Peine. Minna Fasshauer war die erste Ministerin in Deutschland und wird dafür geehrt. Mit dieser Feststellung beschäftigte sich der Hertha Peters Frauenstammtisch auf der Kooperationsveranstaltung der DGB Frauen Peine und der Gleichstellungsbeauftragten des Landkreis Peine im Konferenzraum des Landkreises.
Nanni Rietz-Heering, ver.di Vorsitzende und Vorsitzende der Gewerkschaftsfrauen stellte die 1. Ministerin in Deutschland kurz mit ihren politischen Erfolgen, die bis in die heutige Zeit wirken, vor: Minna Fasshauer, geborene Nikolai, wurde „Volkskommissarin für Volksbildung in der Braunschweiger Revolutionsregierung von 1918 als der Arbeiter- und Soldatenrat die „Sozialistische Republik Braunschweig“ ausrief. In den 3 Monaten ihrer Amtsgeschäfte als 1. Ministerin in Deutschland, schaffte sie am 21.11.18 die kirchliche Schulaufsicht ab und tritt für die weltliche Einheitsschule ein. Die Religionsmündigkeit setzt sie auf 14 Jahre herab.
„Sie hat wirklich keine Zeit verloren und vor ihrem Rücktritt aus dem Landtag im Februar 1919 politische Fakten geschaffen, die bis heute Gültigkeit haben“ stellt Rietz-Heering etwas stolz fest. Ist Braunschweig doch auf Beantragung der DGB Frauen zum zweiten Mal auf dem Weg als „Frauenort“ Geschichte zu schreiben, denn der Landesfrauenrat Niedersachsen hatte Braunschweig bereits mit dem Frauenort „Ricarda Huch“ geehrt, nun wird zum 10.10. 2018 (der 143. Geburtstag von Minna Fasshauer) der zweite Braunschweiger Frauenort im Gewerkschaftshaus in der Wilhelmstraße 5 eröffnet. Dort steht bereits jetzt eine Büste von ihr im Eingangsbereich und in der 4. Etage ist der zukünftige zweite Braunschweiger „Frauenort“ mit einer Ausstellung über ihr Leben und Wirken im „Minna Fasshauer Zimmer“ gut vorbereitet. Der Arbeitskreis gleichen Namens hat das Wissen zusammengetragen und zusätzlich eine Webseite erstellt, die bereits freigeschaltet wurde. Unter www.minna-fasshauer.de sind die gesammelten Erkenntnisse für die Öffentlichkeit präsentiert, die auch den Landesfrauenrat zu der Entscheidung gebracht haben, dass diese mutige Frau geehrt werden muss. Minna war Dienstmädchen, Waschfrau, Spartakistin, brachte sich selbst das Lesen bei, weil sie bereits mit 12 die Schule verlassen musste um Geld für die Familie zu verdienen. Als Frauenrechtlerin, Friedensaktivistin und Mandatsträgerin wusste sie sehr genau, was es durch eine Revolution zu verändern galt. Und sie packte sofort an, als sich die Gelegenheit bot. Auch ihr haben wir zu verdanken, dass wir Frauen nun seit 100 Jahren wählen dürfen, so Rietz-Heering.
Mehr, als nur Wahlrecht
„Wir wollen mehr, nicht nur das Wahlrecht“ machte Marion Övermöhle- Mühlbach, frisch gewählte Vorsitzende des Landesfrauenrates Niedersachsen in ihrer anschließenden Rede deutlich. „Wir wollen in den Wahllisten von Parteien und Wählervereinigungen ebenso viele Frauen aufgestellt haben, wie Männer – und zwar abwechselnd. Zudem sind Wahlkreise alternierend mit Männern und Frauen zu besetzen, damit künftig beide Geschlechter paritätisch vertreten sind - und eine Quote für aussichtsreiche Wahlkreise soll verhindern, dass Frauen auf aussichtslose Wahlkreise verdrängt werden. Deshalb fordert der Landesfrauenrat zusammen mit den Frauenverbänden und den Gleichstellungsbeauftragten die Landtagsregierung auf, mit einem Parité – Gesetz das Kommunalwahl- und Landtagsgesetz zu Gunsten von Frauen zu ändern. Das geht nur über den Bundesrat, erklärt Overmöhle-Mühlbach den mühseligen Weg bis zur erfolgreichen Änderung. Die niedersächsische Landesregierung wird aufgefordert, das Anliegen ernst zu nehmen und voran zu bringen.
Um die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung auch für den Landkreis Peine aufzuzeigen, brachte Silke Tödter, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreis Peine Zahlen auf den Tisch: Im Kreistag in Peine sitzen seit der Kommunalwahl 2016 nur noch 23% Frauen . In den Gemeinden sähe es nicht sehr viel besser aus: Edemissen sticht dabei mit rund 35% noch am positivsten hervor, gefolgt von Vechelde, (30%), Hohenhameln(20%), Lengede (22%), die Stadt Peine mit schlappen 19% Frauenanteil noch vor Wendeburg (18%), Ilsede sei inzwischen auf ca. 10% abgerutscht. Insgesamt seien es im Landkreis 62 Frauen von 274 KommunalpolitikerInnen. „Wer nach Gründen dafür sucht, findet viele Hinweise auf die geringe Präsenz von Frauen: sie sind weniger in Parteien vertreten als Männer, die formalen Strukturen und männlich geprägte Politik-Kultur schrecken Frauen ab, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf lässt kaum noch Zeit für politische Ämter fasst Tödter zusammen.
Ohne gleichberechtigte Parlamente keine gleichberechtigten Entscheidungen und Gesetze. Daher müsse gelten: Halbe/Halbe – darüber sind sich die Teilnehmerinnen durchaus einig. Die Französinnen haben bereits seit 1990 erfolgreich mit 10 Exministerinnen ein Parité- Gesetz und eine Änderung der Verfassung gefordert. Seit 2001 ist dort nun vorgeschrieben, dass nicht quotierte Listen zurückgewiesen werden. Die Bilanz sei positiv, so Tödter: Heute läge der Frauenanteil dort in fast allen Parlamenten bei fast 45 – bis 48%
Geht doch, meinen die KooperationspartnerInnen, wir dürfen nur nicht locker lassen. Hertha Peters und Minna Fasshauer haben es uns vorgemacht.
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