Braunschweig/Wolfenbüttel. Elisabeth und Dennis Holewa leben mit ihren beiden Söhnen Marcus (2 ½ Jahre) und Lucas (5 Wochen) in Wolfenbüttel. Die junge Familie gehört zur syrisch-orthodoxen Kirche von Antiochien. Zu dieser altorientalischen Kirche zählen derzeit rund 200 Mitglieder in der Region Braunschweig / Wolfenbüttel, deutschlandweit sind es etwa 100.000 Gläubige. Durch Ankunft christlicher Flüchtlinge mit steigender Tendenz.
Seit einiger Zeit ist ihre Gemeinde in der katholischen Kirche Heilige Dreifaltigkeit in Braunschweig-Stöckheim zu Gast. Das soll nun auf eine rechtliche Basis gestellt werden. Ein Pachtvertrag zwischen dem Bistum Hildesheim und der Schwesternkirche steht kurz vor der Unterschrift. Dieser Erbbaurechtsvertrag soll der syrisch-orthodoxen Gemeinde die Nutzung von Kirche, Pfarrheim und Pfarrhaus für zunächst 30 Jahre sichern. Am Sonntag, 28. August, wollen syrisch-orthodoxe und katholische Gemeinde schon einmal zusammen Gottesdienst feiern und sich beim anschließenden Fest begegnen. „Das ist ein Traum seit 30 Jahren“, beschreibt Elisabeth Holewa die Aussicht auf ein eigenes Gotteshaus. „Unsere Gemeinde ist schon lange hier, wächst stetig und was uns immer fehlte war der Anker“, sagt sie und spart dabei nicht mit Lob an die zahlreichen gastfreundlichen Gemeinden in Braunschweig und Wolfenbüttel. Hier konnten sie mit Absprachen ihre Gottesdienste feiern. An Feiertagen war freilich viel Organisationstalent gefragt.
„Mein Papa und meine Mama waren 1979 zusammen mit meinem Onkel die ersten aus unserer großen Familie, die aus der Türkei hergekommen sind. Da waren meine Eltern gerade frisch verheiratet und erwarteten ihr erstes Kind“, erzählt Elisabeth Holewa, geborene Doğan. Die 34-Jährige und ihre sechs Geschwister wurden alle in Wolfenbüttel geboren. Inzwischen lebt schon die dritte Generation der Familie Doğan hier. „Die erste Flüchtlingswelle aus der Südosttürkei, so würde man es aus heutiger Sicht sagen“, ergänzt Ehemann Dennis (37). Dennis Holewa hat keinen Migrationshintergrund, er ist gebürtiger Gifhorner und hat in die Großfamilie eingeheiratet. „Ich bin quasi der Integrierte“, scherzt er. Doch zuvor ließ er sich nach syrisch-orthodoxem Ritus taufen.
„Mein Mann und ich haben uns im Studium kennengelernt, er im Studium der Philosophie und ich im Lehramt“, sagt die Grundschullehrerin. Sowieso, ihre Familie ist auch beruflich gut in Deutschland integriert. Waren bei der Elterngeneration hauptsächlich Handwerker vom Goldschmied bis zum Schneider vertreten, hat von Elisabeth Holewas Geschwistern und Cousins jeder Zweite eine akademische Ausbildung. „In den Medien hört man so wenig über uns, weil wir so positiv integriert sind“, meint sie. „Alle Aramäer hier sind Deutsche“, sagt Jakob Doğan, Vater von Elisabeth Holewa, mit Charme.
Die syrisch-orthodoxen Christen fühlen sich nicht als Türken, Libanesen oder Syrer – sie sehen sich selbst als Aramäer. Liturgiesprache ist bis heute das Aramäische, die Sprache Jesu Christi. Die Volksgruppe stammt aus dem in der Bibel erwähnten Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris und liegt auf den heutigen Staatsgebieten von Ländern wie Türkei, Libanon, Jordanien oder Syrien. „Wir freuen uns, wenn wir einen Aramäer sehen, egal woher er kommt“, betont Jakob Doğan. Vier bis fünf Flüchtlingsfamilien kommen bereits regelmäßig zum Gottesdienst nach Stöckheim. Gemeindemitglieder unterstützen die Neuankömmlinge bei Behördengängen, der Wohnungssuche, helfen beim Übersetzen und wollen Ansprechpartner für Fragen aller Art sein, erklärt der 59-Jährige. Das sei auch schon in vergangenen Jahrzehnten bei vereinzelt kommenden Familien so gewesen. Für viele Aramäer war es ein Traum in ein Land wie Deutschland mit Glaubensfreiheit zu gelangen, berichtet Dennis Holewa von Gesprächen mit zahlreichen Aramäern in ganz Deutschland. „Man kann seine Sprache hier ohne Strafe sprechen, seine Religion ausüben, Kreuze offen tragen, hier läuten am Sonntag die Kirchenglocken“, zählt Holewa die positiven Erfahrungen seiner Glaubensbrüder auf, die er immer wieder zu hören bekommt.
Gemeinsamer Gottesdienst
Am Sonntag, 28. August, ist es nun so weit: Die syrisch-orthodoxe Gemeinde Braunschweig-Wolfenbüttel und die Gemeinde St. Bernward laden zu einem gemeinsamen Gottesdienst in die Kirche Heilige Dreifaltigkeit (Leipziger Str. 216) ein. Der katholische Pfarrer Christoph Harmening und der syrisch-orthodoxe Diakon Moses Tan aus Hannover haben den Gottesdienst gemeinsam vorbereitet. Die syrisch-orthodoxe Gemeinde trifft sich bereits um 10 Uhr in der Kirche zu einer Gebetsstunde. Um 11 Uhr ziehen die Katholiken gemeinsam mit ihrem Pfarrer Christoph Harmening ein und feiern die Messe in deutscher und aramäischer Sprache. Treffpunkt ist um 10.50 Uhr vor der Kirche. Gegen 12.30 Uhr treffen sich die beiden Gemeinden dann zum gemeinsamen Beisammensein bei Speis und Trank. Hierzu sind alle Interessierten herzlich eingeladen.
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