Berlin. Unicef Deutschland hat am Mittwoch seinen Bericht zur Lage von Kindern in Deutschland vorgestellt. Das Kinderhilfswerk kritisiert, dass weiterhin zu viele Kinder mit Blick auf ihre Chancen für ein gutes Aufwachsen und Zukunftsperspektiven zu stark ins Hintertreffen geraten würden.
"Das Bild ist eindeutig: Soziale Ungleichheit bleibt die größte Herausforderung, wenn es um die Chancen von Kindern geht", sagte Georg Waldersee, Vorstandsvorsitzender von Unicef Deutschland, bei der Vorstellung des Berichts. Mehr als eine Million Kinder lebten in Armut und könnten sich häufig kein warmes Mittagessen oder kein zweites Paar Schuhe leisten.
"Armut und Perspektivlosigkeit verfestigen sich seit Jahren - und das dürfen wir nicht länger hinnehmen", mahnte Waldersee. "Deshalb lautet unsere Warnung heute: Es bewegt sich zu wenig für Kinder in Deutschland."
Sabine Walper, Vorstandsvorsitzende und Direktorin Deutsches Jugendinstitut, erklärte, dass man für den Bericht 28 Aspekte der Lebenslage und des Wohlergehens von Kindern in Deutschland betrachtet und dafür eine Vielzahl an Datensätzen genutzt habe. "Jedes siebte Kind ist armutsgefährdet, jedes achte ist auf Bürgergeld angewiesen", sagte sie. Jedes elfte Kind erfahre materielle Deprivation in der Familie. Das bedeute, dass in mindestens sieben von 13 Bereichen - wie etwa beim Ersatz abgetragener Kleidung, bei einer beheizten Wohnung oder bei warmen Mahlzeiten - Entbehrungen gemacht werden müssten.
Aus dem Bericht geht hervor, dass der Abstand zwischen bestens unterstützten und besonders benachteiligten Kindern wächst. Immer mehr Kinder können beispielsweise nicht gut lesen. 41 Prozent der Achtklässler verfügen zudem lediglich über rudimentäre digitale Kompetenzen.
Hinzu komme, dass insbesondere benachteiligte Kinder und Jugendlichen sich von ihrem Umfeld, also Eltern und Lehrkräften, vergleichsweise selten gut unterstützt fühlen. Jährlich verlassen laut Unicef über 62.000 die Schule ohne Abschluss. In dem Bericht heißt es weiter, dass 44 Prozent der armutsgefährdeten Kinder in überbelegten Wohnungen lebten. Mindestens 130.000 Kinder seien wohnungslos und in kommunalen Unterkünften untergebracht.
Noch immer fehle eine Gesamtstrategie gegen Kinderarmut, bemängelte der Unicef-Deutschland-Chef. Die schwierige Haushaltslage dürfe nicht als Vorwand akzeptiert werden. "Kinder müssen höchste politische Priorität haben", sagte er.
Waldersee erinnerte daran, dass andere Länder mit geringeren finanziellen Möglichkeiten zeigten, dass es besser gehe. Er forderte gezielte Investitionen in die Teilhabe und frühe Bildung sowie eine stärkere Armutsprävention. Es brauche Investitionen in besonders benachteiligte Kinder, etwa diejenigen von Alleinerziehenden, aus Mehrkinderhaushalten und aus Flüchtlingsfamilien. Zudem pochte er auf einen Ausbau des Startchancenprogramms, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie eine stärkere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen.
"Deutschland hat viele Baustellen, wir wissen das", erklärte der Unicef-Deutschland-Chef. "Aber kein Fundament ist wichtiger als das unserer Kinder. Wer gesellschaftlichen Zusammenhalt und Zukunft sichern will, der sollte, der muss jetzt handeln."
Unicef-Bericht: Kinder aus armen Familien bleiben abgehängt
Unicef Deutschland hat am Mittwoch seinen Bericht zur Lage von Kindern in Deutschland vorgestellt.
UNICEF-Bericht zur Lage der Kinder in Deutschland 2025 am 12.11.2025 | Foto: via dts Nachrichtenagentur

