Peine. Umfangreiche Ausgrabungen in den Jahren 2008/09 unter der heutigen City-Galerie und 2014 beim Ausbau der Glocken- und Schützenstraße durch den Archäologen Thomas Budde erbrachten bahnbrechende Erkenntnisse über den Peiner Gröpern, das frühere Töpferquartier im Süden der Peiner Altstadt.
Eine gibt Anzeichen für ein exportorientiertes Töpfereizentrum
Neben großen Mengen Keramik fanden sich zahlreiche Ofenreste sowie Gräben, Sickergruben und Brunnen für die Be- und Entwässerung der Ofenstandorte. Erfasst werden konnte ein geschlossener Teil des mittelalterlichen Produktionsgebietes der Töpfereien, der klar den Eindruck eines exportorientierten Töpfereizentrums vermittelt.
Im dunkel gekennzeichneten Bereich machte Archäologe Thomas Budde seine Funde. Foto:
Das gut abgrenzbare Areal reicht in Nord-Südrichtung vom Südende der Straße Am Werderpark, die gesamte Glockenstraße hinauf bis zum Bahnhofsbereich, in Ost-Westrichtung in der Schützenstraße von der Härke-Villa bis zur Kreissparkasse beziehungsweise vom mittleren Bereich der City-Galerie bis nach Osten auf die östlichen Grundstücke der Glockenstraße (beigefügte Karte). Insgesamt ist das Gelände mindestens 110 mal 75 Meter groß gewesen. Hier, im Windschatten der Peiner Altstadt, wurde ausschließlich Keramik in Brennöfen hergestellt, es waren keine Wohnbereiche noch andere Baulichkeiten festzustellen. Am Ende des Mittelalters schließlich war der Boden hier dermaßen mit Holzkohle und Produktionsresten durchsetzt, dass man den Betrieb aufgab und in andere Bereiche der Gröpernvorstadt verlegte. Einzelfunde im gesamten Gröpern belegen dies.
Zehntausende Scherben zeugen von der Vergangenheit
Es sind 2008/09 und 2015 insgesamt zirka 23.000 Scherben und Gefäßfragmente geborgen worden, die ausschließlich als Hinterlassenschaften der Peiner Produktion zu betrachten sind. Als aussortierte Ware wurden die Stücke bewusst zertrümmert, was ihren Wert für die Forschung aber nicht schmälert. Über besondere Erzeugnisse ist bereits berichtet worden, nämlich frühe Steinzeuge aus der Zeit um 1300, frühe bleiglasierte Irdenware sowie gotische reliefverzierte Ofenkachelfragmete aus dem 14. Jahrhundert sowie Dachziegel vom Typ Mönch-Nonne.
Mehr als 20.000 Scherben fand der Archäologe Thomas Budde. Foto:
Insbesondere die wasserdichten, nur unter sehr hohen Brenntemperaturen und mit ganz speziellen Tonsorten herstellbaren Steinzeuge zeigen, dass Peine damals ein Töpfereizentrum von weit überregionalem Rang gewesen sein muss ist. Proben der Steinzeuge und des an vielen Stellen noch nahezu frisch geborgenen Töpfertones werden inzwischen im Rahmen einer Doktorarbeit an den Universitäten von Venedig und Rom in Kooperation mit der TU Bergbauakademie Freiberg untersucht. Vorerst ist zu vermuten, dass dieser besonders geeignete Ton von den kreidezeitlichen Mergelvorkommen zwischen Vöhrum und Schwicheldt stammt.
Die Funde stammen aus der Zeit zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert
Großangelegte, tiefe Grabungen brachten die Funde zutage. Foto:
Aus gutem Grund wurde bisher noch nicht über das eigentliche Hauptprodukt dieser Töpfereien, die spätmittelalterliche „graue Irdenware“ berichtet. Da diese über 90 Prozent der Funde ausmacht, war das Material nämlich zunächst schlichtweg unüberschaubar. Grundsätzlich kam die graue Irdenware vom 13. bis 15. Jahrhundert als Hauptprodukt norddeutscher Töpfereien vor und war danach rückläufig, wobei sie bis weit in das 18. Jahrhundert noch hergestellt wurde. Durch den metallischen, oft durch Anflugglasuren silbrig glänzenden Farbton sollten Metallgefäße imitiert werden. Nach dem Eindruck der Reinigung und Archivierung der Scherben im Fundmagazin kann mittlerweile sicher festgestellt werden, dass die Peiner Funde nach Material und vertretenen Formen von der Zeit um 1300 bis in das 15. Jahrhundert hergestellt worden sei müssen. Damit ist die Bestehenszeit des Töpfereibezirks um die Schützen- und Glockenstraße zugleich geklärt.
Es handelt sich teils um reich verzierte Gefäße
Nachdem mit großen Mühen so viel zusammengetragen worden ist, wäre es nun folgerichtig, aus den Scherben die hergestellten Gefäßformen und deren Mengenanteile zu rekonstruieren. Doch ist dies langwierig und ohne eine entsprechende Förderung nicht möglich. Auf Grundlage einer solchen Arbeit ließe sich beispielsweise auch erforschen, wohin die Peiner Keramik exportiert worden ist. Tendenzen lassen sich aber schon erkennen: Die Peiner Ware ist fast immer sehr hart bis klingend hart gebrannt, exakt gearbeitet mit scharf umrissenen Formen und Details. Es kommen fast alle bekannten Gefäßformen der grauen Irdenware vor. Besonders häufig sind neben den fürs Mittelalter obligatorischen Kugeltöpfen offenbar große Schüsseln, Grapen (Dreibeintöpfe) mit variabel geformten Füßen, als Standbodengefäße Krüge und Kannen mit schmalem Boden, dazu Henkeltöpfe mit Ausgusstülle. Die typisch gotische „Mündelkeramik“, eine reicher geformte und verzierte, besonders in Braunschweig auffallende Spielart der grauen Irdenware, wurde zwar auch in Peine hergestellt, doch ist der Anteil geringer als zunächst vermutet. Als Verzierung kommen ansonsten typische umlaufende Rollstempelmuster und Wellenbänder vor.
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