Später Wintereinbruch – Das erwartet uns jetzt

Meteorologe Jan Schenk geht dem späten Winter und seinen Auswirkungen für die Obsternte auf den Grund.

von Jan Schenk - Meteorologe bei The Weather Channel


Der Frost betrifft auch die Knospen.
Der Frost betrifft auch die Knospen. | Foto: pixabay

Region. Der Winter ist dieses Jahr eigentlich komplett ausgefallen. Langanhaltenden Frost gab es gar nicht und der sonst so kalte Februar war mild und stürmisch. Doch Ende März ist plötzlich der Winter da und könnte noch etwas bleiben.


Außergewöhnlich starker Polarwirbel verhinderte den Winter


In diesem Jahr ist etwas passiert, das die Meteorologen doch sehr überrascht hat. Der Polarwirbel und damit auch die Westwinde, die vom Atlantik her wehen, waren außergewöhnlich stark. Ein Tiefdruckgebiet nach den Anderen erreichte Europa und mit diesen Tiefs kam nicht nur der Wind, sondern auch sehr milde Luft bei uns an. Die Westwinde haben also den Winter von uns ferngehalten. Denn richtig kalt wird es erst, wenn die Westwinde einschlafen und die arktische Kaltluft nach Süden ausbrechen kann. Typischerweise stellt sich dann auch Ostwind ein. Den beißend kalten Ostwind kennt man bei uns.

Eigentlich war für diesen Winter ein sehr milder Start im Dezember und Januar vorhergesagt, gefolgt von einem späten Wintereinbruch im Februar. Doch der extrem starke Polarwirbel hat das verhindert. Meteorologen sind davon ausgegangen, dass es zu einer Schwächung der Westwinde Februar kommt, doch diese ist überraschenderweise ausgeblieben. Das zeigt aber auch, dass wir das Klimasystem Erde immer noch nicht voll verstanden haben und dass weitere Forschung notwendig ist.

Kaltluft bringt uns Frost


Jetzt ist es doch passiert: Die Westwinde haben sich abgeschwächt und Hochdrucksysteme übernehmen die Regie beim Wetter. Damit konnte zum ersten Mal in diesem Winter, auch wenn es eigentlich schon Frühling ist, arktische Kaltluft angezapft und nach Westeuropa verfrachtet werden. Meteorologen hatten den Winter schon fast ganz aufgegeben, denn wenn der Februar mild und windig ist, dann gibt es nur noch eine Chance von 10 Prozent, dass es im März nochmal richtig kalt wird. Die Tiefstwerte in den Nächten sind schon mal auf -10 Grad gefallen. Das Jahr 2020 ist übrigens gut vergleichbar mit dem Jahr 2018, als es ebenfalls nach einem milden Februar plötzlich bitterkalt geworden ist. Die Extremwerte im Jahr 2018 lagen bei unter -20 Grad – so kalt ist es bei uns noch nicht.

Winter geht weiter - Neue Kaltluft schon auf dem Weg


Zwar geht die aktuelle Kältewelle zum Wochenende zu Ende und die Höchstwerte liegen am Samstag bei 15 Grad, aber der Schein trügt. Der Winter geht weiter. Schon am Sonntag kommt ein neuer Ausbruch arktischer Luftmassen auf uns zu und es kann bis ins Tiefland schneien. Am Sonntag und Montag wird es wohl erst mal bewölkt bleiben, was uns vor den ganz tiefen Temperaturen in den Nächten bewahren wird, aber Frost gibt es sicher. Und so bleibt es mit einer kurzen Unterbrechung am Wochenende eher winterlich, auf jeden Fall bis zum Ende der nächsten Woche.

Kirschen haben ein Problem


Doch diese tiefen Temperaturen werden zum Problem. Denn durch die bisher sehr milden Temperaturen blühen zum Beispiel schon vielerorts die Kirschen. Doch die Blüten könnten dieses Jahr erfrieren, was zu deutlichen Ernteausfällen führen könnte. Im Westen und Südwesten Deutschlands sind bereits die ersten Meldungen über die beginnende Apfelblüte eingegangen. Der drohende Frost könnte also noch mehr Obstbauern treffen.

Die Kaltluftausbrüche könnten sich aber auch noch weiter fortsetzen, doch das ist jetzt noch nicht mit Gewissheit zu sagen.




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