Braunschweig/Rio de Janeiro. Vom 5. bis 21. August 2016 trifft sich die Weltelite des Sports bei den 26. Olympischen Sommerspielen. Verläuft alles nach Plan ist dann auch der Judoka André Breitbarth beim Rennen um eine Medaille dabei.
Der Traum von Olympia
"Viva sua Paixão – Lebe deine Leidenschaft". So lautet das offizielle Motto der 26. Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro. Die Teilnahme an dem Weltereignis ist für jeden Sportler das absolute Highlight in der sportlichen Karriere. Fragt man André Breitbarth nach den 'Spielen der XXXI. Olympiade', beginnen seine Augen zu leuchten. Der gebürtige Gifhorner träumt noch – und hat die besten Chancen.
Seit vielen Jahren schon geht Breitbarth den "sanften Weg" – was Judo aus dem japanischen übersetzt sinngemäß bedeutet. Im Alter vorn sechs Jahren wurde er von seiner älteren Schwester auf diesen Weg gebracht: "Die hatte vorher Judo gemacht. Ich habe zu der Zeit Fußball gespielt, wie fast jeder Junge. Irgendwann habe ich einmal bei ihr zugeguckt", berichtet Breitbarth. Das Dojo fühlte sich gut an, der Fußball wich mit der Zeit dem Judo.
"Eine zeitlang ging beides: Fußball und Judo. Ich bin dann aber beim Judo geblieben."
Seit 2000 startet der Leiferder nun schon für den SFV Europa aus Braunschweig. Schnell machte er mit Leistungen auf sich aufmerksam. Den ersten größeren Erfolg konnte Breitbarth 2009 als WM-Dritter der U20-Junioren verbuchen. 2010 wurde er Junioren-Europameister in der U23. 2014 gewann André die Bronzemedaille bei den Europameisterschaften. Mittlerweile gehört er zur Elite seines Sports und trainiert am Olympiastützpunkt in Hannover, wo optimale Bedingungen vorzufinden sind.

Weltklasse in der Gewichtsklasse +100Kg. Foto: Agentur Hübner
Nur einer darf mit nach Rio
Für den 25-jährigen Judoka endet im Mai endlich ein zweijähriger Qualifikationsmarathon. "Über diesen Zeitraum gesehen kann man jährlich nur fünf Ergebnisse einbringen", erzählt Breitbarth und deutet den schwierigen Spagat dieser Aufgabe an: "Einerseits muss man die internationale Norm erfüllen, andererseits ist auch die nationale Konkurrenz relevant. Pro Gewichtsklasse darf nur ein Sportler mit nach Rio fahren." In der Gewichtsklasse +100Kg läuft es für den angehenden Kommissar derzeit nach Plan. Die endgültige Nominierung gibt der Deutsche Judo Bund jedoch erst Anfang Mai bekannt.
"Beim Judo musst du immer voll da sein. Da kann es passieren, dass du nach Japan fliegst und der Kampf nur 20 Sekunden dauert"
Dass im Sport nicht immer alles planbar ist, erlebte Breitbarth unlängst in einer eher schwierigen Zeit: "Im letzten Jahr hatte ich eine Phase, in der ich eine unerklärliche Serie von Niederlagen hatte." Aktuell läuft es wieder sehr viel besser. Bei den Weltmeisterschaften im kasachischen Astana erreichte André Breitbarth Platz 5: "Ich hab mich einerseits sehr geärgert, so knapp an einer Medaille vorbeizurauschen", so der sympathische Koloss, aber "im Endeffekt war ich zufrieden, weil das halbe Jahr davor nicht so gut lief. Ich habe an diesem Tag niemals mit einem 5. Platz gerechnet."

"Kraft, Technik, Ausdauer – das alles ist elementar." Foto: Agentur Hübner
Punkte sammeln für Olympia
Mittlerweile scheint er den Weg nach Olympia wiedergefunden zu haben. Die erforderliche Punktzahl haben Breitbarth und sein nationaler Konkurrent bereits eingefahren. Jetzt kann er nur noch vom Konkurrenten eingeholt werden, weil eben nur einer nach Rio fahren kann. "Dafür muss es aber schon sehr schlecht für mich und sehr gut für meine Konkurrenten laufen", erzählt Breitbarth.
Am vergangenen Wochenende startete er beim Judo Grand Prix in Düsseldorf. Dort tummelten sich gleich 600 Judoka aus 90 Nationen. Diese Zahl ist recht ungewöhnlich, da die Punkte dieses Turnieres zu 100 Prozent in die Olympia-Qualifikation einflossen. Mit dabei waren auch sieben Olympiasieger, 16 Weltmeister und zahlreiche Europameister. Für Breitbarth lief es zunächst richtig prächtig: Zum Auftakt besiegte er Oleksandr Gordiienko aus der Ukraine nach 93 Sekunden durch O-soto-gari. In Runde 3 geschah es dann: Nach langer Yuko-Führung gegen den Russen Andrey Volkov ereilte ihn mit dem Schlussgong ein Schenkelwurf und die plötzliche Niederlage.
Da Konkurrent Sven Heinle im ersten Kampf rausflog, "hat das Ergebnis aus Düsseldorf so gesehen kein Einfluss", so Breitbarth. "Es ist quasi Stillstand." Weiter bringen die Athleten jetzt nur noch Ergebnisse, bei denen sie mehr als 100 Punkte bekommen. Dafür müsst mindestens der 3. Platz bei einem Grand Slam erreicht werden. Hier gäbe es 200 Punkte. Der 3. Platz bei einem Gran Prix zählt dagegen 120 Punkte, bei der EM gibt es für die gleiche Leistung 160 Punkte. Noch stehen all diese Ereignisse im Kalender bis zum Ende der Quali-Phase für Olympia.
Vorbereitung auf ein Weltturnier
Kienbaum ist eine 300-Seelengemeinde südöstlich von Berlin. Hier holen sich die Deutschen Judoka vor dem Sommer-Ereignis den finalen Schliff. "Kurz vor den olympischen Spielen gibt es dort intern mit der Nationalmannschaft eine unmittelbare Wettkampfvorbereitung", erzählt Breitbarth. "Und dann fährt man eigentlich schon los."
Doch bis dahin sieht der Rahmenkalender einiges an anspruchsvollen Wochen vor. So gibt es vom 30. Mai bis zum 17. Juni ein dreiwöchiges Höhentrainingslager im österreichischen Rauris, wo sich die deutsche Nationalmannschaft auf die Gegebenheiten in Brasilien vorbereitet. Danach fährt der Tross noch einmal nach Spanien in ein internationales Trainingslager. In der Zeit zwischen März und Mai stehen noch drei Wettkämpfe an.
Beim Grand Prix in Georgien, der Europameisterschaft in Russland und beim Grand Slam in Aserbaidschan geht es um den letzten Feinschliff. Am 8. Mai soll die Nominierung des Bundestrainers feststehen. Die ist ein Vorschlag an den DOSB, der als letzte Instanz über den Vorschlag entscheidet und die Nominierung veröffentlicht.
"Ich habe das Glück, dass ich ein Schwergewicht bin. Insofern muss ich nicht mein Gewicht halten oder abnehmen. Natürlich achtet man auf die Ernährung. Man achtet eigentlich auf alles: Ausdauer, Kraft, Technik, Taktik – Im Grunde ist alles wichtig."

Der Blick auf Olympia: André Breitbart. Foto: Agentur Hübner.
Der Traum eines Sportlers
Wenn auch zum Greifen nah – Olympia liegt für André Breitbarth noch in weiter Ferne. Darum redet er auch nicht allzu gerne über die Zukunft. Viel lieber ist der sympathische Ausnahmesportler im Jetzt und Hier. Eines ist jedoch gewiss: "Wenn ich mich qualifizieren sollte, wäre eine Medaille ein Riesentraum. Das will doch jeder Sportler!"
"Wenn ich mich qualifizieren sollte, wäre eine Medaille ein Riesentraum. Das will doch jeder Sportler!"
Als wir in der Sporthalle der Braunschweiger Bereitschaftspolizei noch ein paar Fotos machen, trainieren dort auch die Kleinsten. Dass der Riese Breitbarth für sie ein echtes Vorbild ist, bemerkt man sofort: Die Nachwuchs-Judoka legen sich mächtig ins Zeug und wollen gern so sein wie er. Auch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Doch wer seine Leidenschaft lebt kann jedes Ziel erreichen.

Schuhe aus! Die Fotografin Susanne Hübner und ihr 'Fotomotiv'. Foto: Vollmer
Der Fahrplan zu Olympia
22. – 25.02. internationales Trainingslager in Köln
29.02. – 06.03.Trainingslager in Kienbaum mit Georgien, Ungarn, Mongolei, Aserbaidschan, Schweiz
25. – 27.03. Grand Prix in Georgien
04. – 12.04. Vorbereitungslehrgang zur Europameisterschaft (in Kienbaum)
21. – 24.04. Europameisterschaft in Russland
06. – 08.05. Grand Slam in Aserbaidschan
30.05. - 17.06. Höhentrainingslager in Rauris
01. – 08.07. Trainingslager in Spanien
18. – 26.07. Vorbereitungslehrgang zu Olympia (in Kienbaum)
30.07. – 05.08. Anreise & Anpassung Rio de Janeiro
06. – 12.08. Olympia
Links zum Thema
https://regionalsport.de/andre-breitbarth-tritt-beim-judo-grand-prix-in-duesseldorf-an/
https://regionalsport.de/sieg-und-niederlage-fuer-judoka-breitbarth-in-duesseldorf/