Peine. Unter dem Motto „Entwurzelung – Aufbruch – Neubeginn“ habe der dritte gemeinsame Gesprächsabend von Christen und Muslimen gestanden. Mehr als 70 Teilnehmer seien ins Bürger-Jäger-Heim gekommen, um sich die Berichte von Menschen anzuhören, die aus anderen Ländern nach Deutschland gekommen sind. Darüber berichtet der ev.-luth. Kirchenkreis Peine.
„Das wird eine interessante Runde. Das Thema Migration ist immer aktuell und wer könnte besser darüber berichten als Menschen, die es selbst erlebt haben“, begrüßte Adem Tatli vom Takva-Moscheeverein. Dem habe sich Superintendent Dr. Volker Menke angeschlossen, der selbst mehrere Jahre in Ungarn gelebt habe. Moderator Michael Kessler habe dann die Runde mit Ömer Kozu eröffnet, der 1968 als 13-Jähriger aus der Türkei nach Deutschland gekommen sei, hier seinen Schulabschluss und seine Ausbildung gemacht und anschließend 42 Jahre in der "Hütte" gearbeitet habe. „Anfangs war die Sprache ein großes Problem. Ich würde allen raten, möglichst schnell Deutsch zu lernen“, bekräftigte Kozu.
Sprache ist ein großes Thema
Diesem Rat habe sich seine Landsfrau Selma Üstün angeschlossen, die seit 1982 in Deutschland lebe. Die gelernte Krankenschwester habe neben sprachlichen Schwierigkeiten aber auch von Anfeindungen berichtet, weil sie ein Kopftuch trage. „Es gab sogar Patienten, die sich nicht von mir pflegen lassen wollten“, habe sie sich erinnert. Ähnliches habe Elizabeth Bergau berichtet, die 2004 der Liebe wegen aus Ghana nach Deutschland gekommen sei. Ihre Hautfarbe haben Menschen, die sie als Altenpflegerin betreuen sollte, zum Anlass genommen, Pflege durch sie abzulehnen. „Trotzdem fühle ich mich hier sehr wohl. Den Kontakt zu meiner Familie in Ghana halte ich regelmäßig. Wir besuchen das Land ein, zweimal jährlich. Ich vermisse vor allem das warme Wetter, aber auch das Essen und das fröhliche Leben in Accra“, habe sie erklärt.
Hautfarbe und Kopftuch ein Problem?
Erst seit fünf Jahren seien Zara Nasueva und ihre Tochter Farida in Deutschland. Sie stammen aus Dagestan und haben von dort fliehen müssen. Beide arbeiten in Peine in der Altenpflege, obwohl sie in ihrer Heimat Lehrerin und Medizinstudentin gewesen seien. „Die erste Zeit hier war nicht einfach, aber mittlerweile haben wir viel Kontakt, auch durch die Arbeit, besuchen regelmäßig das Inca und lernen weiter Deutsch. Es ist wichtig, die Sprache zu beherrschen“, haben die beiden erklärt.
"Ablehnung habe ich nicht gespürt"
Als Zweijähriger sei Imad Ahmad mit seinen Eltern aus dem Libanon nach Peine gekommen. Er habe keine Erinnerungen mehr an die Flucht vor dem Krieg, aber an seine Kindheit in Liedingen. „Da waren wir damals Exoten. Ablehnung habe ich aber nicht gespürt. Mittlerweile fühle ich mich hier zuhause und bin immer glücklich, wenn ich nach ein paar Tagen woanders wieder das Peiner Ortseingangsschild sehe“, habe sich der Techniker erinnert, der mittlerweile eine Führungsposition bei der Salzgitter AG innehabe.
Migration nach dem Krieg
Als Letzter habe Giselher Stoll von seiner Flucht aus Schlesien nach Flensburg zum Ende des Zweiten Weltkrieges berichtet. Er sei damals erst drei Jahre alt gewesen, habe aber immer noch Bilder von überfüllten Bahnhöfen vor Augen. Sirenengeheul erzeuge heute noch Angst bei ihm. „Nach der Flucht gab es viel Ablehnung. Selbst Verwandte wollten und konnten uns damals nicht helfen. Wir mussten selbst um Lebensmittel betteln. Hunger und Kälte waren stetige Begleiter“, habe er gemeint. Im Anschluss an die Lebensgeschichten habe Tatli noch zum Austausch über das Gehörte bei einem Imbiss eingeladen.
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