Königslutter. Beim Thema sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche und der Diakonie muss nach Auffassung von Detlev Zander die Aufarbeitung von Fällen weiter vorangetrieben werden. Nur so würden die Hintergründe des Problems ausreichend deutlich, sagte der Sprecher der Betroffenenvertretung im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt in der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) am heutigen Donnerstag vor der braunschweigischen Landessynode in Königslutter. Darüber berichtet die Ev.-luth.Landeskirche in einer Pressemitteilung.
Außerdem mahnte er: „Das Thema geht alle an, auch wenn es nervt.“ Gleichzeitig würdigte Zander Fortschritte der Kirche im Umgang mit den Betroffenen. Sie hätten mittlerweile ein Recht auf Anhörung und Begleitung im Rahmen von Anerkennungsverfahren und würden besser gehört. Die Betroffenenbeteiligung in der Kirche bezeichnete er als „einzigartig“. Auch wenn es noch keine allgemein gültigen Anerkennungsrichtlinien gebe, sei das Anliegen auf einem guten Weg. Er sei zuversichtlich, dass ein Stellungnahmeverfahren dazu in den Gliedkirchen der EKD bald zu einem positiven Ergebnis führe.
Betroffene nicht weiter vertrösten
Auch die stellvertretende Vorsitzende der niedersächsischen Anerkennungskommsion, Rechtsanwältin Sybille Mattfeld-Kloth (Helmstedt), forderte vor der Synode eine EKD-weite Vereinheitlichung der Anerkennungsleistungen. Betroffene dürften nicht weiter vertröstet werden mit Blick auf höhere Leistungen. Es müsse der Eindruck vermieden werden, dass die Kirche warte, bis Anspruchsberechtigte verstorben sind. Der Höchstbetrag in Niedersachsen belaufe sich derzeit auf 50.000 Euro.
Landesbischof Dr. Christoph Meyns betonte, die Kirche müsse Verantwortung übernehmen, um Betroffenen ausreichend gerecht zu werden. Dazu gehöre auch, die strukturellen und theologischen Faktoren sexualisierter Gewalt in Kirche und Diakonie zu identifizieren. Er rief erneut Betroffene auf, sich bei den zuständigen Stellen zu melden, um das Dunkelfeld aufzuhellen. Die Beschäftigung mit dem Thema sei kein Sprint, sondern ein Marathon. Es werde Kirche und Diakonie auf Dauer beschäftigen.
Zahlreiche Schulungen durchgeführt
Diakon Gottfried Labuhn (Wolfenbüttel) berichtete, die Fachstelle Prävention, Intervention und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Landeskirche Braunschweig habe mittlerweile zahlreiche Schulungen mit Hunderten von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern durchgeführt. Die Schulungen seien verpflichtend und würden konsequent fortgesetzt. Außerdem beginne in Kürze die Erstellung von Schutzkonzepten. Darüber hinaus begleite die Fachstelle betroffene Personen und koordiniere Aufarbeitungsprozesse.
In einem Beschluss bekannte sich die Landessynode zur Verantwortung der Kirche für einen angemessenen Umgang mit aktuellen und vergangenen Fällen sexualisierter Gewalt. Sie bat die Kirchenregierung und das Landeskirchenamt, aus der ForuM-Studie die notwendigen theologischen und organisatorischen Konsequenzen zu ziehen. Die Theologische Kammer soll eine Stellungnahme zu den spirituellen und theologischen Faktoren sexualisierter Gewalt erarbeiten. Außerdem forderte die Synode die notwendigen Ressourcen für Prävention, Anerkennung und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt auf dem Gebiet der Landeskirche.
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