Braunschweig. Was eint Jürgen Klopp und André Schubert? Nun gut, sie sind beide Fußballtrainer. Jeder weitere Vergleich hinkt vielleicht – steht der Eine doch mit Liverpool im Halbfinale der Champions League. Der Andere kämpft derweil in der 3. Liga um den Klassenerhalt. Doch haben diese beiden Fußball-Lehrenden mehr gemein, als man denken mag: Klopp und Schubert stehen für nicht weniger als die größten Aufholjagden aller Zeiten. Was man zwei Spieltage vor dem Saisonende in Braunschweig daraus lernen kann.
In der dunkelsten Stunde
Gerade einmalmickrige acht Punkte hatte Eintracht Braunschweig nach dem2:2 gegen Lotte im Oktober nach elf Spieltagen eingesammelt. Viel zu wenig fürden Zweitligaabsteiger, der zu lange am dänischen Trainer festgehalten hatte. Die Angst vor der Regionalliga und demAbsturz in die fußballerische Bedeutungslosigkeit hatte an der Oker ihrenHöhepunkterreicht.Der sympathische, aber erfolglose Henrik Pedersen musste seinen Stuhl räumen. In der dunkelsten Stunde kam André Schubert am 11. Oktober 2019 an die Hamburger Straße (wir berichteten).
„Ich glaube, wie haben jemanden gefunden, der aufgrund seiner Erfahrung und seiner Persönlichkeit und nicht zuletzt der Art, wie er Fußball spielen lässt, der Richtige ist“,frohlockte Sebastian Ebel sichtbar erleichtert. Der Vereinspräsident sollte recht behalten: Braunschweig startete unter Schubert eine im bezahlten Deutschen F ußball bisher einmalige Aufholjagd undsammelte bei 9 Siegen, 9 Unentschieden und7 Niederlagen bis zum heutigen Tag in 25 Spielen überragende 36 Punkte ein (1,44 Punkte/Spiel).

Bei der offiziellen Vorstellung: Sebastian Ebel (li.) und der neue Trainer André Schubert. Foto: Frank Vollmer
Das Wunder von Braunschweig
In diesem Punkt hat André Schubert aktuell sogar die Nase vorne,denn das schaffte nicht mal Jürgen Klopp, dem mit Mainz 05 in der Saison 2006/07 die bisdahin größte Aufholjagd im deutschen Profifußball gelang. Mit 11 Zählern auf dem letzten Tabellenplatz liegend, wurden die 05er im Winter schon als sicherer Bundesliga-Absteiger gehandelt. "Kloppo" wäre nicht "Kloppo", wenn er einfach so aufgegeben hätte.Stattdessen krempelte erim Winterseinen Kader um, rief die "Wildeste Aufholjagd aller Zeiten" aus und drehte an jeder Schraube. Die Veränderungen griffen: In den verbleibenden 17 Spielen fuhren die Mainzer nicht mehr für möglich gehaltene 23 Punkte ein (1,35 Punkte/Spiel). Es waren nur vier weniger alsbeim FC Bayern München. Am Ende sollteall dasvergebens sein.
Doch blickem wir erst noch einmal an die Hamburger Straße: Wie Jürgen Kloppdrehte auch André Schubert im Winter den Kader seiner Mannschaft auf links. Dabeikorrigierte der 47-Jährige diverse Fehler seiner Vorgänger und holte erfahrene Leute wie Bernd Nehrig oder junge Spieler wie Mike Feigenspan oder Nils Rütten. Auch die Rückkehr der Ex-Löwen Benjamin Kessel, Jasmin Fejzic, Marcel Bär, Marc Pfitzner (aus der 2. Mannschaft) und Julius Düker zahlte sich aus und brachte verloren geglaubte Identifikation zurück. Letzterer zeigt derzeit mitdenwichtigsten drei Jokertoren seiner Kariere, dass es sich lohnt, unter Schubert geduldig zu bleiben.
Ein Schritt fehlt noch
Am Sonntag gelang den Löwen ein am Ende ungefährdeter 3:1-Sieg bei Schlusslicht Aalen. Eintracht Braunschweig kletterte auf Platz 13, brachte erstmals in dieser Saison vier Punkte zwischen sich und einen direkten Abstiegsplatz. Damit sind die Löwen aber noch lange nicht am Ziel angelangt. EinDreieraus den verbleibenden zwei Partien gegen Halle und Cottbus würde den Verbleib in Liga 3 sichern. Doch die muss man erst einmal einfahren.
„Ich freue mich über die drei Punkte“, sagte Schubert am Sonntag nach demSpiel in Aalen, warnte dann aber sogleich wieder: „Es gibt sicherlich das Ein oder Andere, was wir besser machen müssen.“ Ob er dabei Jürgen Klopp vor Augen hatte? Der gibtein mahnendes Beispielfür die Braunschweiger: Trotz der überragenden Aufholjagd stieg Mainz 2007 am letzten Spieltag doch noch ab.

Fast am Ziel: Mannschaftskapitän Stephan Fürstner und Philipp Hofmann. Foto: Agentur Hübner
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