Salzgitter. Die Taubenengel Salzgitter sorgen sich wegen eines Ausbruchs der Paramyxovirose (PMV-Virus) unter den Salzgitteraner Stadttauben. Bereits in Braunschweig hat die Krankheit Ende vergangenen Jahres hunderte Tiere dahingerafft. (regionalHeute.de berichtete) Der hochansteckende Virus greift das Nervensystem der Tiere an. Für den Menschen ist das Virus absolut ungefährlich. Die Taubenengel des Stark für Tiere e.V. haben deshalb eine großangelegte Impfaktion gestartet - doch viele Menschen stehen ihnen feindselig gegenüber.
Laut der Lehrerin Inga Gröschler, die ehrenamtlich für die Taubenengel aktiv ist, sei die Übertragung von Braunschweig nach Salzgitter der wahrscheinlichste Weg für den Ausbruch: "Das geht ganz einfach über kontaminierte Gegenstände", erläutert die Tierfreundin: "Wenn man in Braunschweig unterwegs ist und mit den gleichen Schuhen in die Innenstadt von Salzgitter geht, kann es sein, dass man das Virus an den Schuhen in die Stadt trägt."
Wie man eine Taube fängt
Der Plan sei nun, so viele Tauben wie möglich einzufangen und zu impfen. Alle könne man natürlich nicht schützen. "Wir wollen versuchen noch eine kleine Herdenimmunität hinzubekommen, indem wir möglichst viele Tiere einfangen und Impfen", hierbei strebe man eine Zahl von etwa 50 Tieren an. Hierfür hat der Verein eine Sondergenehmigung des Ordnungsamtes - die Tierschützer locken mit einer kleinen Menge Futter umliegende Tauben an. Sind diese nah genug und beschäftigt, könne man die Vögel entweder direkt mit der Hand greifen oder mit einem Kescher einfangen. Anschließend geht es in kleinen Transportboxen zu Dr. Eva Siffrin-Kokert, der Tierärztin des Vereins in Bruchmachtersen. Diese führt dann eine Impfung durch - die Kosten dafür trägt der Verein.
Der Kescher ist eine mindestens ebenso effektive Methode zum Taubenfang wie der Handgriff. Foto: Rudolf Karliczek
Massive Feindseligkeiten gegen die Tierschützer
Immer wieder sehen sich die Taubenengel Anfeindungen und Beschimpfungen ausgesetzt. Gröschler erinnert sich: "Die Tiere werden vor unseren Auen absichtlich von erwachsenen Menschen getreten."
"Wir werden massiv beschimpft. 'Wir sollen die Drecksviecher doch verrecken lassen', heißt es dann."
Sie erkläre den Aggressoren dann immer, dass der Tierschutz nur helfen und unnötiges Tierleid vermeiden wolle. Denn Tiere leiden auch und haben Schmerzen. "Aber leider hört die Tierliebe bei den Stadttauben auf", resümiert Gröschler und schildert einen weiteren Fall. Ein Mann bedrohte die Taubenengel so massiv, dass sie die Polizei hinzuziehen mussten. Die Person floh, noch bevor die Beamten eintrafen und wurde dann von diesen sofort gesucht, jedoch ohne Erfolg.
Ein menschengemachtes Problem
Gröschler kann die Feindseligkeiten nicht nachvollziehen. "Das Problem haben wir Menschen geschaffen", setzt sie an. Bei den Stadttauben handele es sich vorwiegend um ehemalige Haustauben. "Damals im Krieg waren sie ein guter Fleisch- und Eierlieferant. Natürlich wurden die Schläge auch bombardiert und somit sind viele Tauben freigekommen. Dann haben die sich in unseren Innenstädten angesiedelt, weil sie von der Felsentaube abstammen." Die Tiere suchten sich felsenähnliche Gebilde, die Häuserschluchten der Menschen mit ihrem reichen Futterangebot stellen einen idealen Lebensraum dar. "Und da kommen natürlich jedes Jahr noch Brieftauben und Hochzeitstauben dazu, die sich verirrt haben", fügt Gröschler hinzu.
Bei der Tierärztin werden die gesunden Tauben gegen das Virus geimpft. Bei Zuchttauben oder anderem Geflügel wie Hühnern ist eine Impfung gegen PMV Pflicht. Foto: Rudolf Karliczek
Die Tauben einfach ihrem Schicksal zu überlassen, sei laut Tierärztin Dr. Siffrin-Kokert keine Option. Die Tauben brüten, wann immer sie können - auch kranke Tiere erzeugen somit Nachwuchs: "Das ist einfach großes Tierleid."
Ein Taubenzuhause zur Populationskontrolle
Aus Sicht der Taubenengel seien zentrale Taubenschläge die beste Lösung für eine unkontrolliert wachsende Taubenpopulation. In über 60 Städten habe sich das Konzept bereits gewährt - Auch Braunschweig gehört inzwischen zu den Städten, die das Konzept angehen. In einem Taubenschlag werden die Tiere zentral versorgt. Zur Brutzeit könne man die Eier austauschen, sodass sich die Anzahl der Tauben nach und nach immer weiter reduziert. Gröschler argumentiert: "Das ist die einzig richtige tierschutzgerechte und erfolgreiche Lösung, die man haben kann, die man den Tieren anbieten kann und dafür kämpfen wir."
Bis zu zwei Tonnen Taubenkot würden könnten jedes Jahr wegfallen. Die Effekte würden sich schnell einstellen - laut Tierärztin Dr. Siffrin Kokert werden Tauben in Gefangenschaft zwar durchaus bis zu 15 Jahre alt. Stadttauben werden jedoch - wenn überhaupt - nur ein Jahr alt. "Haben aber in dieser Zeit drei bis viermal gebrütet", gibt die Ärztin zu bedenken.
Die Taubenengel haben bereits einige Befürworter im Rat, wie sie durchscheinen lassen. Das Thema solle so bald wie möglich wieder auf der Tagesordnung stehen. "Wir sind natürlich nicht müßig das permanent anzusprechen und auch die Geschäfte in der Stadt sind natürlich daran interessiert, damit die Tiere aus der Innenstadt rauskommen", erklärt Inga Gröschler abschließend.
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