"Phantomdebatte" um Freigabe: Deshalb hat Niedersachsen keine AstraZeneca-Reserve

Während andere Bundesländer einen gewaltigen AstraZeneca-Überschuss verbuchen und auf die Öffnung der Priorisierung pochen, sei es in Niedersachsen gelungen, alle Dosen zu verimpfen. regionalHeute.de hat nachgefragt, wie das möglich war.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: Rudolf Karliczek

Niedersachsen. Für große Fragezeichen sorgte die niedersächsische Gesundheitsministerin Daniela Behrens während der Landespressekonferenz am heutigen Donnerstag mit der Aussage, dass die mögliche Freigabe des Impstoffes Vaxzevria von AstraZeneca für alle Altersgruppen für Niedersachsen eine "Phantomdebatte" sei. Während Bayern und Hessen massenweise AstraZeneca an alle Impfwilligen vergeben, bestünden hier schlicht keine Vorräte. Eine Anfrage beim Landesgesundheitsministerium ergibt: Man hat tatsächlich schlicht alles verimpft. Auch größere Lieferungen des Impfstoffes würden nicht mehr erwartet.


Dr. Gieseking ist Vorsitzender im Hausärzteverband im Landesverband Braunschweig und leitet selbst eine Hausarztpraxis. An Impfwilligen fehle es ihm nicht, selbst wenn es um den viel diskutierten Impfstoff des Herstellers AstraZeneca geht: "In der Prio-Gruppe 2 haben einige gesagt, dass sie AstraZeneca nicht wollen. Ich habe da nicht das Problem zu sagen: Dann stell dich ganz hinten an." Sein Verband unterstütze die Idee von Jens Spahn, die Priorisierung für AstraZeneca komplett aufzuheben und somit für alle Altersgruppen zugänglich zu machen. "In Bayern ist so viel davon übrig, dass eine Kollegin den ersten 'Drive-Impf' auf einem Edeka-Parkplatz eröffnet hat", erzählt Gieseking. Der Forderung nach Freigabe habe der Hausärzteverband gemeinsam mit dem Niedersächsischen Städtetag mit einem Schreiben an Ministerpräsident Stephan Weil am Donnerstagmorgen noch einmal Nachdruck verliehen.

AstraZeneca ist alle


Bei der Landespressekonferenz winkte Gesundheitsministerin Daniela Behrens dann ab - man wolle einer solchen Regelung nicht im Weg stehen, halte es aber in Niedersachsen für eine "Phantomdebatte", da es keine Vorräte an AstraZeneca gebe. Eine Anfrage bei Oliver Grimm, Sprecher des Landesgesundheitsministeriums, bringt Klarheit: "Wir verimpfen halt alles. Alle Bundesländer bekommen anteilig gleich viel. Niedersachsen verimpft jeden Tag 10.000 Dosen von AstraZeneca." Es habe mal eine Zeit lang höhere Bestände gegeben, diese seien aber mit dem "Impfwochenende" abgeschmolzen worden. "Die Debatte ist krude, dass man denkt, das Zeug liegt irgendwo rum. Das Hauptproblem der Impfdebatte ist nicht, dass wir nicht genug Impfwillige haben, sondern dass wir nicht genug Impfstoff haben". Auch die Aussage, dass die Impfzentren nicht unter Volllast liefen, könne Grimm nicht nachvollziehen: "Es kann sein, dass manche Impfzentren theoretisch in der Lage wären ihre Kapazitäten zu erweitern, wenn denn mehr Impfstoffe da wären", setzt der Sprecher an und erklärt: "Es gibt aber mit dem Bund eine Vereinbarung die Impfstofflieferungen 'einzufrieren'. Das Land kriegt seinen Anteil und jeglicher Überschuss geht an die Hausarztpraxen." Das was komme, werde zeitnah und schnell verimpft. "Aufseiten der Impfzentren ist nicht damit zu rechnen, dass sich das massiv steigern lässt. Wir werden über 40.000 Impfungen am Tag in Niedersachsen nicht hinauskommen."

Verzögerungen bei der Öffnung von Prio-Gruppe 3


Grimm halte es im Rückblick für eine sehr kluge Maßnahme, die Prio-Gruppe 3 erst so spät zu öffnen. Auch das sei ein Grund, warum man die AstraZeneca Impfstoffe so schnell "los geworden" sei. So seien beispielsweise am 27. April gezielt Impftermine mit AstraZeneca für alle über 60 freigegeben worden. "Wer sich da angemeldet hatte wusste, woran er ist, dass er nur AstraZeneca bekommt. Das hat zu sehr viel weniger Ausfällen geführt, weil die Leute nicht erst im Impfzentrum erfahren haben, welchen Wirkstoff sie erhalten."


Darüber hinaus würde man insgesamt keine größeren Lieferungen von AstraZeneca mehr erwarten: "In der Kalenderwoche 19 erwarten wir 7.200 Dosen, nächste Woche 38.400 Dosen und die Woche darauf 26.400", liest Grimm vor und erklärt abschließend: "Zum Vergleich: Von Biontech bekommen wir 190.000 Dosen. Der Anteil von AstraZeneca an der Impfkampagne nimmt insgesamt ab."


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