Aus in Moskau: Willi Kronhardt kehrt zurück in unsere Region


Willi Kronhardt kehrt nach dem Ende seine Engagements in Moskau wieder in unsere Region zurück. Foto: imago
Willi Kronhardt kehrt nach dem Ende seine Engagements in Moskau wieder in unsere Region zurück. Foto: imago | Foto: imago

Moskau/Braunschweig. Dass erfolgreiche Engagements auch vorzeitig enden können, musste nun Willi Kronhardt feststellen. Eigentlich hatte Kronhardt geplant, erst im Frühsommer zu seiner Familie nach Braunschweig zurückzukehren. Nun ist er früher als gedacht zurück. Sein, bis Ende Mai diesen Jahres, laufender Chefscout-Vertrag bei Lokomotive Moskau, wurde vorzeitig aufgelöst. Ein Beitrag von Henrik Stadnischenko.

"Sehr intensive und interessante Zeit"


Fast zwei Jahre war der ehemalige Eintrachtler in der russischen Hauptstadt tätig. In dieser Zeit gewann Lokomotive Moskau erstmals nach 14 Jahren wieder die Meisterschaft und spielte in dieser Saison auch in der Champions-League. Trotz dieses erfolgreichen Engagements ist jetzt Schluss. Auch, weil Lokomotive Moskau in Zukunft eine andere Ausrichtung anstrebt.

„Innerhalb des Vereins gab es große Veränderungen, es wurden neue Verantwortliche eingesetzt. Ich finde es wichtig, dass man sich in die Augen schauen kann und beide Seiten, trotz des Abschieds, mit einem anständigen Gefühl auseinander gehen“, erklärt Kronhardt. Insgesamt zufrieden blickt er auf seine Zeit in Moskau zurück. „Es war eine sehr intensive und interessante Zeit. Fast alle Menschen, mit denen ich in Russland zusammengearbeitet habe, haben sich durch eine hohe Fachkompetenz und eine große menschliche Empathie ausgezeichnet. Ich bekam die Chance, in verschiedenste Bereiche zu schauen und konnte ein Netzwerk aufbauen, das mir zu einem späteren Zeitpunkt auch helfen kann“, ist sich Kronhardt sicher.

Innerhalb kürzester Zeit hat er bei Lokomotive eine Scoutingabteilung aufgebaut, die zuvor über Jahre gar nicht existent war. Unter seiner Führung wurden Spieler, wie der portugiesische Europameister Eder, der polnische Nationalspieler Maciej Rybus oder auch Grzegorz Krychowiak von Paris Saint-Germain gescoutet und wenig später verpflichtet.

Aufbauarbeit Ost


Kronhardts Arbeitseifer wurde von Lokomotive so geschätzt, dass man ihm gleichzeitig die Rolle als Kaderplaner für den Jugendbereich und die erste Frauenmannschaft übertrug. Der Jugendbereich lag ihm am Herzen. „Unsere zweite Mannschaft hat in der zweiten Division, die vergleichbar mit der deutschen dritten Liga ist, mit einer eigentlichen U19-Mannschaft, um die Spitzenplätze in der Liga mitgespielt. Die U19-Mannschaft wiederum war eine komplette U18-Mannschaft. Uns war es auch wichtig, dass die Spieler eine Art Identität aufbauen und stolz sind, dass sie für Lokomotive spielen dürfen“, betont Willi Kronhardt, der den Nachwuchsbereich bei vielen Vereinen vernachlässigt sieht.

„Das fängt schon damit an, dass bei vielen Klubs im Jugendbereich Trainer für eine sehr geringe Entschädigung arbeiten. Wenn ich motivierte Leute haben will, dann muss ich sie auch wertschätzen und sie vernünftig bezahlen. Das beste Beispiel wie es funktionieren kann, sieht man bei Ajax Amsterdam. Der Großteil der Spieler kommt aus dem eigenen Nachwuchs und dass sind keine Spieler, deren Namen man nach einer Saison wieder vergessen hat. Zudem hat man loyale Trainer, die gerne U19-Jugend-Coach sind und nicht darauf spekulieren im ersten oder zweiten Jahr den Cheftrainer zu beerben“, betont der ehemalige Eintracht-Co-Trainer und schiebt nach: „Natürlich muss ich Spieler von außerhalb scouten, anders geht es nicht und ich weiß auch, als Trainer hat man nur eine bestimmte Halbwertszeit. Dennoch sollte man sich Ziele setzen, von Saison zu Saison sollten die Nachwuchstrainer daran arbeiten, eigene Spieler an das Leistungsniveau der ersten Mannschaft heranzuführen“, sagt Kronhardt, der in Russland immer wieder Anfragen aus dem deutschsprachigen Raum erhalten hat. „Das zeigt mir, dass obwohl Russland meilenweit entfernt ist, unsere Arbeit aber wahrgenommen wird“, so der 50-Jährige.

Die Schattenseiten des Geschäfts


Die Schattenseiten des Geschäfts hat er auch kennengelernt. „Es heißt ja, im Profifußball wird viel Geld verdient, dass stimmt auf der einen Seite. Auf der anderen Seite muss man aber auch viele Opfer bringen. Es sind einfach die zwischenmenschlichen Dinge die fehlen. Man muss wirklich aufpassen, dass es nicht zu einer Entfremdung kommt. Ich bin mir sicher, dass auf solch einer Distanz auch die eine oder andere Familie zerbrechen kann. Ich bin froh, dass ich jetzt zu Hause bin und einfach mal verschnaufen kann“, erklärt Kronhardt.

Doch lange währt die Ruhe für den 50-Jährigen nicht, denn Kronhardt bildet sich weiter. Er besucht Akademien von Bundesligavereinen, tauscht sich mit Scouts und Sportdirektoren im In- und Ausland aus, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Auch deshalb wird er im März, die OptaPro-Konferenz in Köln besuchen. Dabei handelt es sich um eine Veranstaltung, die sich mit Daten- und Analysesystemen im Profisport beschäftigt. Einer der Redner wird der ehemalige Sportdirektor von Hoffenheim und Stuttgart, Jan Schindelmeiser, sein, der einst bei Eintracht Braunschweig als Sportdirektor seine Funktionärskarriere im Profisport begann.

Wie es weiter geht


Ob sich Kronhardt vorstellen könne in Zukunft auch als Sportdirektor zu arbeiten? „Es geht nicht darum, ob ich jetzt als Sportdirektor oder als Chefscout arbeite. Es geht darum, ob ich meine Leidenschaft und mein Wissen in den Verein einbringen kann. Egal, auf welcher Position. Hauptsache der Verein hat eine Vision, ein Ziel und eine klare Ausrichtung.“ In Zukunft kann es durchaus sein, dass Kronhardt häufiger zur Beobachtung beim Training des VfL Wolfsburg aufschlägt, denn sein alter Freund Marco Rose ist als neuer Wölfe-Trainer im Gespräch. Kronhardt und Rose kennen und schätzen sich, sie spielten gemeinsam aktiv beim VfB Leipzig. „Marco bringt alles mit, um als Trainer in der Bundesliga erfolgreich zu sein. Zudem ist er menschlich ein ganz feiner Kerl“, so Kronhardt über Rose.

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