Crowdfunding gestartet: Timmendorfer Eishockey braucht Hilfe

von Jens Bartels


Der EHCT wehrt sich dagegen, in die Knie zu gehen. Foto: imago/Objectivo
Der EHCT wehrt sich dagegen, in die Knie zu gehen. Foto: imago/Objectivo | Foto: imago/Objectivo

Timmendorf/Salzgitter. Der EHC Timmendorfer Strand musste vor wenigen Wochen aus finanziellen Gründen die Meldung aus der Oberliga zurückziehen und startet stattdessen in der Regionalliga. Das komplette Aus konnte verhindert werden, doch noch ist der kommende Gegner der TAG Salzgitter Icefighters nicht wieder auf gesunden Beinen. Crowdfunding soll helfen.

Teamsterben?


Trotz des Eishockey-Booms nach dem Silber-Erfolg bei den Olympischen Spielen in PyeongChang, ist der Kufensport noch immer eine Randsportart, in der finanzielle Schieflagen ganzschnell das Ende eines Standortes bedeuten können. Nur ein paar Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit: 2008 standen die Nürnberg Ice Tigers vor dem Ende, 2010 meldeten die Kassel Huskies ihre fünfte Insolvenz an, in Düsseldorf sah es 2012 schlecht aus, 2013 verkauften die Hannover Scorpions ihre Lizenz – nur drei Jahre nach dem Gewinn des Meistertitels, 2016 erwischte es dieHamburg Freezers. Den Krefeld Pinguinen, zuletzt Schlusslicht der höchsten deutschen Spielklasse, wurden mehr als einmal gerüchteweise finanzielle Probleme unterstellt, welche der Klub allerdings dementierte, und in Hannover musste nach nur zehn Jahren die Eishalle in Langenhagen geschlossen werden – dadurch fehlte der Hannover Scorpions 1b bereits im Vorjahr die Spielstätte. Hinzu kommt, dass die Schere zwischen den finanzstarken und den finanzschwachen Klubs selbst innerhalb der Ligen immer weiter auseinander driftet, besonders in der Oberliga.

Anzeige gegen ehemaligen 1. Vorsitzenden


Dorttraf es nun das Team von der Ostsee. Vor rund vier Wochen vermeldete der EHCT, dass man aus finanziellen Gründen nicht für die Oberliga melden würde und stattdessen in der Regionalliga an den Start gehen wird. Der Ex-Oberligist war ebenfalls in eine finanzielle Schieflage geraten,in deren Fokus der ehemalige 1. Vorsitzende Dennis Sauerbrei steht. Dieser trat vor rund sechs Wochen von seinem Amt zurück, nachdem der Hauptsponsor Betrugsvorwürfe in den Raum stellte. Mittlerweile wurde Anzeige gegen Sauerbrei gestellt, der sich laut Aussage von Timmendorfs Pressesprecher Marcel Garbusinski nicht zum ersten Mal derartigen Vorwürfen stellen muss.

Hälfte der Schulden bereits beglichen


Nun ist man seit Wochen dabei, die finanzielle Situation aufzuarbeiten und konnte dabei bereits erhebliche Fortschritte verzeichnen. "Wir konnten mittlerweile rund die Hälfte der Schulden begleichen. Dabei halfen uns private Sponsoren und auch einige Gläubiger verzichteten auf ihre Forderungen", berichtet Garbusinski gegenüber regionalSport.de. Im Rahmen der Aufarbeitung stieß man auf diverse Ungereimtheiten und böse Überraschungen. So wurden beispielsweise die Mitgliedsbeiträge, die üblicherweise erst im Juli oder August eingezogen werden, bereits vorzeitig abgebucht, sind nun nicht mehr verfügbarund fallen demnach aus der Kalkulation. Von diesen Einnahmen sollte der Nachwuchs finanziert werden, ein Bereich für den man an der Ostsee einst bekannt war, der laut Garbusinski in den letzten Jahren jedoch stark vernachlässigt wurde. Damit hat das Team aus dem Norden das nächste Problem: "Wir haben aktuell praktisch keine Nachwuchsspieler, mit denen wir die erste Mannschaft auffüllen könnten." Trotz der Situation möchte man konkurrenzfähig auftreten, ein Großteil der Spieler hat auf Teile seines Gehalts verzichtet, um das Überleben des Klubs zu ermöglichen. Dort sind die Zeiten nach der letzten Oberliga-Spielzeit, die man als Vorletzter beendete, ohnehin nicht rosig. "Zuschauer blieben weg. Wenn wir jetzt auch in der Regionalliga unten rumdümpeln, dann kommen noch weniger Leute.

"80.000 sind sehr ambitioniert"


Nun soll eine Crowdfunding-Lampagne helfen. Innerhalb von 14 Tagen sollen 80.000 Euro gesammelt werden.Eine Vereinsrettung per Crowdfunding ist nicht ungewöhnlich. Auch die Hamburg Freezers versuchten sich unter anderem auf diese Art und Weise zu sanieren. Ein Fan initiierte damals eine solche Aktion und sammelte 560.000 Euro – doch es reichte am Ende nicht. Bei den "Beachboys" soll es funktionieren. Der angesetzte Betrag klingt zunächst hoch, zumal Timmendorf ein schwieriger Standort ist. "Die Summe ist sehr ambitioniert, da wir einen recht kleinen Fankreis haben", so der Pressesprecher,der in Timmendorf seit sieben Jahren für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig und auch Initiator der Crowdfunding-Aktion ist. "Wir haben lange überlegt, was wir brauchen, war wir können und was wir glauben zu schaffen. 80.000 Euro sind da die Grenze meiner Vorstellungskraft, aber eben der Betrag mit dem wir die Restschuld begleichen können und den Verein – zusammen mit anderen Geldern – wieder auf gesunde Beine stellen können." Dabei spricht Garbusinski von insgesamt 200.000 Euro, womit ein konkurrenzfähiger Spielbetrieb in der Regionalliga, sowie eine gute Nachwuchsarbeit gewährleistet werden könne.

Zur Crowdfunding-Kampagne, in deren Video nochmal alles erklärt wird, geht es hier: www.fairplaid.org/ehctimmendorf

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