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Schlechter als das DFB-Team ist nur die Stimmung

von Nick Wenkel


Ich habe mit meinem ganz persönlichen Orakel das Spiel gegen die Schweden getippt. Foto/Video: Archiv/Nick Wenkel | Foto: Max Förster

Vier Jahre lang hab ich mich auf diesen Moment gefreut: Die WM-Eröffnung am vergangenen Donnerstag. Ein furioser Auftakt von Gastgeber Russland, ein Fußball-Drama zwischen Spanien und Portugal, ein Herzblut-Auftritt von Peru. Vielversprechender hätte die Weltmeisterschaft nicht starten können. Doch dann platzte die Bombe: Deutschland verliert 0:1 gegen Mexiko. Und auf einmal sah ich sie wieder vor mir: 82 Millionen Menschen mit schwarzen Haaren und schwäbischem Dialekt.


Dank des Erdo-Gates, der Neuer-Verletzung und der Sicherheitsfrage in Russland bekam ich schon vor dem Spiel zwischen Iran und Marokko Probleme mit der Sehkraft. Eine Weltmeisterschaft hat doch so viele knackige und skurrile Themen, als immer wieder die gleichen drei Aspekte in der Journalismus-Mikrowelle aufzuwärmen.Getoppt wird die Berichterstattung nur von den herrlichen WM-Orakeln. Jedes Turnier wieder überraschend, wie genau die Tierchen die Ergebnisse tippen können. Ein Bär, der nach gerade mal fünf Seitenhieben mit dem Stock, auf den Sieg der Russen gegen Ägypten tippt - einfach verblüffend!

Wann fliegen wir endlich raus?


Und oben drauf noch die Frage aller Fragen: Wie schlecht ist unsere Nationalmannschaft wirklich? Alle zwei Jahre werden die fußballerischen Fähigkeiten von Menschen hinterfragt, die in ihrem Leben noch nie auf einem Fußballplatz standen. Da fragt man sich: Warum tun sich die Nationalspieler ein solches Turnier an? Denn auch die Spieler kriegen die Skepsis des Landes natürlich mit. Deutsche, die erst „sollte die Mannschaft ins Achtelfinale weiterkommen“ die Fahnen an die Autos hängen (wie es mir selbst zugetragen wurde), tragen nicht gerade zur Euphorie bei. Ein Problem, das wir hier schon immer hatten. Da half auch die grandiose WM im eigenen Land und der Pokalgewinn 2014 nur zweitweise.

Nervös oder einfach schlecht?


Wie dem auch sei, ich wusste: Spätestens zum Abpfiff der Partie gegen Mexiko werden die Skeptiker verstummt sein. Naja, mit dem „Wissen“ ist es halt so eine Sache. Mexiko versetzt ganz Fußballdeutschland in einen Schock. Einige hätten nie damit gerechnet, dass so etwas möglich ist, andere fühlten sich auf einmal überraschend bestätigt. Selten habe ich einen trostloseren Auftritt einer deutschen Nationalmannschaft gesehen, wie am vergangenen Sonntag. Offensiv gelang nichts, die Defensive war überhaupt nicht da. Und dann noch das: Mesut Özil verlief sich offensichtlich in den Katakomben des Stadions und fand den Weg auf den Platz nicht. Deutschland also in Unterzahl. Kein Wunder also, dass das 1:0 der Mexikaner schnell fiel. Für mich wirkte es so, dass die Mannschaft einfach völlig nervös war, eingeschüchtert von den miesen Schlagzeilen vor dem WM-Start. Vielleicht dadurch auch generell einfach nicht so motiviert, wie in den Jahren zuvor.

Wir packen das!


Nicht nur nach Niederlagen, sondern generell vor einem großen Turnier bekommen viele deutsche Fußball-Fans schwarze Haare und einen schwäbischen Akzent. Jeder weiß es besser, niemand hat Einfluss. Denn wenn sich eins gezeigt hat: Der Bundestrainer gibt einen feuchten Jogi auf die Meinungen aller Experten. Seit 2006 ist Joachim Löw nun schon Trainer, den Deutschen sollte es doch mittlerweile eigentlich klar sein. Mein Wunsch: Hört doch einfach auf, euch selbst schlecht Laune zu machen und genießt das Turnier. Anstatt sich falsche Hoffnungen mit Artikeln wie „So muss Löw jetzt aufstellen“ zu machen, wie kürzlich bei der BILD zu lesen, unterstützt die Mannschaft, wie es für euch möglich ist. Und zwar nicht mit Aufstellungsvorschlägen, sondern mit Bildern und Videos, auf denen wir Flagge zeigen! Viel zu selten erlebe ich in diesem Jahr die Begeisterung für unsere Nationalmannschaft, die sie sich in den letzten Jahren verdient hat. Das merken sicherlich auch die Spieler, trotz der 3.000 Kilometer Entfernung. Ich bin weiterhin überzeugt, wir packen das schon!

Mein Tipp für das kommende Spiel gegen Schweden (nach Rücksprache mit meiner Flasche Wasser):
Ein knappes 4:0 für Deutschland.


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