Studie: Mehr Deutsche nehmen Diskriminierungen wahr

Das Interesse am Thema Gleichbehandlung ist laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung in der Gesellschaft in den letzten 15 Jahren gestiegen.

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Symbolbild. | Foto: Über dts Nachrichtenagentur

Gütersloh. Das Interesse am Thema Gleichbehandlung ist laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung in der Gesellschaft in den letzten 15 Jahren gestiegen. Antidiskriminierungspolitik finde entsprechend in der Bevölkerung immer stärkere Unterstützung, heißt es in der Untersuchung, die am Dienstag veröffentlicht wurde.


Demnach geben heutzutage mehr Personen an, selbst ethnische, rassistische oder religiöse Diskriminierung erlebt zu haben und mehr Menschen sehen Handlungsbedarf. In der Studie gaben 77 Prozent der deutschsprachigen Befragten an, sich "sehr" oder "etwas" für das Thema Gleichbehandlung zu interessieren, 2008 waren es noch 63 Prozent. Der Aussage, dass Antidiskriminierungspolitik langfristig dazu führe, dass es allen in der Gesellschaft besser geht, stimmen mittlerweile 66 Prozent der Befragten "voll und ganz" oder "eher" zu - gegenüber 59 Prozent 2008. Auch acht von zehn gesellschaftlichen Milieus teilen demnach mehrheitlich diese Ansicht. Insgesamt rückt das Thema Diskriminierung deutlich stärker in den Fokus der Wahrnehmung der Menschen in Deutschland.

"Die Befunde der Studie sind eindeutig: Ich sehe darin eine Zeitenwende für die Antidiskriminierungspolitik in Deutschland", sagte die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, am Dienstag. Die Gesellschaft sei nicht nur bereit für Antidiskriminierung, sie erwarte sie auch - "und das milieubergreifend". Der Anteil der Befragten, die von eigenen Diskriminierungserfahrungen berichten, ist laut Studie ebenfalls gestiegen. Zuletzt gaben 13 Prozent der Befragten an, dass sie sich in den vergangenen zwölf Monaten wegen ihrer ethnischen Herkunft (zum Beispiel: Sprache, Name, Kultur), aus rassistischen oder antisemitischen Gründen oder wegen ihrer Herkunft aus einem anderen Land sehr oft oder manchmal diskriminiert gefühlt haben.

2008 berichteten noch sechs Prozent von Diskriminierung wegen ihres "fremdländischen Aussehens" und sieben Prozent fühlten sich als "Ausländer" diskriminiert. Sehr ähnlich ist die Entwicklung der persönlichen Betroffenheit von Diskriminierung wegen der Religion oder Weltanschauung: Von entsprechenden Erfahrungen berichteten zuletzt 13 Prozent der Befragten, 2008 waren es sechs Prozent. Von den Befragten mit Migrationshintergrund äußerte jeder Dritte (35 Prozent), in den vergangenen zwölf Monaten sehr oft oder manchmal Diskriminierung wegen der Herkunft oder aus rassistischen Gründen erlebt zu haben, und 28 Prozent gaben an, von Diskriminierung wegen der Religion oder Weltanschauung betroffen gewesen zu sein. Fast die Hälfte der Befragten (49 Prozent) ist der Ansicht, dass Menschen, die als fremd oder nicht weiß wahrgenommen werden, "stark" oder "sehr stark" diskriminiert werden.

Damit zeigt sich bei der Wahrnehmung von rassistischer Diskriminierung gegenüber 2008 eine Steigerung um 18 Prozentpunkte: Damals sahen 31 Prozent der Befragten eine "starke" oder "sehr starke" Diskriminierung von "Menschen mit fremdländischem Aussehen". Besonders stark gestiegen ist auch der wahrgenommene Handlungsbedarf in Bezug auf diese Art der Diskriminierung: 70 Prozent der Befragten sprechen sich mit Blick auf die Gleichbehandlung der genannten Personen dafür aus, dass für sie "viel" oder "etwas" mehr getan werden sollte, gegenüber 43 Prozent 2008. Bei den jungen Befragten (bis 29 Jahre) ist die Wahrnehmung von rassistischer Diskriminierung besonders ausgeprägt, und sie sehen auch häufiger Handlungsbedarf. Von ihnen meint eine Mehrheit (56 Prozent), dass als fremd oder nicht weiß wahrgenommene Menschen "stark" oder "sehr stark" diskriminiert werden. Dass für diese Personen "viel" oder "etwas" mehr getan werden sollte, finden 76 Prozent.

"Die veränderten Wahrnehmungen und Einstellungen hängen mit demografischen und soziokulturellen Entwicklungen zusammen", sagte Integrationsforscherin Ulrike Wieland. Eine Mehrheit der Befragten (56 Prozent) sieht die Verantwortung, sich um die Gleichbehandlung benachteiligter Gruppen in der Gesellschaft zu kümmern, vorrangig bei der Politik. An zweiter Stelle werden Ämter und Behörden (44 Prozent) genannt. 87 Prozent der Befragten beurteilen Aufklärungsarbeit in Kindergärten und Schulen als eine wichtige oder sehr wichtige mögliche Aufgabe des Staates zur Bekämpfung von Diskriminierung.

Auch proaktive Maßnahmen in der Wirtschaft werden unterstützt: 60 Prozent befürworten eine vermehrte Einstellung vielfältigen Personals (2008: 51 Prozent) und 58 Prozent sprechen sich für eine Unternehmenskultur aus, die eine vielfältige Belegschaft wertschätzt (2008: 45 Prozent). "Wie es andere erfolgreiche Einwanderungsländer längst praktizieren, sollte auch Deutschland Diskriminierung in der vielfältigen Gesellschaft nicht nur wirksam bekämpfen, sondern ihr auch entschieden vorbeugen", fordert Migrationsforscher Ulrich Kober.


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