Erfurt. Eine Regelung in einem Tarifvertrag, die für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Zuschlag vorsieht als für regelmäßige Nachtarbeit verstößt nicht zwingend gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Das hat das Bundesarbeitsgericht am Mittwoch entschieden.
Für die ungleiche Bezahlung der Nachtarbeit müsse ein sachlicher Grund gegeben sein, der zudem aus dem Tarifvertrag erkennbar sein müsse. "Ein solcher kann darin liegen, dass mit dem höheren Zuschlag neben den spezifischen Belastungen durch die Nachtarbeit auch die Belastungen durch die geringere Planbarkeit eines Arbeitseinsatzes in unregelmäßiger Nachtarbeit ausgeglichen werden sollen", heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts vom Mittwoch. Im konkret behandelten Fall wurde die Klage einer Frau abgewiesen, die in einem Unternehmen der Getränkeindustrie Nachtarbeit im Rahmen eines Wechselschichtmodells leistete. Im Arbeitsverhältnis der Parteien gilt ein Manteltarifvertrag, der regelt, dass der Zuschlag zum Stundenentgelt für regelmäßige Nachtarbeit 20 Prozent und für unregelmäßige Nachtarbeit 50 Prozent beträgt.
Arbeitnehmer, die Dauernachtarbeit leisten oder in einem 3-Schicht-Wechsel eingesetzt werden, haben daneben für je 20 geleistete Nachtschichten Anspruch auf einen Tag Schichtfreizeit. Die Klägerin erhielt für die von ihr geleistete regelmäßige Nachtschichtarbeit den Zuschlag in Höhe von 20 Prozent. Sie war der Auffassung, die unterschiedliche Höhe der Nachtarbeitszuschläge verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung bestehe unter dem Aspekt des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, auf den es allein ankomme, nicht.
Nachdem der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden hatte, dass die Regelung von Nachtarbeitszuschlägen in Tarifverträgen keine Durchführung von Unionsrecht ist, lag der Fall wieder bei den Erfurter Richtern. Diese urteilten, Arbeitnehmer, die regelmäßige bzw. unregelmäßige Nachtarbeit im Tarifsinn leisten, seien zwar miteinander vergleichbar. Sie würden auch ungleich behandelt werden, indem für unregelmäßige Nachtarbeit ein höherer Zuschlag gezahlt werde als für regelmäßige Nachtarbeit. Der Tarifvertrag beinhalte zunächst einen angemessenen Ausgleich für die gesundheitlichen Belastungen sowohl durch regelmäßige als auch durch unregelmäßige Nachtarbeit und habe damit Vorrang vor dem gesetzlichen Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag.
Daneben bezwecke der Tarifvertrag aber auch, Belastungen für die Beschäftigten, die unregelmäßige Nachtarbeit leisten, wegen der schlechteren Planbarkeit dieser Art der Arbeitseinsätze auszugleichen, urteilte das Bundesarbeitsgericht. Es liege im Ermessen der Tarifvertragsparteien, wie sie den Aspekt der schlechteren Planbarkeit für die Beschäftigten, die unregelmäßige Nachtarbeit leisten, finanziell bewerten und ausgleichen.
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