Braunschweig. Anfang der Jahrtausendwende spielte in Braunschweig ein Innenverteidiger, der mit seinem Aussehen und seiner Art auch als Wolfgang-Petry-Double hätte durchgehen können. Doch Frank Edmond war mehr als nur der Stimmungsmacher in der Eintracht-Kabine. Der neueste Teil von „Gestern Löwe, heute:“
„Die Eintracht war für mich ein Glückstreffer."
Als Frank Edmond 1999 nach Braunschweig wechselte, war er zuvor in Leipzig beim VfB und dem Vorgängerverein 1. FC Lokomotive eine Legende gewesen. Zweifacher DDR-Vizemeister, Finalist im Europapokal der Pokalsieger und nach der Wende, der Aufstieg in die Fußball-Bundesliga. Selbst als er in der Messestadt unter dem damaligen VfB-Coach Dragoslav Stepanovic nicht zum Zug kam, spielte ein Wechsel in den Westen von Deutschlands keine Rolle – denn Leipzig war seine Stadt.
Doch schlussendlich wagte Edmond den Schritt über die Landesgrenzen und ist mittlerweile heimisch in Braunschweig geworden. Zu verdanken hatte er den Wechsel indirekt Dieter Hecking, dieser hatte mitbekommen, dass Edmond beim VfB Leipzig nur noch auf der Tribüne Platz nehmen durfte und lockte ihn zur Braunschweiger Eintracht. „Mit Dieter habe ich in Leipzig zusammengespielt und er hat mich regelrecht bekniet zur Eintracht zu kommen. Also habe ich ihm den Gefallen getan und bin nach Braunschweig gefahren. Zu meiner Frau sagte ich nur: Mich kriegt keiner aus Leipzig weg, trotzdem schauen wir uns Braunschweig mal an und genießen ein schönes Wochenende vor Ort. Mit Reinhold Fanz und Dirk Holdorf hatte ich ein sehr angenehmes Gespräch, die mir auch klar zu verstehen gaben, dass sie mich unbedingt verpflichten wollten."
Edmunds Entscheidung stand aber fest: "Ich blieb in Leipzig bis zu dem Augenblick, als mir Stepanovic in Leipzig deutlich mitteilte, dass ich keine Zukunft mehr beim VfB habe. Daraufhin habe ich Reinhold Fanz angerufen und gefragt, ob der Verein mich immer noch haben wolle. Seine Antwort war sehr kurz, sodass ich meine Sachen gepackt und nach Braunschweig gefahren bin. Das Abschlusstraining hatte ich sofort mitgemacht und stand einen Tag später gegen Arminia Hannover auf dem Platz“, erklärt Edmond.
Insgesamt drei Jahre stand der Innenverteidiger bei der Eintracht unter Vertrag und absolvierte 58 Partien für die Löwen. Besonders seine erste Spielzeit war seine erfolgreichste in Braunschweig. Als Innenverteidiger erzielte er neun Tore. „Die Eintracht war für mich ein Glückstreffer. Wir hatten viele junge talentierte Spieler, wie zum Beispiel Tobias Rau oder Kosta Rodrigues, die sehr lernwillig und erfolgshungrig waren. Ich wollte es mir auch nochmal beweisen, dass ich außerhalb von Leipzig erfolgreich sein kann“, so der ehemalige Innenverteidiger.
Besonders mit Dirk Weetendorf verstand sich Edmond nicht nur auf dem Platz, sondern auch abseits des Feldes. Beide lebten in einer Wohngemeinschaft zusammen. „Wir waren eigentlich unterschiedliche Typen, ich brauchte zum Beispiel ein vernünftiges Bett, 'Weete' hat eine Matratze auf dem Boden gereicht zum Schlafen. Legendär war auch immer unser gemeinsames Kochen mit weiteren Mitspielern. Wir haben nicht nach Rezept gekocht, sondern Frei Schnauze und meistens hat es sogar geschmeckt“, sagt der 53-Jährige lachend.
Während Weetendorf die Eintracht 2002 in die zweite Bundesliga schoss, musste Edmond den Triumph von der Tribüne aus erleben, seine Achillessehne sorgte dafür, dass an Fußball spielen nicht mehr zu denken war. So beendete der damals 35-Jährige nach dem Aufstieg seine aktive Karriere. Zwischenzeitlich war sogar angedacht, dass er die Rolle als Teammanager übernehmen könne, doch es blieb nur bei einem Gedankenspiel. Somit stand für den heute 53-Jährigen schnell fest, er möchte den Fußballsektor verlassen.
Neueinstieg ins Berufsleben
Berufe wie Trainer, Scout oder Spielerberater kamen für ihn nicht in Frage. Besonders beim Wort Spielerberater bekommt er leicht erhöhte Temperatur. „Ich verstehe bis heute nicht, wie ich es ohne Spielerberater zum Fußballprofi geschafft habe“, sagt Edmond schmunzelnd, um dann ernst weiterzuführen. „Wenn ich heute von einigen Profis höre: Da kümmert sich mein Berater drum. Ist das echt bedenklich. Es gibt es nichts schlimmeres, als ein erwachsener Mensch, der nicht selbst- und eigenständig handelt. Unter gewissen Umständen braucht man vielleicht einen Berater, um Kontakte zu anderen Vereinen herzustellen. Aber ein erfolgreicher Spieler braucht keinen Berater, denn wenn du wirklich gut bist, kommen die Vereine sowieso auf dich zu“, sagt Edmond deutlich.
Dass er den Übergang ins „zweite Leben“ geschafft hat, hat er auch seiner Kontaktfreudigkeit zu verdanken. Während seine Mitspieler nach den Partien schnell nach Hause fuhren, nahm sich Edmond Zeit für Gespräche sowohl mit Personen aus der Braunschweiger Wirtschaft als auch mit den Eintracht-Fans. „Ich musste mir dann immer anhören, was willst du mit den Leuten. In der Zeit verdienst du eh kein Geld. Mir war es aber wichtig eine Nähe zu den Fans zu schaffen. Sich ihre Sorgen und Nöte anzuhören und vor allem zu zeigen, wir Fußballprofis sind genauso einfache Leute wie ihr es seid. Es gibt kein Wir da oben und Ihr da unten“, betont Edmond und schiebt nach: „Die Gespräche im VIP-Bereich haben mir die Möglichkeit gegeben über den Tellerrand zu schauen. Kontakte zu knüpfen und ein Netzwerk aufzubauen. In der heutigen Zeit kannst du in deinem Bereich so gut sein, wie du willst, wenn du kein Netzwerk hast bist du verloren. Diese Kontakte haben mir unter anderem Hospitationen bei der VW-Bank oder Spedition Wandt angeboten. Deshalb kann ich den heutigen Profis nur empfehlen, statt Stundenlang vor der Playstation zu sitzen, lest lieber ein Buch. Es muss keine Quantenphysik sein, es reicht, wenn man mit einer Biografie anfängt. Ich glaube man hat nicht nur ein Potenzial und ich finde es schade, wenn man dies nicht nutzt“, so Edmond, der heute im Bereich Digitalisierung für BS Energy arbeitet.
Doch zuvor musste er einen schwierigen Weg gehen – in Form einer Ausbildung und einem Abendstudiums. „Die ersten Wochen waren schon hart. Im Berufsleben zählt nicht, ob du Bundesligaspieler warst, sondern da bist nur der Auszubildende und musst für jemanden Jüngeren Kopierpapier holen. Jedoch zählen hier die gleichen Eigenschaften, wie im Leistungssport – Biss, Disziplin und Durchsetzungsvermögen. Manchmal solltest du einen Schritt zurück treten, um dann zwei Schritte nach vorn machen zu können“, sagt der Ex-Löwe mit einem Augenzwinkern.
Eintracht noch fest im Blick
Den Fußball und besonders die Eintracht hat er noch fest im Blick. Dass Traditionsvereine wie Braunschweig, Kaiserslautern oder 1860 München momentan im Niemandsland des Profifußballs verschwunden sind findet Edmond schade, wenngleich er glaubt, dass diese Klubs nicht zu Unrecht in der dritten Liga spielen: „Ich denke, viele ehemalige Bundesligamannschaften haben sich zu lange am Prädikat Traditionsverein geklammert und sind nicht mit der Zeit gegangen. Ich bin wahrlich kein Freund von solchen Vereinen wie Hoffenheim oder RB Leipzig. Doch diese Vereine machen vieles richtig. Zumal sie Innovations- und Zukunftsorientiert arbeiten. Der Spruch 'RB macht den Fußball kaputt' ist so nicht richtig. Wenn ich nicht in der Lage bin, Sponsoren zu generieren, eine Vereinsphilosophie zu erarbeiten und einen klaren Plan aufzuzeigen, muss ich mich auch nicht wundern, wenn ich auf der Fußballlandkarte verschwinde“, so Edmond, der nicht nur bemängeln will, sondern auch konkrete Verbesserungsvorschläge macht.
„Warum schaut man sich nicht ganz neutral an, was Leipzig und Hoffenheim so erfolgreich macht und versucht daraus eigene Ideen zu entwickeln, die auf den jeweiligen Verein passen. Zudem sitzen meiner Meinung nach in den Fußballvorständen, zu viele Leute ohne wesentlichen Fußballsachverstand. Statt wirklich im Interesse des Vereins zu handeln, wird auf die persönlichen Befindlichkeiten mehr geachtet. Bloß nirgendwo anecken, bloß keine Schwächen zeigen und Fehler zu geben. Diese Leute sollten doch aus ihren eigenen Firmen wissen, nur wenn ich mir Experten an die Hand hole, bin ich erfolgreich“, betont Edmond.
Teil 5: Ahmet Kuru
Teil 4: Dennis Brinkmann
Teil 3: Jan Tauer
Teil 2: Marco Grimm