Peine. In der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Gleichstellung, Arbeit und Soziales des Landkreises stand das neu erlassene Prostitutionsgesetz im Fokus. Konkret ging es darum, wie der Landkreis Peine das Gesetz umsetzen wird und welche zusätzlichen Maßnahmen getroffen werden könnten. Dazu referierte die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Silke Tödter.
Um Frauen und Männer besser vor Menschenhandel und Zwangsprostitution zu schützen und um die Situation der Prostituierten zu verbessern, trat am 1. Juli 2017 das Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz-ProstSchG) in Kraft. Bisher habe es erst elf Anmeldungen nach dem neuen Prostituiertenschutzgesetz gegeben, erläutert Silke Tödter. "Deutschland ist und bleibt ein Freierparadies und gleichzeitig auch das größte Bordell Europas", so Tödter. 80 bis 90 Prozent der Frauen würden ihre Dienste unfreiwillig anbieten, viele von ihnen seien zudem nicht krankenversichert und auch Gewalt sei in ihrem Arbeitsleben allgegenwärtig, führte die Gleichstellungsbeauftragte weiter aus. Doch was kann der Landkreis Peine tun, um den oftmals traumatisierten und stigmatisierten Frauen zu helfen? Das im vergangenen Jahr erlassene Prostitionsgesetz biete zwar gut gemeinte Ansätze, die Umsetzung auf kommunaler Ebene erfordere jedoch erhöhte Anstrengungen von Seiten der Verwaltung, so Tödter.
Enge Zusammenarbeit aller Beteiligten
Sie verweis zum einen auf das sogenannte "Schwedische Modell", welches im Rahmen der Gesetzesreform in Schweden im Bereich der Prostitution erlassen wurde und den Sexkauf kriminalisiert. Das bedeutet, die Kunden werden für den Kauf von Sex bestraft - die Prostituierten bleiben hingegen straffrei. Zwar könne man dies nicht eins zu eins in Deutschland umsetzen, doch zeige das Schwedische Modell auf, dass ein vernetztes Hilfesystem etabliert werden müsste. Dies bedeute eine enge Zusammenarbeit von allen beteiligten kommunalen Entscheidungsträgern wie Polizei, Ordnungsamt, Gesundheitsamt und Verwaltung. Laut Gesetz müssen sich Prostituierte hierzulande lediglich beim Ordnungsamt anmelden und beim Gesundheitsamt zu einer Beratung vorstellig werden. Laut Vorschlag Silke Tödters sei ein System, welches Beratung und Begleitung miteinander verbindet ratsam. Ein solches System werde derzeit von der Stadt Stuttgart erprobt.
Finanzierung über Spendengelder
Dies schließe beispielsweise Sicheres Wohnen ein. Denkbar wäre eine Belegwohnung, finanziert durch den Landkreis. Vorstellbar wäre eine Erweiterung des Frauenhauses, um zumindest einen befristeten sicheren Aufenthalt zu gewährleisten. Auch müssten zwei feste Ansprechpartner etabliert werden, die mit dem Thema vertraut sind und den Frauen in Sachen Arbeitsvermittlung beratend zur Seite stehen könnten. In diesem Rahmen wäre auch eine begleitende Beratung beziehungsweise, wenn nötig, eine Traumatherapie denkbar. Beratungsgespräche zu einem möglichen Ausstieg aus dem vermeintlichen Gewerbe, erwiesen sich laut Tödter in der Vergangenheit als schwierig. Die Zwänge unter denen die Frauen zur Prostitution gezwungen werden seien laut Ausführungen der Gleichstellungsbeauftragten sehr unterschiedlich und reichen von Armut bis zur Sicherung der familiären Existenz.
Als finanziellen Rahmen sei von 400 Euro pro Monat pro Hilfesuchendem auszugehen. Dies könne über Spendengelder finanziert werden. Letztlich sprach sich Tödter auch für die Einrichtung eines runden Tisches aus. Alle anwesenden Vertreter der politischen Parteien begrüßten die Vorschläge. Wie diese nun in Zukunft umgesetzt werden können, soll in den jeweiligen Fraktionen zeitnah besprochen werden.
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