Atlanta/Braunschweig. Vor wenigen Tagen gewann Kevin Kratz mit Atlanta FC die nordamerikanische Fußball-Meisterschaft MLS. Mitten in den Feierlichkeiten fand der ehemalige Fußballprofi von Eintracht Braunschweig Zeit für ein Gespräch über den US-Fußball, Kleine Löwinnen und die fatale Situation in seinem Ex-Verein.
"Meine Tochter nenne ich 'Meine Kleine Löwin'"
Herzlichen Glückwunsch zum Gewinn der US-Meisterschaft, Kevin. Mit diesem Titelgewinn hast du wohl den größten sportlichen Erfolg deiner Karriere feiern können. Wie fühlt sich das für dich persönlich anund wie war die Party nach dem Sieg im Endspiel gegen die Portland Timbers? Ich bin glücklich und stolz auf unser Team, dass wir uns belohnen konnten mit dem Titel für die harte Arbeit. Es ist neben dem Aufstieg mit der Eintracht einer der schönsten Momente meiner Karriere. Die Party war super! Das Stadion warmit über 70.000 Zuschauern ausverkauft. Die Stadt Atlanta hatihren letzten Titel in der Major League Baseball 1995 feiern können. Aus dem Grund war die Party um so größer.
Betrübt es dich ein wenig, dass du während der Saison oft nur zu Kurzeinsätzen gekommen bist, obwohl du mit dem Ziel, einen Stammplatz zu ergattern, in die USA gegangen bist?Ich war ja vor meinem Wechsel in die USA länger verletzt. Deswegen war es erst einmal wichtig für mich, wieder dahin zu kommen, wo ich vor meiner Verletzung war und einfach das Fußballspielen wieder genießen zu können. Man darf auch nicht außer Acht lassen das auf meiner Position Miguel Almiron, Ezequiel Barco und Darlington Nagbe spielen, die für mehrere Millionen Ablöse gekommen sind. Und dadurch, dass wir diese Saison so erfolgreich waren, gab es für meinen Trainer Tata Martino keinen Grund, die Aufstellung zu ändern.

Kevin Kratz und M.V.P. Julian Gressel nach dem Finalspiel gegen die Portland Timbers. Foto:
Wer war nach dem Titelgewinn der erste Gratulant? Gab esviele Glückwünsche aus Deutschland? Ja, es haben sich sehr viele Freunde und ehemalige Teamkollegen gemeldet. Und es hat mich sehr gefreut, dass meine ehemaligen Vereine Bayer 04 Leverkusen, Alemannia Aachen und Eintracht Braunschweig gratuliert haben!
Wie fällt allgemein dein Zwischenfazit nach zwei Jahren USA aus? Wie ist das Leben in Atlanta?Nach zwei Jahren kann ich sagen, dass es für mich persönlich der richtige Schritt war, in die USA zu wechseln. Mein Wechsel war aber auch längerfristig geplant. Deswegen freut es mich umso mehr, dass wir hier auch so erfolgreich sind. Atlanta ist eine Großstadt und hat vieles zu bieten. Mit NBA, MLB, MLS und NFL ist Atlanta in fast jeder Sportart prominent vertreten. Das Essen ist sehr gut. Ichwohne in der Näheunseres Trainingsgeländes, etwas außerhalb der Stadt in Marietta, in einer typisch amerikanischen Nachbarschaft.
Wo siehst du im Fußball die größten Unterschiede zu Deutschland?Der Druck ist anders hier als in Deuschland, da man nicht auf- oder absteigen kann. Das Ziel ist erstmal immer, die Playoffs zu erreichen. In den Stadien sind überwiegend nur Heimfans, da die Distanzen zu groß sind. Da wir hier in Atlanta eine riesige Fanbase haben, sind auch einige unserer Fans zu Auswärtsspielen mitgereist. Der Fußball entwickelt sich hier extrem schnell weiter. Deswegen versuchen viele Vereine, junge Talent zu verpflichten, auch wenn sie eine höhere Ablöse zahlen müssen.

Papa Kevin Kratz und seine "Kleine Löwin" feiern den Titel. Foto: Atlanta FC/oh
Atlanta hat einen wahren Fußball-Boom erfahren. Im Schnitt kamen 50.000 Zuschauer ins Stadion. Lässt sich die Stimmung mit der in Deutschland und speziell bei der Eintracht vergleichen? Es kommen sehr viele Familien mit Kindern ins Stadion. Jeder hat ein Trikot oder etwas von Atlanta United an. Die Stimmung in unserem Stadion ist fantastisch.
Du hast selbst einmal gesagt, Eintracht Braunschweigwar sportlich als auch vom Umfeld her deine beste Zeit. Wie bewertest du die aktuelle Situation beideinem Ex-Verein.Ja, Eintracht waren besonderezweiJahre für mich durch den sportlichen Erfolg, den Aufstieg in die Bundesliga und die Geburt meiner ersten Tochter, die ich heute noch "Meine Kleine Löwin" nenne. Eintracht ist in einer ganz schweren Situation. Von hier betrachtet bleiben die Ergebnisse aus, die Spiele konnte ich nicht immer verfolgen. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass jeder im Verein begreift, dass das nächste Spiel das wichtigste ist und man nicht denkt: "Wir haben noch so viele Spiele übrig." Ich gönne dem Verein, den Fans und der Stadt Braunschweig, dass man schnell wieder in die Erfolgsspur kommt. Ein Traditionsverein wie Eintracht Braunschweig ist für den Deutschen Fußball sehr wichtig.
Hast du wie Julian Gressel noch einmal Ambitionen nach Deutschland zurückzukehren oder wo siehst du deine sportliche Zukunft?Ich plane, in den USA zu bleiben und möchte auch nach meiner Karriere hier im Fußball arbeiten. Der Fussball entwickelt sich hier so rasant, dass ich denke, mit meiner Erfahrung und Ausbildung bei Bayer 04 Leverkusen jungen Spielern in ihrer Entwicklung helfen zu können.
Vielen Dank für das Interview und noch viel Erfolg in Atlanta!
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