Salzgitter. Auch die Politik schaltet sich nun in den Trinkwasser-Störfall ein. Nach Anfrage der Ratsfraktion Die Linke antwortet die WEVG nun auf einen Fragenkatalog, der besonders die Verantwortlichkeiten klären soll.
Zu den Störungen bei der Trinkwasserversorgung durch die WEVG für fünf Ortschaften in Salzgitter erstellte die Ratsfraktion Die Linke am 10. Januar einen Fragenkatalog. Dieser wurde von der Verwaltungnach Rücksprache mit der WEVG Salzgitter GmbH & Co. KG (kurz: WEVG) wie folgt beantwortet (ungekürzt und unkommentiert):
1. Wann wurde eine Grenzwertüberschreitung durch coliforme Keime im Trinkwasser für fünf Ortsteile erstmals festgestellt?
Das Ergebnis vom 02.12.2016 der Routinebeprobung der neuen Transportleitung (DN 355) von der Friedrich-Ebert-Straße / Mahner Berg bis zum Knotenpunkt Groß Mahner zeigte eine erhöhte Anzahl coliformer Keime. Das Ergebnis der Kontrollprobe vom 03.12.2016 bestätigte eine meldepflichtige erhöhte Anzahl coliformer Keime. Das Gesundheitsamt der Stadt Salzgitter war ordnungsgemäß unterrichtet. Taggleich erfolgte die erste Sitzung des Lagestabes.
2. Wurden alle Einwohner der Stadtteile Groß Mahner, Ohlendorf, Beinum, Flachstöckheim und Lobmachtersen bereits am 3.12.2016 per Handzettel über die Abkochempfehlung für das Trinkwasser durch die WEVG informiert?
Ja. Die Verteilung der Handzettel in den betroffenen Stadtteilen erfolgte wegen der notwenigen und vor allem kurzfristigen Information derjenigen Einwohner/innen durch Unterstützung der freiwilligen Feuerwehren.
Am 12.01.2017 und 17.01.2017 erfolgte die Verteilung der Handzettel durch die Mitarbeiter der WEVG.
3. Wie viele Haushalte und Einwohner versorgt die WEVG in den fünf betroffenen Ortschaften und wie oft wurden diese in den letzten Wochen per Handzettel über den aktuellen Sachstand der Trinkwasserqualität informiert?
Die WEVG hat nach eigenen Angaben 1.233 Zähler in den betroffenen Stadtteilen in Betrieb. Laut Stadt Salzgitter, Referat für Wirtschafts-, Verbands- und Europaangelegenheiten, Statistik, sind (Stand November 2016) für den Stadtteil SZ-Beinum 501, SZ-Flachstöckheim 1004, SZ-Groß Mahner 527, SZ-Lobmachtersen 870 und SZ-Ohlendorf 512 Personen registriert.
Die Einwohner/innen von Groß Mahner, Beinum, Flachstöckheim und Ohlendorf wurden in den letzten Wochen mit 6 Handzetteln über den jeweils aktuellen Sachstand informiert und die die Einwohner/innen von Lobmachtersen mit 5 Handzetteln.
4. Aus welchen Institutionen und Personen setzt sich der Lagestab von WEVG und Gesundheitsamt zusammen und warum erfolgte erst am 6.1.2017 ein Hinweis des Gesundheitsamtes der Stadt zu zugelassenen Laboren des Nds. Sozialministeriums?
Der Lagestab setzt sich grundsätzlich zusammen aus:
WEVG
Wassertechnologisches Institut GmbH (WTI)
Gesundheitsamt der Stadt Salzgitter
In den Lagebesprechungen ab 05.12.2016 waren zusätzlich die Berufsfeuerwehr Salzgitter
sowie das Referat für Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Salzgitter beteiligt
Bei Bedarf werden zusätzliche Teilnehmer/-innen berufen.
Im Lagestab am 06.01.2017 wurde die Information bekannt, dass in den sozialen Medien sowie Printmedien intensive Werbung für private Trinkwasserproben gemacht wird. Um unnötige Geldausgaben der Bevölkerung für nicht anerkannte Methoden zu vermeiden, haben WEVG und Gesundheitsamt gemeinsam diesen Hinweis veröffentlicht.
5. Wie hoch war die Belastung durch coliforme Keime zu Beginn der Grenzwertüberschreitung am 3. Dezember 2016?
Die Trinkwasserverordnung sieht für coliforme Keime einen Grenzwert von Null vor. Die Konzentration für coliforme Keime lag darüber, insofern ist die Anzahl der Keime nicht relevant.
Die Ergebnisse der Proben vom 02.12.2016, die uns am 03.12.2016 vorlagen, zeigten coliforme Keime >201 MPN/100 ml. Entscheidend ist, dass durch alle Maßnahmen, die die WEVG in Übereinstimmung mit dem Gesundheitsamt der Stadt Salzgitter empfohlen oder durchgeführt hat (Abkochempfehlung, Spülmaßnahmen und Erhöhung der Probenahmestellen), für die betroffenen Kunden der WEVG zu keiner Zeit eine Gefährdung der Gesundheit durch die Wasserqualität bestanden hat.
6. An wie viel Stellen des Leitungsnetzes wurden die Proben entnommen?
Von ursprünglich 5 Stellen werden Probeentnahmen seit dem 06.01.2017 an 14 Stellen vorgenommen.
7. Welches Leitungsstück ist am 12.12.16 außer Betrieb genommen worden und wo liegen die Entlüftungsschächte der Transportleitung, die als Ursache der Verunreinigung vermutet werden?
Der Leitungsabschnitt zwischen der Druckerhöhungsanlage Friedrich-Ebert-Straße/Mahner Berg bis zu der Übergabestation Groß Mahner wurde außer Betrieb genommen. Die beiden defekten Be- und Entlüftungsschächte liegen ebenfalls in diesem Abschnitt.
8. In welcher Länge wurden die Hauptleitungen des Trinkwassernetzes und die Leitungen der Verteilnetze gespült und welche technischen Probleme erforderten einen Wechsel der Dosieranlagen zur Schutz-Chlorung?
Die Spülungen wurden im gesamten betroffenen Transport- und Verteilnetz durchgeführt. Das entspricht einer Gesamtlänge von ungefähr 40 Kilometern. Bei den täglichen Kontrollen der Dosieranlagen wurde festgestellt, dass die Zugabe von Chlordioxid nicht konstant, das heißt zeitweise zu niedrig war. Die WEVG hat deshalb die Anlagen sofort ausgetauscht.
9. Wie und wann werden betroffene Einwohner für die entstandenen Zusatzkosten entschädigt?
Die WEVG hat erstmals am 07.12.2016 öffentlich bekannt gegeben, dass die Einwohner/-innen der betroffenen Stadtteile für die in den vergangenen Wochen entstandenen Einschränkungen im Alltag entschädigt werden.
Da zunächst die Behebung des Störfalls Priorität hat, wird die WEVG unmittelbar nach Behebung der Störung Ihren Kunden/-innen direkt schriftlich mitteilen, wie eine finanzielle Entschädigung erfolgen wird.
10. Ist der Schaden durch den Leitungsbau einer neuen Trinkwasserleitung oder/und durch neue Entlüftungsschächte entstanden und wird von der WEVG Schadensersatz gegenüber bauausführenden Firmen geprüft?
Die Schadenersatzfrage wird nach Abschluss des Störfalls geklärt.
11. Warum wird nach mehr als einem Monat für die betroffenen Einwohner immer noch kein sauberes Trinkwasser bereitgestellt?“
Die Abkochempfehlung für Groß Mahner wurde am 12.01.2017 aufgehoben.
Die Abkochempfehlung für Beinum, Flachstöckheim, Lobmachtersen und Ohlendorf wurde am 17.01.2017 aufgehoben.
Seit 17.01.2017 ist die Trinkwasserqualität gemäß Trinkwasserverordnung in allen genannten Stadtteilen wieder hergestellt.
Die Einwohner und Einwohnerinnen in den jeweiligen Stadtteilen wurden nach Aufhebung der Abkochempfehlung umgehend per Handzettel informiert.
Aufgrund der Leitungslänge (ca. 40 Kilometer) und der Leitungsbeschaffenheit (keine glatten Oberflächen) dauerte es, bis alle Keime eliminiert werden konnten.
Zitat Prof. Dr. Norbert Dichtl, TU Braunschweig, im Interview bei NDR Hallo Niedersachsen: „Nischen und Biofilme in den Verteilnetzen anstelle glatte Oberflächen“.
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