Braunschweig. Als einziger Trainer des Leistungsblocks der Eintracht hat der U23-Coach sein Saisonziel sportlich erreicht. Nun erhält er keinen neuen Vertrag. regionalSport.de beleuchtet zum Abschied noch einmal die aktive Karriere von Henning Bürger und sieben erfolgreiche Jahre in der Löwenstadt, die am 30. Juni 2018 abrupt ihr Ende finden.
Ziel erreicht, das war's?
So ungerecht kann der Fußball sein. Nachdem Braunschweigs Reserve in der Regionalliga Nord den Klassenerhalt erreicht hatte, gingen die Profis in Kiel sang- und klanglos unter. Wegen des Abstiegs in die 3. Liga musste auch die 2. Mannschaft zwangsweise runter. Es war das „i-Tüpfelchen“ auf eine legendäre Katastrophensaison für den blau-gelben Fußballverein, bei dem neben den Profis auch U17 und U19 in ihren jeweiligen Bundesligen sportlich versagten und der mitten in einer radikalen Neufindung steht.
U23-Coach Henning Bürger wird diesen Neuanfang nicht mehr aktiv mit bestreiten. Nach sieben Jahren wurde dem 48 Jahre alten Fußballlehrer am Dienstag mitgeteilt, dass man nicht mehr mit ihm plant. Stattdessen übernimmt Deniz Dogan, vormals Bürgers spielender Co-Trainer.
Dabei hätte Henning Bürger gerne weitergemacht. Eintrachts Sportlicher Leiter Marc Arnold hatte den gebürtigen Thüringer direkt nach dem Abstieg offen gefragt, ob der sich vorstellen könne, auch in die Oberliga zu gehen. „Ich habe mir viele Gedanken gemacht“, verrät der Gefragte. „Es hat sich in eine Richtung entwickelt, dass ich gerne weiter gemacht hätte, weil sich meine tägliche Arbeit ja nicht verändert hätte.“
Ein verdienter Fußball-Profi
Kontinuität ist eine Eigenschaft des Henning Bürger. Um das zu verstehen, muss man sich nur seine aktive Karriere anschauen. Der zweifache Familienvater galt auch als aktiver Profi nie als Lautsprecher, ging jedoch stets mit Verantwortung voran. Drei Mal stieg er dabei in die Bundesliga auf: 1998 mit dem 1. FC Nürnberg, 2001 mit dem FC St. Pauli und 2003 mit Eintracht Frankfurt. Bürger, der stets zwischen Abwehr und Mittelfeld pendelte, brachte es am Ende seiner Laufbahn als Spieler auf 99 Erstliga- (2 Tore), 53 DDR-Oberliga- und 176 Zweitliga-Spiele (3 Tore).
1992 stand er in der Olympia-Auswahl der DDR, die wegen der deutschen Wiedervereinigung aber vor dem Start der Qualifikation für Barcelona 1992 mit der Westdeutschen zusammengelegt wurde.
Seine Profikarriere beendete Henning Bürger 2005 nach 17 Jahren im Profigeschäft und nur etwa 100 Kilometer von seiner Heimat Zeulenroda entfernt beim damaligen Zweitligisten FC Rot-Weiß Erfurt.

Familiäres Miteinander: Physio Flo Horn (li.) und Markus Unger gehörten zum eingeschworenen Kreis in der U23-Kabine. Foto: Frank Vollmer
Ins Halbfinale des DFB-Pokals
Im Sommer 2005 startete Henning Bürger seine Trainerkarriere bei der A-Jugend des FC Carl Zeiss Jena, für den er zwischen 1989 und 1991 selbst aktiv gewesen war. Unterseiner ruhigen Hand blühte auch der heutige Nationalspieler Nils Petersen auf. „Er hat in der Jugend nie Bundesliga gespielt und in der Regionalliga stets zweistellig getroffen“, sagt Bürger heute über den berühmten Wernigeröder. „Vielleicht hat das ja seine Karriere auch gefördert.“
Im Dezember 2007 musste Jena-Coach Valdas Ivanauskas wegen Erfolglosigkeit gehen. Henning Bürger übernahm den Zweitligisten und erreichte nach Siegen gegen den amtierenden Pokalsieger 1. FC Nürnberg und Meister VfB Stuttgart sensationell das Halbfinale im DFB-Pokal. Erst nach einem 0:3 in Dortmund war Schluss. "Wir waren nicht chancenlos. Jan Simak bekam sehr früh im Spiel eine Rote Karte und das war es dann", erinnert sichder Trainer heute. Am Ende der Saison stieg Jena aus der 2. Bundesliga ab und wurde – genau wie Eintracht Braunschweig – Gründungsmitglied der 3. Liga. Danach absolvierte Henning Bürger in Köln die Ausbildung zum Fußballlehrer – zeitgleich mit seinem Traineramt in Jena.
Anfang 2010 wurde Bürger Co-Trainer von Michael Wiesinger beim FC Ingolstadt, verließ die Schanzer aber nach dem geglückten Aufstieg in die 2. Bundesliga und Differenzen mit Wiesinger wieder. Torsten Lieberknecht daraufhin trat an ihn heran. Man kannte und schätzte sich noch aus heißen Duellen im U19-Bereich. Am 1. Juli 2011 wurde Henning Bürger Trainer der Braunschweiger U23, die unter Vorgänger Christian Benbennek gerade aus der Regionalliga Nord abgestiegen war.

11. Juli 2011: Erster Auftritt beim Rothemühle-Cup mit Eintrachts U23. Foto: Frank Vollmer/Archiv
Sieben Jahre Aufbauarbeit
„Wir konnten uns kontinuierlich verbessern“, so Bürger, dem im zweiten Jahr als Meister die Rückkehr in die vierte Liga gelang. „Da habe ich auch Oberliga trainiert, im ersten Jahr sogar noch ohne Co-Trainer.“ Zuerst kam Markus Unger hinzu, teilweise noch als spielender Co-Trainer. „Dann haben wir nach und nach ein Team um das Team aufbauen können. Das hat der Verein immer auch tatkräftig unterstützt: mit Florian Horn als festen Physiotherapeuten, mit einem Ärzteteam, einem Zeugwart."
Talente wie Gerrit Holtmann, Maximilan Sauer oder Niko Kijewski fanden ihren Weg zu den Profis über Bürgers U23. "Wir konnten Jahr für Jahr auch unsere Ziele erreichen und die Hauptaufgabe, junge Spieler zu entwickeln, um für den Profibereich fit zu machen, haben wir auch recht ordentlich erfüllt“, bilanziert Bürger heute, 229 Pflichtspiele als Trainer an der Oker später.

Immer im Austausch: Torsten Lieberknecht vertraute auf Bürger. Muss er deshalb gehen? Foto: Frank Vollmer
Kein neuer Vertrag
Ein 230. wird es nicht geben. Wie man Henning Bürger hier kennengelernt hat, bleibt er auch jetzt sachlich und hintergründig. Er erinnert sich vor allem an die guten Dinge: „Die Trainingsarbeit mit den jungen Spielern und mit meinen engsten Arbeitskollegen. Es ist einfach mein Ding, mit dem Nachwuchs zu arbeiten, zu fördern und zu fordern.“
Die Gedanken gelten seinem Team, von dem er sich noch nicht verabschieden konnte: „Sie können so lange nicht aufsteigen, bis die Profis in die 2. Bundesliga zurückkehren.“ Natürlich werde man jetzt auch auf die Jungs in der U23 zurückgreifen. „Aber eine Drittligamannschaft mit dem Ziel, wieder aufzusteigen, braucht ganz andere feste, fixe, starke Säulen.“
Für ein paar der Jungs in der U23 wie Eros Dacaj, Deniz Undav, Ahmet Canbaz oder Yannick Bangsow sei es dennoch eine tolle Möglichkeit, den nächsten Schritt zu gehen. „Alles andere liegt an ihnen und am Verein. Wenn es jetzt für sie nach oben hin weiter geht, ist das toll und ich freue mich für sie“, sagt Hennig Bürger, dessen Sohn Leon ebenso einer dieser talentierten Nachwuchsspieler ist. „Er war diese Woche nicht da. Ich wollte es ihm eigentlich noch nicht sagen. Er sollte sich auch erstmal ein paar Tage erholen und an nichts denken.“
Irgendwie kam der Filius natürlich dahinter. "Er war todtraurig", verrät der Vater. "Ich glaube nicht, dass er seine zukünftigen Entscheidungen von mir abhängig macht, aber er hat sehr nachdenklich reagiert.“Sobleibt vielleichtwenigstens ein Bürger Eintracht Braunschweig zukünftig erhalten. „Es waren schöne sieben Jahre“, resümiert Henning Bürger. Mehr gilt es für ihn nicht mehr zu sagen.

Das Talent in die Wiege gelegt: Bürgers jüngerer Sohn Leon ist auf dem Sprung zu den Profis. Foto: Agentur Hübner
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