Trockenperioden und weniger Futter - So hat sich das Leben der Störche verändert

Das veränderte Klima macht auch vor dem Leben der Störche nicht halt. Vermehrt werden Störche gesichtet. Dies bringt jedoch nicht nur Positives mit sich.

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Die Storchenpopulation hat sich in den letzten Jahren vergrößert. Symbolbild.
Die Storchenpopulation hat sich in den letzten Jahren vergrößert. Symbolbild. | Foto: Julia Seidel

Leiferde. Im Februar kamen die beiden Störche Fridolin und Mai zurück ins Artenschutzzentrum in Leiferde. Zwei Jungstörche haben sie in dieser Zeit großgezogen. Während die Elterntiere sich noch von der anstrengenden Aufzucht erholen müssen, haben sich die Kleinen bereits Anfang August auf den Weg in den Süden gemacht. Auch die Eltern werden ihnen in Kürze folgen. Doch manche der Tiere werden den Winter über hier verbringen. Zunehmende Trockenjahre und weniger Futter verändern auch die Angewohnheiten und das Leben der Störche zusehends.


Störche stehen an Gewässern und fressen Frösche und im Winter fliegen sie nach Afrika! Das ist ein Bild, das wohl die Meisten haben, wenn über die Vögel mit dem langen roten Schnabel gesprochen wird. Und so war es in der Vergangenheit auch. Doch dieses Bild entspricht schon längst nicht mehr der Realität, wie Bärbel Rogoschik, Leiterin des Artenschutzzentrum Leiferde im Gespräch mit regionalHeute.de berichtet. Denn die Veränderungen im Klima sorgen dafür, dass sich auch das Leben der Störche verändert und sie sich den neuen Gegebenheiten anpassen müssen.

"All you can eat" - wörtlich genommen


Fridolins und Mais Nachwuchs ist in den Süden geflogen. Ob sie es dabei bis nach Afrika schaffen oder eher in Spanien bleiben, ist nicht bekannt. Verwunderlich wäre es jedoch nicht, denn die meisten Tiere fliegen schon längst nicht mehr so weit wie sie es früher einmal getan haben. Denn auch in Afrika macht sich der Klimawandel bemerkbar und die Trockenzeiten werden länger, so Roschik weiter. In Spanien hingegen gebe es große Mülldeponien auf denen sich tausende von Störchen sammeln. Neben Nagetieren finden die Vögel dort auch zahlreiche Abfälle, von denen sie sich ernähren können. Ein Problem, das auch bei uns zunehmend zu beobachten ist. Auch hier fliegen die Tiere gerne Müllkippen und Kompostanlagen an. "In den letzten drei Jahren hatten wir eine Trockenzeit. Die Gräben und kleinen Teiche sind ausgetrocknet, das heißt Amphibien gehen zurück, das war damals die Nahrung der Störche. Mittlerweile gehen sie auf Mäuse", erklärt Roschik.

Auf den Müllkippen fressen sie jedoch alles. Zum Problem werden dabei vor allem Gummibänder. "Störche haben kein Geschmacksempfinden wie wir, die gucken was passt ins Schema rein und ob das ein Gummiband oder ein Wurm ist, das schmecken die nicht", so Roschik. In diesem Jahr gab es im Artenschutzzentrum auch vier der sogenannten "Gummibandstörche". "Einer hatte ein Gummiband über dem Oberschnabel und auch die Zunge war involviert. Der konnte aber eingefangen und befreit werden." Nicht immer ist es sofort offensichtlich, dass es sich um einen "Gummibandstorch" handelt. Oftmals werden die Mitarbeiter des Artenschutzzentrums eher zufällig darauf aufmerksam, wenn die Tiere lethargisch werden und Gewölle voller Gummibänder hervorwürgen. Einige wenige Bänder könnten dabei vorne oder hinten wieder herauskommen. Es bestehe jedoch auch die Gefahr, dass sie sich ansammeln und zu einer Magen-Darm-Entzündung führen, an der das Tier sterben kann. Nicht zuletzt darum müssen sich die Tiere neue Nahrungsquellen suchen. "Bleibt nur die Frage was das dann sein soll, denn auch die Mäusepopulation fängt in diesem Jahr an zurückzugehen", erklärt Roschik. Dies sei jedoch normal und würde sich über einen Zeitraum von vier Jahren immer wieder ändern.

Pöbelnde Jungtiere und gestresste Eltern


Die Storchenpopulation ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen, was auch damit zusammenhängt, dass immer mehr Nisthilfen aufgestellt werden. Hinzu kommt, dass die geburtenstarken Jahrgänge nun ebenfalls zurückkommen. In der Vergangenheit sei es so gewesen, dass die Jungvögel die ersten drei bis vier Jahre in Afrika verbracht hätten, da sie nicht gebrütet haben. Doch aufgrund der veränderten Umstände durch lange Trockenzeiten würden die Vögel jetzt bereits im Folgejahr zurückkommen.

Dies bringe jedoch mehr Negatives als Positives mit sich, erklärt Roschik weiter. Denn die Halbstarken würden im Trupp umherfliegen und die Brutpaare "zur Weißglut treiben". "Die Altstörche sind dann teilweise richtig genervt und müssen permanent ihr Nest verteidigen. Die haben damit sehr viel Stress, der dazu führen kann, dass sie Junge aus dem Nest schmeißen." Insgesamt sei bereits zu beobachten, dass in den Nestern weniger Junge groß werden, als es früher der Fall war. Zwar gebe es mehr Brutpaare, die Zahl der Jungtiere, die groß werden, gehe jedoch zurück. Neben dem Stress der Altvögel spiele auch hier die Nahrungsgrundlage eine Rolle, denn die Elterntiere würden länger brauchen, um das Futter zu bekommen und können somit auch weniger Junge großziehen. "Wir haben nur ein bestimmtes Futterkontingent und wenn da nichts an Feuchtwiesen gemacht wird, dann wird auch die hohe Population nicht gehalten werden können", mahnt Roschik.

Der Kampf um den besten Nistplatz


Jungtiere, die zurückkehren, können sich gut orientieren und wissen, wo sie herkommen. Jedoch fliegen sie zunächst einmal großflächig umher und suchen sich einen geeigneten Platz. Haben sie ein passendes Nest gefunden, müssen sie dieses vermutlich gegen mehrere Interessenten verteidigen. Mit zunehmendem Alter werden die Tiere durchsetzungsfähiger und die Kämpfe härter. Dabei können sich die Tiere teilweise schwer verletzen, kämpfen schonmal um Leben und Tod.

Auch Fridolin und Mai mussten in den letzten Wochen ihr Nest nochmal gegen andere Jungvögel verteidigen. Jedoch werden auch sie bald in den Süden fliegen.


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