Salzgitter. In unregelmäßigen Abständen veröffentlicht die Stadt Salzgitter Berichte der Ortsheimatpfleger. Darin sollen die Stadtteile vorgestellt werden. Weiterhin wird dadurch auf die besondere Arbeit der Stadtexperten aufmerksam gemacht. regionalHeute.de stellt diese in einer Serie vor. Heute geht es weiter mit Horst Plümer für Engerode.
Salzgitter-Engerode
Die älteste Kirche in der jungen Stadt (von Horst Plümer)
"Im kleinsten Stadtteil der Ortschaft West steht mit der Marienkirche die älteste noch erhaltene Kirche der Stadt Salzgitter. Im Jahr 1236 baute Thietmar von Oddingerodhe im Bereich seines Wohnhauses eine Kapelle, die er der Mutter Jesu, Maria, weihte. Darüber hinaus kleidete er seine beiden Töchter sowie die zwei Töchter seines Schwagers in kirchliche Gewänder und gründete ein Kloster, das aber nur kurze Zeit Bestand hatte und nach Wülfinghausen verlegt wurde. Die Kapelle jedoch blieb erhalten und stand wohl in hohem Ansehen, wie verschiedene Schenkungen zeigen. Die Stiftung eines Marienbildes, für dessen Verehrung ein besonderer Ablass beigelegt war, zog Pilgerscharen an, die den Reichtum der kleinen Kirche mehrten.
Dadurch wurden Begehrlichkeiten geweckt. 1441 wird ein Bernhard von Bortfeld Vorsteher der Kirche in Engerode und bemächtigt sich 1476 des gesamten Besitzes von Kirche und Pfarre. Er machte daraus ein Rittergut, das über die untere Gerichtsbarkeit verfügte. Rund um das Gut lagen die einzelnen Brinksitzerhöfe, 1767 waren es insgesamt zehn. Deren Besitzer hatten als eigenes Land kaum mehr als einen Garten. Sie waren verpflichtet, für den Gutsbesitzer bis zu 2,5 Tage pro Woche zu arbeiten. Als der Graf von Stolberg 1841 in finanzielle Schwierigkeiten geriet, kaufte die Gemeinde die Ländereien des Gutes und verteilte sie auf die Brinksitzer. Dadurch zog im Dorf ein bescheidener Wohlstand ein, weil viele Einwohner des Ortes Arbeit in der Landwirtschaft fanden. Das Gutshaus gelangte in Privatbesitz. Es existiert noch heute und liegt der Kirche genau gegenüber. Der Rückgang der Landwirtschaft in Engerode begann in den Dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit dem Aufbau des Hüttenwerks, der viel Land benötigte.
Engerode zählt 240 Einwohner
Die Folge war, dass Landwirte umgesiedelt wurden. Diese Maßnahme betraf auch Engeröder Bauern. Heute spielt die Landwirtschaft im Dorf keine Rolle mehr. Die ehemaligen Brinksitzerhöfe sind inzwischen Wohngebäude, teils liebevoll restauriert oder wegen Baufälligkeit abgerissen. Die Ackerflächen sind an noch wirtschaftende Landwirte in Calbecht und Gebhardshagen verpachtet. Engerode ist mit etwa 240 Einwohnern beinahe der kleinste der 31 Stadtteile Salzgitters. Heindls Gaststätte, einst der Treffpunkt der Dorfbewohner, wurde schon vor Jahren aufgegeben und zum Mietshaus umgebaut. Auch die dort untergebrachte Poststelle gehört der Vergangenheit an. Ein Lebensmittelgeschäft ist im Ort nicht mehr vorhanden. Die seit 140 Jahren bestehende Freiwillige Feuerwehr, die Kirchengemeinde St. Marien sowie der 2007 gegründete Dorfgemeinschaftsverein sind die tragenden Institutionen im Ort. Sie organisieren Veranstaltungen und leisten den hier lebenden Menschen erforderlichenfalls Hilfe. So ist Engerode trotz einiger Misslichkeiten ein liebenswerter Ort, in dem die Einwohner sich wohlfühlen und gerne leben.
mehr News aus Salzgitter