Tarifrunde bei VW - Fronten verhärtet

Während das Unternehmen eine nachhaltige Entlastung bei den Arbeitskosten für alternativlos hält, spricht die Gewerkschaft von einem "Gewinn-Geier", der über den Werken kreist.

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Region. Am heutigen Mittwoch startete die erste Tarifrunde bei Volkswagen in Hannover. Von einer Annäherung kann nach der dreistündigen Verhandlung keine Rede sein. Offenbar sind die Fronten verhärtet, wie aus Pressemitteilungen der Volkswagen AG und der IG Metall hervorgeht.



Aufgrund der jüngsten Ereignisse hatten sich die Tarifvertragsparteien im Vorfeld darauf verständigt, den ursprünglich für Ende Oktober geplanten Beginn der Verhandlungen um einen Monat vorzuziehen. Neben den jüngst von Volkswagen zum 31. Dezember gekündigten Tarifverträgen, werden auch die neuen Entgeltforderungen der IG Metall verhandelt. Eine Erhöhung um 7 Prozent sowie ein Sockelbetrag für Auszubildende und Dual Studierende von 170 Euro wird gefordert.

Das sagt der Konzern


Der Verhandlungsführer der Volkswagen AG und Personalvorstand der Marke Volkswagen Pkw, Arne Meiswinkel, erläutert in der VW-Pressemitteilung die Position des Unternehmens: „Unsere Situation am Heimatstandort Deutschland ist sehr ernst. Volkswagen kann sich als führender Volumenhersteller nur behaupten, wenn wir uns angesichts steigender Kosten und massiv wachsendem Wettbewerbsdruck jetzt zukunftssicher aufstellen. Nur durch eine nachhaltige Kostenentlastung sowie gesteigerte Effizienz und Produktivität können wir in neue Technologien und Produkte investieren und damit auch Beschäftigung langfristig sichern.“

Arne Meiswinkel lehnte in der Verhandlung die Forderungen der IG Metall ab: „Wir können Volkswagen nur zukunftssicher aufstellen, wenn wir wettbewerbsfähig sind. Dafür benötigen wir eine nachhaltige Kostenentlastung und eine zukunftsfeste Struktur unserer kollektiven Arbeitsbedingungen im Haustarifvertrag. Die Neuausrichtung von Standort- und Beschäftigungssicherung sowie von Beschäftigung in Tarif Plus, die bedarfsgerechte Ausbildung und der wettbewerbsadäquate Einsatz von Zeitarbeit sind wesentliche Elemente. Wir müssen darüber hinaus aber auch unsere Arbeitskosten in Deutschland senken. Wir können unsere Spitzenposition nur behaupten und Arbeitsplätze langfristig sichern, wenn wir wirtschaftlicher arbeiten. Das eine bedingt das andere und wird ohne einen Beitrag der Beschäftigten nicht möglich sein. In den bevorstehenden Tarifverhandlungen suchen wir daher nach Lösungen, die sowohl das Unternehmen als auch die Belegschaft nachhaltig stärken. Es obliegt jetzt uns - als Tarifvertragsparteien - gemeinsam die Zukunftsfähigkeit zu gestalten und nachhaltig zu sichern.“

Das sagt die Gewerkschaft


Harte Kritik kommt von der IG Metall: Volkswagen halte weiter an seinen Plänen fest: Rendite auf Kosten von Beschäftigung, heißt es in der Pressemitteilung. In der hätten die Gesandten des VW-Vorstandes viele Charts präsentiert, die den Deutschland-Malus des Wolfsburger Autobauers unterstreichen würden. "Mit keinem Wort widmete sich das Unternehmen dabei Management-Fehlern, gravierenden Fehleinschätzungen der Vergangenheit und großen Finanzbürden wie dem Dieselskandal. Mit keiner Silbe wurde die Verantwortung des Top-Managements sowie der Aktionäre mit Blick auf zu tätigende Zukunftsinvestitionen erwähnt – stattdessen sollen einseitig die Beschäftigten die Kosten stemmen", kritisiert die Gewerkschaft.

Faktisch fordere Volkswagen nicht nur eine Null-, sondern eine Minusrunde und wolle den Beschäftigten in den Geldbeutel greifen. In diesem Kontext halte das Unternehmen weiter daran fest, Massenentlassungen und Werksschließungen in Erwägung zu ziehen.

Gewinn-Geier kreisen


„Eines wurde heute mehr als deutlich: Die Gewinn-Geier kreisen über den Werken. Das Management scheut keine Tabus mehr. Doch weiterhin hält das Unternehmen zurück, was sie konkret meinen: Weder Werke noch Beschäftigtenzahlen wurden von Seiten Volkswagens benannt. Was aber klar wird: Unsere Kolleginnen und Kollegen stehen aus Sicht von Volkswagen den Rendite-Zielen des Vorstandes und den Gewinnerwartungen der Aktionäre im Weg“, schildert Thorsten Gröger, IG Metall-Bezirksleiter und Verhandlungsführer für den VW-Haustarifvertrag der Gewerkschaft.

Die IG Metall unterstreicht: Sofern nicht alternative Wege zur Drohkulisse von Werksschließungen und Massenentlassungen gefunden werden, könne kein konstruktiver Verhandlungsprozess gestartet werden. Existenzen seien keine Verhandlungsmasse. „Die Arbeitgeber kriegen nochmals die Chance wieder den bewährten VW-Weg einzuschlagen: Probleme mit und nicht gegen die Beschäftigten zu lösen: Diese Hausaufgabe sollten sie bis zur zweiten Zusammenkunft machen und Lösungen präsentieren, wie die Werke wieder mehr Auslastung erfahren und Beschäftigte wieder Fahrzeuge bauen können, welche das Blut der Menschen wieder in positive Wallung versetzt. Kein neues Auto rollt im Werk vom Band, wenn der Vorstand anderenorts die Axt ansetzt.“

"Ein stundenlanges Klagelied"


„Der Verhandlungsauftakt war eine einzige Enttäuschung - denn vom Unternehmen kam nichts außer ein stundenlanges Klagelied über die harte Wettbewerbssituation. Stattdessen müsste die Arbeitgeberseite jetzt endlich mal ihrer Verantwortung gerecht werden und sagen, wo sie denn hin will! Denn bisher hat sie nur Tarifverträge vom Tisch gewischt und es nun erneut auch zum Start der Haustarifgespräche versäumt, zu argumentieren, was denn stattdessen ihrer Meinung nach künftig gelten soll. Mit einer solchen Gesprächseinstellung kommen wir keinen Schritt weiter!“, so Daniela Cavallo, Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Volkswagen AG.

Der Haustarifvertrag der Volkswagen AG gilt für rund 120.000 Beschäftigte der Werke in Wolfsburg, Braunschweig, Hannover, Salzgitter, Emden und Kassel sowie für die Volkswagen Financial Services, Volkswagen Immobilien GmbH und dx.one GmbH. Die Friedenspflicht endet im November. Ab 1. Dezember könnte gestreikt werden.


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