenüber menschenverachtenden Kollegen oder Vorgesetzten zu wehren. Hierüber waren sich die Fachleute einig. „Dabei ist es wichtig, diese Entscheidung selbst aktiv zu treffen und keinesfalls als ‚Flucht‘ zu begreifen“, so ver.di-Sekretär Reichinger. „Gerechtigkeit sieht anders aus“, kommentierte ein Zuhörer.