Region. Immer mehr Menschen setzen sich zurzeit an die heimische Nähmaschine und schneidern unermüdlich Stoffmasken, um dem Engpass medizinischer Schutzausrüstung zumindest Behelfsmäßig entgegenzuwirken. Wie eine Anwaltskanzlei aus München nun warnt, sei beim Vertrieb der selbstgefertigten Masken Vorsicht geboten - Werden diese mit einer Bezeichnung in Umlauf gebracht, die Medizinprodukten vorbehalten sind, drohen Abmahnungen.
Die Debatte, ob Gesichtsmasken vor einer Infektion (des Gegenübers) mit dem Coronavirus Schutz bieten können, ist derzeit wieder in vollem Gange. Auch renommierte Experten wie der Charité-Virologe Christian Drosten vertreten inzwischen die Auffassung, dass das Tragen von Mundschutzmasken zumindest das Gegenüber vor einer Tröpfcheninfektion schützt. Immer mehr Firmen oder Einzelpersonen - insbesondere die, welche selbst von einer Schließung ihres Betriebs betroffen sind - nähen daher zurzeit Stoffmasken und bringen diese in Umlauf. Doch auch in Zeiten der Krise gelten für den Vertrieb derartiger Produkte rechtliche Beschränkungen. Aufgrund der fehlenden Prüfung und Kennzeichnung dieser Behelfsprodukte muss beim Vertrieb dieser Masken eine Verwechslung mit Medizinprodukten oder "Persönlicher Schutzausrüstung" ausgeschlossen sein, erläutert die IT-Recht Kanzlei in München.
Vorab betont die Kanzlei, dass sie die Arbeit der Näherinnen und Näher ausdrücklich befürworte. Mit der Einordnung wolle man keinesfalls Verunsicherung schüren, sondern vielmehr mögliche rechtliche Probleme und adäquate Lösungsmöglichkeiten für diese aufzeigen.
Demnach seien Mund- und Atemschutzmasken als Medizinprodukte der Klasse I einzustufen und bewegen sich somit im Anwendungsbereich des Medizinproduktegesetzes. Medizinische Mundschutze seien generell dazu bestimmt, die Übertragung von Krankheitserregern auf andere zu verhindern. Hinzu kommen solche Masken, die vor Partikeln und Gasen schützen sollen, wie sie zum Beispiel von Malern und Lackierern eingesetzt werden. Diese fallen in den Bereich der "Persönlichen Schutzausrüstung" (PSA).
Werde ein selbstgenähter Mundschutz nun mit Begrifflichkeiten beworben, die eine Schutzwirkung suggerieren, werde sie damit zu einem Medizinprodukt im Rechtssinne, obwohl die dafür nötigen umfangreichen Testungen und Kennzeichnungen fehlen. Somit liege eine Medizin-rechtliche Irreführung vor, wenn durch die Bezeichnung ein Schutz vor Infektionen impliziert wird, die nicht nachgewiesen ist.
Vorsicht mit dem Begriff "Schutz"
Explizit werden von der Kanzlei dabei Begriffe wie "Mundschutz", "Mundschutzmaske" und "Atemschutzmaske" als kritisch benannt, hierdurch könne das Täuschungsverbot des MPG zum Tragen kommen. Schlimmer sei es nur, wenn zusätzlich auch noch ein Zusammenhang mit einer genauen Krankheit hergestellt wird, vor denen die selbstgenähten Masken schützen sollen, wie zu Beispiel "COVID-19" oder "Corona". Auch das Wort "Übertragungsschutz" erfülle Merkmale, die zu einer Einstufung als Täuschung qualifizieren können. Entscheidend sei, dass direkt oder indirekt ein "Schutz" angedeutet werde, der nach Gesetzeslage so nicht nachgewiesen ist. Die Kanzlei schlussfolgert:
"Diese Begriffe implizieren eine infektionsschützende Funktion und sind zertifizierten Medizinprodukten vorbehalten. Das Anbieten von selbsthergestellten Masken mit entsprechenden Bezeichnungen ist daher medizinproduktrechtlich verboten."
Was ist erlaubt?
Ergänzende Erklärungen dazu, dass das angebotene Produkt kein Medizinprodukt im Sinne des MPG ist, seien nicht ausreichend. Vielmehr müsse bei der Produktbezeichnung selbst darauf geachtet werden, dass keine Zusammenhänge mit der Verwendung als Infektionsschutz impliziert seien. Um kein Risiko einzugehen, empfiehlt die Kanzlei folgende Bezeichnungen:
• „Mundbedeckung“
• „Mund- und Nasen-Maske“ oder
• "Behelfsmaske'
• Auch "Behelfsmundschutz" käme in Frage, da der Zusatz "Behelf" die implizierte Eignung relativiere.
Das alles falle natürlich weg, wenn die Masken nur an Freunde oder Familie abgegeben werden. Weiterhin unproblematisch sei, wenn offizielle Stellen, wie beispielsweise Krankenhäuser und Arztpraxen selbst um die Bereitstellung selbstgefertigter Masken privater Näherinnen und Näher bitten. Die Kanzlei schlussfolgert: "Das Problem im Grenzbereich zum Medizinprodukt ergibt sich nur dort, wo gegenüber Dritten eine Produktwidmung vorgenommen wird und wo Abnehmer durch eine Produktbezeichnung potenziell in die Irre geführt werden könnten. Letzteres ist regelmäßig nur beim offiziellen Anbieten der Selfmade-Masken der Fall."
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