Tote und Infizierte unter Ärzten: Ärztekammer fordert noch mehr Schutz

Die aktuelle Regelung umfasse inzwischen eine Vielzahl an Ärzten aus dem ambulanten Bereich sowie deren Praxisteams. Nach Ansicht der Ärztekammer Niedersachsen wäre es allerdings angebracht, alle an der direkten Patientenversorgung Beteiligten für eine Impfung der höchsten Priorität zu berechtigen. Denn es hat schon Tote gegeben.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: pixabay

Region. Ärzte, Ärztekammer, Gewerkschaften und medizinische Pflegekräfte schlugen Alarm. Denn bis vor kurzem sah die Impfverordnung des Landes keine Impfungen für diese Berufsgruppe vor. Mit Änderung der Verordnung vom 12. Februar sind aber nun einige Personengruppen aus der ambulanten ärztlichen Versorgung mit höchster Priorität für eine COVID-19-Schutzimpfung berechtigt. Doch bis dahin haben sich im Großraum Braunschweig Ärzte mit dem Virus angesteckt. Zwei sind laut Ärztekammer Niedersachsen sogar verstorben.


"Wir wissen von zwei Ärzten im Großraum Braunschweig, die an COVID-19 erkrankt und verstorben sind. Einer davon war der Allgemeinmediziner Dr. med. Wolfgang Klomp aus Salzgitter", teilt die Ärztekammer auf Nachfrage von regionalHeute.de mit. Zu dem zweiten ihnen bekannten Todesfall könne man zum Schutz der Privatsphäre der Betroffenen keine Angaben machen.

Eine Statistik darüber, wie viele Ärzte sowie deren Mitarbeiter an COVID-19 erkrankt sind, würde es nicht geben. Das Prozedere, wenn ein Arzt oder ein Praxismitarbeiter erkrankt ist, sei aber das Gleiche. Wenn eine Ärztin oder ein Arzt an COVID-19 erkrankt, wird wie bei allen
anderen Fällen verfahren. Zuerst ermittelt das Gesundheitsamt die Kontaktpersonen, diese werden unter Quarantäne gestellt und getestet. Dies gelte selbstverständlich auch für die Mitarbeiter von erkrankten Ärzten. Ob eine Praxis in dem Fall schließen muss oder nicht, hänge von der Praxisart ab und von den Ergebnissen der Corona-Tests der Kontaktpersonen.

Nicht genug


Bis vor wenigen Tagen gehörten Ärzte mit direktem Kontakt zu Coronainfizierten nicht zur Gruppe derer, die eine Impfung bekommen sollten. Das sorgte bei Ärzten, Ärztekammer und beim Landesverband deutscher Hausärzte für starke Kritik. "Wenn man jetzt noch weiß, dass die Kollegen des MDK seit Monaten im Homeoffice ohne Kontakt zu Patienten arbeiten und Hausärzte - egal ob in der 1., 2. oder 3. Welle - neun von zehn Coronapatienten abstreichen, versorgen, Hausbesuche bei Kranken und in den Altenheimen machen, hätten die Vorrang. Die Entrüstung konnten wir Frau Reimann aber so laut auf den Tisch hauen, dass es mittlerweile - nun ja, innerhalb eines Tages - geändert wurde", sagt Dr. Carsten Gieseking, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Braunschweig auf Nachfrage von regionalHeute.de.

Laut Marion Charlotte Renneberg, Vorsitzende der Bezirksstelle Braunschweig der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) und ÄKN-Vizepräsidentin würden sieben von acht COVID-19-Infektionen in den Praxen der niedergelassenen Ärzte festgestellt. Eine Feststellung einer Coronaerkrankung innerhalb einer Praxis bedeutet nicht automatisch, dass Ärzte und deren Mitarbeiter an dem Virus erkranken. Es zeigt aber auf, welchem Risiko, sich zu infizieren, sie ausgesetzt sind. Die aktuelle Regelung umfasse laut Ärztekammer inzwischen eine Vielzahl an Ärzten aus dem ambulanten Bereich sowie deren Praxisteams. Nach Ansicht der Ärztekammer Niedersachsen wäre es allerdings angebracht, alle an der direkten Patientenversorgung Beteiligten für eine Impfung der höchsten Priorität zu berechtigen. Dies habe die Kammerversammlung der Ärztekammer Niedersachsen bereits am 20. Januar in ihrer Resolution gefordert.

Geänderte Verordnung


Gemäß Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 12. Februar 2021 sind nun einige Personengruppen aus der ambulanten ärztlichen Versorgung mit höchster Priorität für eine COVID-19-Schutzimpfung berechtigt. Dazu gehören:
· Ärzte sowie Beschäftigte mit direkten Patientenkontakten, die im Rahmen der Heimärztlichen Versorgung regelmäßig Heime zu Behandlungszwecken besuchen
· Ärzte sowie Beschäftigte mit direktem Patientenkontakten, die regelmäßig Abstrichnahmen im Rahmen von
Corona Testungen durchführen, insbesondere Abstrichpraxen
· Ärzte sowie Beschäftigte mit direktem Patientenkontakten in ambulanten Dialyseeinrichtungen und
Dialysepraxen sowie
· Ärzte sowie Beschäftigte mit direktem Patientenkontakten in onkologischen Schwerpunktpraxen.


Die Impfzentren vor Ort sind laut Ärztekammer dazu aufgerufen, aktiv auf die priorisierten Berufsgruppen zuzugehen. Laut Informationen des Ministeriums stellt die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen Listen der betroffenen Arztpraxen auf Landkreisebene zur Verfügung. Die entsprechenden Dienste bzw. Betriebe und Unternehmen sollen Ihre Mitarbeitenden vergleichbar zur Meldung durch die stationären Pflegeeinrichtungen per csv-Datei an die Impfzentren melden. Auch die Eingabe ins Terminmanagement erfolgt vergleichbar. Für die einzelnen Betriebe werden also bestimmte Time-Slots reserviert. Die Impfungen erfolgen zu den festgelegten Zeiten vor Ort oder in den Impfzentren. Zur Impfung im Impfzentrum können in diesem Fall sowohl die mobilen wie auch die stationären Impfteams eingesetzt werden. Insbesondere größere Betriebe können zur Impfung auch durch mobile Teams besucht werden.


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