Braunschweig/Salzgitter. Mit dem SV Union Salzgitter werden meist zwei Spieler in Verbindung gebracht, die von dort aus den Sprung zu Eintracht Braunschweig und später den großen Durchbruch in der Bundesliga schafften: Peter Lux und Wolfgang Dremmler. Dabei gibt noch einen weiteren Akteur, der in diese Reihe gehört - Hartmut Konschal.
Ein nervenaufreibender Saunagang
Die Erinnerungen an die Zeit bei der Braunschweiger Eintracht verbindet der 67-Jährige mit einem besonderen Saunagang. Am 8. Juni 1974 warteten die Eintracht-Spieler gespannt vor dem Radio auf das Ergebnis aus Saarbrücken. Das Spiel 1. FC Saarbrücken gegen den 1. FC Nürnberg stellte die letzte Partie in der Gruppe 1 der Aufstiegsrunde dar. Die Vorzeichen waren klar: Nürnberg durfte nicht gewinnen, damit die Braunschweiger Eintracht ein Jahr nach dem bitteren Bundesligaabstieg die Rückkehr in das Fußball-Oberhaus schaffen konnte.
„Wir waren spielfrei und damit gezwungen zu warten und zu hoffen. Es war wirklich nervenaufreibend, weil ein Sieg der Nürnberger unsere ganze herausragende Saison auf einen Schlag zunichte gemacht hätte“, erinnert sich Hartmut Konschal noch sehr gut. Nachdem dann endlich die Meldung über das 2:2-Remis zwischen Saarbrücken und Nürnberg in Braunschweig angekommen war, gab es kein Halten mehr. Besonders Hartmut Konschal wurde gefeiert.
Der gebürtige Salzgitteraner war es, der den BTSV im zuvor wichtigen Spiel gegen den 1. FC Nürnberg auf die Siegerstraße gebracht hatte. Beim 2:0-Sieg steuerte der Rechtsaußen ein Tor und eine Vorlage bei. Was wäre aber passiert, wenn Trainer Otto Knefler seine Ankündigung, die er direkt nach dem Abstieg aus der Bundesliga ein Jahr zuvor aussprach, in die Tat umgesetzt hätte? „Nach der Niederlage gegen Hannover 96 und dem verpassten Klassenerhalt sagte Knefler zu mir: 'Sie, Herr Konschal werden unter mir kein Spiel mehr absolvieren.' Am Ende wurden es 30 Partien in der Regionalliga“, erklärt der frühere Rechtsaußen lachend.

Den Gegner auf die Hörner nehmen: Hartmut Konschal und Bernd Franke bei der Präsentation des ersten gesponserten Trikots im Januar 1973. Foto: Imago/WEREK
Kein Empfang trotz Aufstieg
Trotz der Rückkehr in die Bundesliga fand weder ein Empfang im Rathaus noch im Stadion statt, was Hartmut Konschal im Nachgang als sehr enttäuschend empfand: „Wenn man heute die Bilder von Aufstiegsfeiern sieht, hätten wir uns sowas natürlich auch sehr gerne gewünscht. Einen Aufstieg oder Meistertitel gemeinsam mit seinen Fans zu feiern, etwas Schöneres gibt es im Fußballerleben nicht“, betont der 67-Jährige.
Mit 18 Jahren war Konschal von Union Salzgitter in Löwenstadt gewechselt. Seine Leistungen in den Partien der Aufstiegsrunde zur zweiten Bundesliga ließen den damaligen Eintracht-Trainer Otto Knefler auf ihn aufmerksam werden. Für Konschal war der Wechsel verbunden mit einer großen Umstellung auf Profifußball, aber auch der Möglichkeit mit dem Fußball sein Studium zu finanzieren. „Für mich war es eine Riesenchance: Auf der einen Seite meinem Traum, Profifußballer zu werden, nachgehen und auf der anderen Seite mit dem verdienten Geld mein Studium an der PH Braunschweig finanzieren zu können. In den ersten Trainingseinheiten war ich besonders beeindruckt mit so bekannten Spielern wie Joachim Bäse, Klaus Gerwien oder Horst Wolter trainieren zu dürfen. Das Training unter Otto Knefler war im Vergleich zu dem von Branko Zebec angenehm. Man wusste genau, was an welchem Tag trainiert wird und konnte sich dementsprechend darauf einstellen", blickt der 67-Jährige zurück.
Obwohl Konschal mit seiner Schnelligkeit und seiner Kraft ein Zugewinn für die Braunschweiger Eintracht darstellte hatte er es immer wieder mit großer Konkurrenz zu tun. Zunächst mit Klaus Gerwien, zum Ende mit Danilo Popivoda. Die deshalb fehlende Spielpraxis sorgte dafür, dass Konschal den Verein 1976 in Richtung SV Werder Bremen verließ.
In der Nähe von Bremen ist Konschal mittlerweile auch sesshaft geworden. Ausgerechnet ein Jahr nach seinem Abgang spielten die Blau-Gelben eine herausragende Saison und verpassten nur knapp die zweite Meisterschaft nach 1967. War es für Konschal ein Fehler den BTSV zu früh verlassen zu haben? „Überhaupt nicht. Ich bin bewusst nach Bremen gegangen, um endlich Stammspieler zu werden. Natürlich habe ich die Geschehnisse in Braunschweig verfolgt und mich auch für meine Ex-Mitspieler gefreut, aber großartig interessiert hat es mich nicht, weil ich Spieler des SV Werder war“, erklärt Konschal.

Der Bremer Konschal im Duell mit Manfred Tripbacher beim 1:2-Sieg der Löwen im Weserstadion am 15.09.1979. Foto: imago/Rust
Von ungemütlichen Rechtsaußen zum ungemütlichen Rechtsverteidiger
Als Ironie des Schicksal muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass die Braunschweiger Eintracht ausgerechnet durch eine 0:1-Niederlage gegen Werder Bremen die Meisterschaft verpasste. Für den gebürtigen Salzgitteraner war der Schritt von großem Erfolg geprägt, zwar nicht in Form eines Titels, dafür der Legendenbildung: 220 Mal streifte er sich das Werder-Trikot über und gehörte zu seiner Zeit zu den treffsichersten Verteidigern. Sie haben richtig gelesen: Verteidiger!
An der Weser schulte Werder-Interimstrainer Rudi Assauer den Neuzugang vom Rechtsaußen auf die Position des Rechtsverteidigers um. „Ich muss ehrlich zugeben, die Entscheidung mich in die Defensive zu versetzten war die absolut richtige Entscheidung. Ich konnte – wie man so schön sagt – marschieren. Die Laufbereitschaft und das Flankenschlagen waren meine stärksten Waffen“, so der Ex-Bundesligaprofi über seine Stärken, der sich hingegen selbst als nicht begnadeter Freistoßschütze bezeichnet. Ein Tor mittels direktem Freistoß gelang ihm in seiner Karriere dann aber doch und das ausgerechnet gegen Eintracht Braunschweig.
Spricht man mit ehemaligen Mitspielern über Konschal kommt immer wieder der Satz: "Neben dem Platz war der Hartmut ein sehr freundlicher Kerl, aber auf dem Platz ist er ausgetickt." Wie ist dieser Satz zu verstehen? Konschal klärt auf: „Ich wollte immer gewinnen, koste es was es wolle. Ich habe von meiner Aggressivität gelebt. Man muss aber dazu sagen, ich war nie unfair, wusste immer, wo meine Grenzen sind. Genauso wussten meine Gegenspieler gegen mich wird es ungemütlich. Selbst Schiedsrichter bin ich angegangen, wenn sie vermeintlich falsch gepfiffen haben“, verät Konschal heute.

Für immer Legenden: Jaro Deppe, Danilo Popivoda, Dieter Zembski, Hartmut Konschal, Hans Jürgen Hellfritz, Ludwig Bründl, Uwe Hain, sowie Trainer Branco Zebec (v.r.). Foto: imago
Jähes Karriere-Aus
Mit der niedersächsischen Landeshaupt verbindet man als Eintracht-Fan grundsätzlich nichts Schönes und auch Hartmut Konschal erinnert sich ungern an den 17. März 1981, als ihn sein Gegenspieler vom OSV Hannover in der Zweitligapartie übel am Knie verletzt. Die Folge war mehrwöchiger Krankenhausaufenthalt, wegen dem er die Aufstiegsfeier seines SV Werder Bremen verpasste. Aufgrund der Schwere der Verletzung wurde schnell klar, er würde nie wieder an seine alte Leistungsgrenze herankommen und musste mit bereits 29 Jahren seine Karriere beenden.
Dem Fußball blieb Hartmut Konschal aber weiterhin treu. Mit der Zeit wird aus dem Spieler Konschal der Trainer Konschal. Seinen größten Erfolg feiert er mit Atlas Delmenhorst. Bei jenem Verein wird er heute noch mehr verehrt als beim SV Werder Bremen. Die Delmenhorster führt er innerhalb von wenigen Jahren bis in die Regionalliga Nord. Wie es das Schicksal so wollte, traf er dort in der Saison 1996/1997 auf seinen Ex-Verein Eintracht Braunschweig, und besiegte mit seiner Mannschaft die große Eintracht. „Nicht nur der Sieg war etwas ganz wundervolles. Die zwei Jahre in der Regionalliga waren für unseren Klub ein absolutes Highlight. Es hätte keiner gedacht, dass wir als kleiner Atlas Delmenhorst irgendwann in Punktspielen auf Eintracht Braunschweig, Hannover 96 oder den VfL Osnabrück treffen würden. Jedes Heimspiel war ein Spektakel und pure Freude, an die ich mich sehr gerne zurückerinnere“, erklärt Hartmut Konschal.
Zum Abschluss muss er uns natürlich die Frage beantworten, ob sich mehr mit Werder Bremen oder Eintracht Braunschweig verbunden fühlt. „Beides sind absolut tolle Vereine, für die ich wirklich gerne gespielt habe. Werder Bremen wünsche ich den Klassenerhalt, notfalls über die Relegation und der Eintracht wünsche ich die Rückkehr in die zweite Liga. Alleine wegen des Publikums gehört der Verein dort hin.“
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