So half die Katholische Kirche geflüchteten Missbrauchs-Tätern

In einer aktuellen Untersuchung wird auch der Fall eines Priesters aus der Region thematisiert, der sich nach Südamerika abgesetzt hatte und dort weiter tätig sein durfte.

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Symbolbild | Foto: pixabay

Hildesheim. Die Deutsche Bischofskonferenz hat am heutigen Montag die Ergebnisse einer unabhängigen Untersuchung veröffentlicht, die sich mit einem Teilbereich des sexuellen Missbrauchs in der Katholischen Kirche beschäftigt. Unter anderem geht es darum, wie aus Deutschland geflüchtete Geistliche, die aufgrund einschlägiger Delikte angeklagt waren, unterstützt wurden. Mit dabei auch ein Priester, der in Süpplingen im Landkreis Helmstedt tätig war.



Im Mittelpunkt der Untersuchung standen die Akten der Koordinationsstelle Fidei Donum sowie deren früherer Leiter und spätere Bischof von Santo Domingo in Ecuador Emil Stehle. Dieser wird nicht nur selbst des sexuellen Missbrauchs beschuldigt, er soll auch Priester, die in Deutschland wegen sexualisierter Gewalt strafrechtlich verfolgt wurden, dabei unterstützt haben, sich den Strafverfolgungsbehörden zu entziehen. Im Fall des Priesters aus Süpplingen geht es auch um finanzielle Unterstützung.

Missbrauch in Süpplingen


In der Untersuchung wird nur der Tarnname des Priesters, Oskar Brückner, genannt, der von 1913 bis 1979 lebte. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er im Bistum Hildesheim tätig. Im Februar 1963 schrieb die Staatsanwaltschaft Braunschweig dem Generalvikar von Hildesheim, dass "Brückner" dringend verdächtigt sei, „sich in den vergangenen Jahren während seiner Tätigkeit als katholischer Geistlicher in Süpplingen wiederholt an den Angehörigen der katholischen Jugendgruppe homosexuell vergangen zu haben“.

Am 4. März 1963 sei ein Haftbefehl ergangen. Doch am 29. März sei das Verfahren bereits wieder eingestellt worden, weil der Aufenthalt des Verdächtigen nicht festgestellt werden konnte. Dieser soll bereits 1962 aus Deutschland geflüchtet sein. Weitere Anfragen der Staatsanwaltschaft zum Aufenthalt an das Generalvikariat (1968, 1969) seien mit „Aufenthalt unbekannt“ beantwortet worden.

Bischöfe wussten bescheid


Laut den jetzt untersuchten Akten hielt sich der Gesuchte seit 1964 in Encarnación, Paraguay, auf. Dort war er als Priester in der Gemeinde St. Rosa tätig. Im April 1974 habe er Emil Stehle bei einem Fidei Donum Treffen in Lima kennengelernt. Dieser half ihm bei den Bemühungen, finanzielle Unterstützung durch das Bistum Hildesheim zu erhalten. Aus den Akten geht hervor, dass nicht nur der zuständige Bischof in Südamerika, Johann Bockwinkel, von der Problematik um "Oskar Brückner" wusste, sondern auch sein damaliger Hildesheimer Kollege Heinrich Maria Janssen.

In einem vertraulichen Brief an Stehle schrieb Janssen am 26. April 1976, dass ein Rundbrief samt Liste ihn „in eine peinliche Verlegenheit“ gebracht habe. Darin sei ihm der echte Name und die damals aktuelle Diözese von "Brückner" offiziell mitgeteilt worden. Janssen erklärte im Brief, Brückner sei 1962 vor dem Zugriff der Polizei geflohen. Er sei zunächst in Holland, später anderswo untergetaucht. Als die Polizei im Bistum nach ihm fahndete, habe man erklären können, „dass wir seinen Aufenthalt nicht kennen. Auf verschiedenen Wegen haben wir ihm wohl Unterstützungen zukommen lassen können. Aber wir haben vermieden, seinen genauen Aufenthalt zu erfahren, weil er von der Polizei heute noch gesucht wird. Ich teile Ihnen das ganz persönlich und vertraulich mit und bitte, seinen Namen aus den Listen dort absolut verschwinden zu lassen." Der Geflüchtete erhielt letztlich finanzielle Unterstützung durch das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat über das Konto eines Mittelsmannes.

Intensiver Kontakt mit Minderjährigen


"Alle Beteiligten hätten von dem Moment an, in dem sie die Tatvorwürfe gegen Brückner kannten, nicht nur dies den staatlichen Strafverfolgungsbehörden melden müssen, sie hätten auch Schutzmaßnahmen ergreifen müssen, um weitere Straftaten zu verhindern", so das Fazit der Untersuchung in diesem Punkt. Stattdessen habe man geduldet, dass der Geflüchtete in Lateinamerika – trotz der bekannten Straftaten sexuellen Missbrauchs gegen minderjährige Jungen – intensiv Kontakt mit Minderjährigen pflegen konnte.

"Brückner" lebte mit einem männlichen „Waisenkind“ beziehungsweise „Sohn“ in einem Haushalt. Zudem leitete er mehrere Jahre eine Jugendgruppe mit 80 Jungen im Alter von 16 bis 22 Jahren. In einem Brief an Stehle heißt es: „Die Blasorchester-Musik wird weiter gepflegt. Sind über 80 Burschen im Alter von 16 bis 22 Jahren. Ist praktisch meine Jugendgruppe. Das Niveau ist gut. Ich habe Mühe damit, aber auch viel Freude.“


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