Niedersachsen. Am heutigen Donnerstag ist "Tag der vermissten Kinder". In Niedersachsen gelten 1.245 Personen offiziell als vermisst. Über 600 Fälle betreffen Kinder und Jugendliche - auch in unserer Region, wie die Polizeidirektion Braunschweig auf Anfrage mitteilt. Doch wie kann man sein Kind davor schützen, in die Fänge von Entführern zu gelangen? Darüber gibt das Landeskriminalamt Auskunft.
Der Tag der vermissten Kinder findet jedes Jahr am 25. Mai statt. Dieser geht auf den Fall des verschwundenen sechsjährigen Etan Patz (USA) zurück und wurde erstmals 1983 begangen. Seitdem hat sich der Tag in vielen Ländern mit diesem Datum etabliert. Es ist ein Gedenken an die vielen unschuldigen Kinder, die einfach verschwunden sind.
Wenn Kinder verschwinden
187 (103 männlich, 84 weiblich) Kinder bis 13 Jahre und 416 (253 männlich, 163 weiblich) Jugendliche bis 17 Jahre in Niedersachsen gelten aktuell als vermisst. Bei der Suche unterstützt die Zentrale Vermisstenstelle im LKA die Polizeidienststellen vor Ort.
Bei Anlegen und Speicherung eines Vermisstenfalls, wird die Zentrale Vermisstenstelle automatisch in Kenntnis gesetzt. Diese sorgt bei Bedarf dafür, dass alle erforderlichen Polizeidienststellen über die Vermisstensuche informiert werden und koordiniert, wenn nötig, auch die Suche über die Landesgrenze hinweg, so erklärt das LKA das Vorgehen. Das gelte auch für den umgekehrten Fall, wenn eine Person, Erwachsene wie auch Kinder, aus einem anderen Bundesland sich möglicherweise in Niedersachsen aufhalten könnten. Das LKA steht dann bei der Koordinierung auch im Austausch mit dem Bundeskriminalamt (BKA).
Ab wann gilt ein Kind als vermisst?
Zunächst sei immer klar abzugrenzen, ob eine Person wirklich vermisst sei oder ob sie im Rahmen ihrer Freizügigkeit nicht anzutreffen ist. Grundsätzlich werden durch die Polizei insbesondere folgende Indizien betrachtet, um eine Person als vermisst zu bewerten:
- Person hat ihren gewohnten Lebenskreis verlassen
- Person ist unbekannten Aufenthalts
- Person befindet sich in einer ernsthaften Gefahr (beispielsweise Opfer einer Straftat, Unglücksfall, Hilflosigkeit, Selbsttötungsabsicht)
Anders als bei vermissten Erwachsenen, bei denen alle Kriterien erfüllt sein müssen, um als vermisst zu gelten, wird bei vermissten Minderjährigen grundsätzlich von einer Gefahr ausgegangen, sobald sie ihren Lebenskreis verlassen haben und ihr Aufenthalt unbekannt ist. Ermittlungen werden unmittelbar eingeleitet.
Wenn Anhaltspunkte festgestellt werden, die für eine Straftat sprechen (Spurenlage, Zeugenaussagen, digitale Spuren), so wird sofort ein entsprechendes Ermittlungsverfahren sowohl bei Minderjährigen als auch Erwachsenen eingeleitet, so das LKA. Deshalb sei es wichtig, die örtliche Polizeidienststelle so früh wie möglich zu informieren. Wie immer gilt: Im Zweifel die "110" wählen.
Was tun, wenn das Kind verschwindet
Wer selbst betroffen ist und wer sein Kind aktuell vermisst, der sollte laut LKA folgende Tipps beherzigen:
- Ruhe bewahren
- Freunde des Kindes sowie andere Eltern anrufen und klären, ob sich das Kind dort aufhält
- mögliche Kontakte aus der virtuellen Welt berücksichtigen (Instagram, Snapchat, usw.)
- dafür sorgen, dass jemand zu Hause und für Rückrufe erreichbar ist; falls sich das Kind zwischenzeitlich meldet, gefunden wird oder heimkommt
- wichtigen Informationen zusammentragen: Bekleidung, letzter bekannter Aufenthaltsort, Foto und weitere Erkennungsmerkmale; von besonderer Wichtigkeit seien spezielle Merkmale, Narben, Tattoos, Gangarten oder Ähnliches
- Vermisstenanzeige bei der Polizei erstatten, wenn nach den ersten Schritten der Aufenthaltsort des Kindes weiterhin unbekannt ist
- parallel sollten vertraute Orte aufgesucht werden, ein entsprechender Hinweis sollte auch der Polizei mitgeteilt werden
Wie kann man sein Kind schützen?
Grundsätzlich kann es jedes Kind treffen, dass es von Fremden angesprochen wird. Das richtige Verhalten kann allerdings dazu beitragen, Schlimmeres zu verhindern.
Wichtig sei deswegen vor allem die Prävention. Eltern sollten mit ihren Kindern über gefährliche Situationen sprechen. Dabei gilt es allerdings den richtigen Ton zu treffen - es sollten keine unnötigen Ängste geweckt werden, so das LKA.
Ein offener Umgang mit den Kindern, gerade bei ernsten Themen sei wichtig. Entscheidend sei es, eine gute Vertrauensbasis aufzubauen und zu halten, damit das Kind zu Hause über unangenehme Ereignisse berichtet. Annährung durch Bekannte oder Fremde kann auch ein schleichender Prozess sein - sogenanntes Grooming.
Wenn Kinder von Erfahrungen, Übergriffen, Drohungen oder Beobachtungen erzählen, sollten Eltern aufmerksam zuhören. Kindern sollten für mögliches Fehlverhalten keine Vorwürfe gemacht werden, da es sonst nichts mehr erzählt - im Gegenteil: Kinder sollten dafür gelobt werden, dass sie sich anvertrauen.
Regelmäßig sollten Kinder erinnert werden, dass sie nie ohne die Erlaubnis der Eltern mit jemanden mitgehen oder in ein Auto einsteigen dürfen. Auch sollten sich Kinder weit genug von Fahrzeugen entfernt halten.
Fremde, die das Kind zum Mitgehen verleiten, ihnen Süßigkeiten, Tiere oder andere schöne Dinge in Aussicht stellen, führen oft Böses im Schilde. Sie nutzen Lügen um Kinder zu locken.
Es ist daher wichtig, dass Kinder lernen, "Nein" zu sagen und dass sie dies auch gegenüber Erwachsenen sagen dürfen. "Nein, das will ich nicht!", sollten Kinder laut formulieren können.
Kinder sollten immer wissen, wo sie vor Ort Hilfe bekommen können. Wo sind öffentliche Räume wie Geschäfte, Praxen, Büros, Wohnhäuser oder ähnliche sichere Örtlichkeiten?
Im Notfall sollen sich Kinder lautstark bemerkbar machen, um Hilfe rufen, wegrennen. Verstecken sollten sich die Kinder aber nicht, so empfielt das LKA.
Weitere Informationen zur Arbeitsweise der Polizei findet man hier: Bearbeitung von Vermisstenfällen
Wie man sein Kind vorsichtig, aber bestimmt für das Thema sensibilisiert, darüber gibt das LKA Auskunft: Wenn fremde Personen das Kind ansprechen
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