Peine. Der 25. November ist seit 1991 von den Vereinten Nationen als Internationaler Gedenktag gegen Gewalt gegen Frauen anerkannt. Heute mahnt der Gedenktag alle Formen von Gewalt an, die Frauen und Mädchen angetan werden. Solidarisch mit Frauen der ganzen Welt wird durch unterschiedliche Aktionen dazu aufgefordert, die Augen nicht zu verschließen, sondern sich für die Bekämpfung der Gewalt einzusetzen. Auch das Gleichstellungsreferat im Landkreis Peine will auf dieses Problem aufmerksam machen.
Gewalt gegen Frauen habe viele Gesichter, erklären die Gleistellungsbeauftragten in einer Pressemitteilung. Formen der Gewalt sind: Schläge, Isolierung vom Freundeskreis, Erniedrigung, Bedrohung, Misshandlungen, sexuelle Nötigung, sexueller Übergriff, Nötigung,
Stalking, Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, Mord (Femizid), Zuhälterei und Zwangsprostitution.
Gewalt gegen Frauen sei ein Problem unserer Gesellschaft. Auch wenn die Schuld oft den Opfern zugeschoben wird und sogar die Opfer die Ursache bei sich selber suchen, rechtfertige Kontaktfreude keine Vergewaltigung, ein Minirock keine sexuelle Anzüglichkeit und ein Streit rechtfertige nicht die Schläge ins Gesicht. Nicht nur auf leeren Straßen und verlassenen Bahnhöfen seien Frauen bedroht. Im Gegenteil: In Ehen und Partnerschaften werde besonders häufig und besonders brutal zugeschlagen. Dabei kommt Gewalt auch in den besten Familien vor. "Die Täter sind Männer, denen man so etwas nicht zutrauen würde – der hilfsbereite Nachbar, der charmante Kollege, der sozial engagierte Bekannte. Sie schlagen, stellen bloß und vergewaltigen, weil sie Macht demonstrieren wollen", erklären die Gleichstellungsbeauftragten.
Gleichstellungsbeauftragten im Landkreis Peine. links unten: Gabriele Bodensieck-Janssen, Gleichstellungsbeauftragte Gemeinde Hohenhameln; Silke Tödter, GB Landkreis Peine; Anja Opitz, GB Gemeinde Ilsede; dahinter: Kathrin Drost; GB Gemeinde Vechelde; Sabine Wunderlich ,GB Gemeinde Lengede. Foto: Landkreis Peine, Gleichstellungsreferat
Ein großes Problem
Immer noch sei in Deutschland das Ausmaß der Gewalt an Frauen alarmierend hoch. Erst am gestrigen Dienstag äußerte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser zu der Problematik und stellte aktuelle Zahlen des Bundeskriminalamts vor. Demnach würde fast jeden Tag in Deutschland eine Frau ermordet.
Männergewalt gegen Frauen koste laut Studien 3,8 Milliarden Euro im Jahr. "Da sind zunächst die Kosten für Polizeieinsätze, Gerichtsverfahren, Behandlung in Arztpraxen und Krankenhäusern und natürlich die Frauenhäuser. Und die indirekten Folgekosten wie: Die Arbeitsausfälle der Frauen, die von Männern geschlagen werden, ihre beruflichen Wege, die sie nicht gehen, weil auch ihr Selbstwertgefühl zerstört ist", so die Gleichstellungsbeauftragten.
Und Fakt sei auch, dass zwei Drittel der Frauen selbst nach schwersten Gewalterfahrungen nicht zur Polizei gehen oder andere Hilfeeinrichtungen aufsuchen. Trotzdem sind die Plätze in Frauenhäusern zumeist überbelegt. Es seien nicht so viele Hilfeeinrichtungen vorhanden, wie gebraucht werden.
Ein neues Frauen- und Männerbild
Aber, reicht Opferschutz aus oder muss sich die Einstellung der Gesellschaft zu diesem Tatbestand grundlegend ändern? Es müsse sich definitiv ändern, sagen die Gleichstellungsbeauftragten: "Wir müssen verhindern, dass Gewalt gegen Frauen überhaupt passiert."
Und dazu brauche es veränderte Frauen- und Männerbilder. Die Gleichstellungsbeauftragten erklären:
- Männlichkeit darf nicht bedeuten, Frauen zu besitzen, Frauen abzuwerten, klein zu machen
- Männlichkeit darf nicht bedeuten, Frauen zu benutzen zum Beispiel durch erzwungenen Sex
- Männlichkeit darf nicht bedeuten, Macht und Kontrolle über Frauen auszuüben
- Männlichkeit darf nicht bedeuten, dies alles ungestraft tun zu dürfen
"Wir müssen verstärkt die Prävention in den Blick nehmen und Konzepte in allen Bereichen dazu entwickeln. Wir brauchen starke Jungen und starke Mädchen, die auf Augenhöhe miteinander aufwachsen, keine Jungen und Männer, die sich ein Negativbild von Frauen machen und damit Frauen abwerten, um sich selber stark zu fühlen. Deshalb haben die Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises Peine, und der Gemeinden Ilsede, Vechelde, Lengede und Hohenhameln sich entschieden, im Rahmen des Orange Days 2024 für ein Präventionskonzept an weiterführenden Schulen zu werben."
Programm gegen Grenzverletzungen
Die Stadt München habe mit “War doch nur Spaß“ ein umfassendes Handbuch zum Umgang mit Grenzverletzungen und Alltagsgewalt gegen Mädchen in Schule entwickelt.
Denn alltäglich würden Mädchen und junge Frauen vor, in und nach dem Schulunterricht die Erfahrung machen, dass sie bedrängt, geärgert, verunglimpft, abgewertet, sexuell belästigt werden - nur aufgrund ihres Geschlechts. "Das ist heute Alltag. Unsere gesellschaftlich gelebte geschlechterhierarchische Machtverteilung geht einher mit stereotypen Rollenerwartungen an Mädchen und Jungen. Sie wird gerade durch die von allen beobachteten alltäglichen Gewalterlebnisse der Mädchen in Schule festgeschrieben", so die Gleichstellungsbeauftragten.
Ein faires Miteinander von Mädchen und Jungen, Männer und Frauen könne sich nur entwickeln, wenn Dominanzanforderungen an Jungen abgebaut werden. Eine geschlechtergerechte gleichstellungsorientierte Identitätsentwicklung könnte erheblich zur Entspannung beitragen. Sie sei ein wichtiger Schritt zu neuen gewaltlosen Geschlechterbeziehungen. Das von den Gleichstellungsbeauftragten empfohlene Handbuch soll dies unterstützen. Es richtet sich insbesondere an Lehrer und bietet Unterstützung für schnelles pädagogisches Bearbeiten von Grenzverletzungen und Alltagsgewalt gegen Mädchen sowie für Präventive Arbeit.
"Die Gewalt gegen Mädchen und Frauen muss aufhören!! Deshalb bitten die Gleichstellungsbeauftragten die weiterführenden Schulen dieses Handbuch im Schulalltag zu nutzen, dadurch echte Präventionsarbeit zu leisten und damit Gewalt gegen Frauen verhindern helfen", so heißt es in der Pressemitteilung abschließend.
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