Region. Die Lage in den Kliniken in der Region spitzt sich laut verdi zu. Die Gewerkschaft schlägt deshalb Alarm und fordert ein sofortiges Handeln, um den drohenden Kollaps zu vermeiden.
Auch wenn sich derzeit die Infektionen und die Anzahl der Covid-19-Patienten in den meisten Kliniken noch auf einem vergleichbar machbaren Niveau bewegen, sei deutlich, dass die Kliniken langsam aber sicher auf die Belastungsgrenze zusteuern. Klar sei: Die knappste Ressource ist das Personal. Hiermit stehe und falle die Frage, ob die Behandlung der Patienten gewährleistet werden kann. Es müsse deshalb kurzfristig alles getan werden um die Beschäftigten in den Krankhäusern voll und ganz zu unterstützen, fordert ver.di. Geld dürfe dabei keine Rolle spielen.
Wie schnell sich die Lage zuspitzen kann, zeige die Entwicklung in Gifhorn in den vergangenen Tagen. Hier sind aktuell elf Covid-19 Patienten in Behandlung bei einem hohen Krankenstand von derzeit 30 Mitarbeitern. Die Intensivkapazitäten seien nahezu erschöpft und der veränderte Betriebsablauf belaste die Beschäftigten zusätzlich. Die Betriebsratsvorsitzende Carmen Wismer berichtet dazu: „Die Lage ist äußerst angespannt. Mitarbeiter aus allen Bereichen der Klinik mit pflegerischer Grundausbildung werden für die Versorgung der Patienten herangezogen. Auch Ärzte sollen bei der Grundversorgung helfen. Beschäftigte haben freiwillig ihre Stunden erhöht um zur Entlastung beizutragen, Betriebsratsmitglieder sind zurück in die Pflege gewechselt. Zusätzlich sollen Kolleginnen und Kollegen, die im Urlaub sind, diesen unterbrechen und zur Arbeit erscheinen.
Angesichts der beunruhigenden Entwicklung fordert die Gewerkschaft ver.di deshalb jetzt umgehend Maßnahmen, um auf die steigenden Infektionszahlen reagieren zu können. ver.di-Krankenhausexperte Jens Havemann: „Wir müssen verhindern, dass weitere Kliniken in eine solche prekäre Lage wie das Klinikum in Gifhorn kommen. Das Beispiel zeigt, wie schnell die Lage explodieren kann, wenn gleichzeitig die Zahl der schweren Covid-19-Patienten und die Infektionszahlen unter den Beschäftigten in die Höhe schießen. Wir müssen dafür sorgen, dass das Personal geschützt wird, ausreichend Perso- nal zur Verfügung steht, die Koordination unter den Kliniken gut funktioniert und die Kliniken gut ausgestattet werden.“
Sofortiges Handeln gefordert
Die Gewerkschaft ver.di fordert deshalb ein Test- und Impfmanagement: In allen Kliniken müsse es eine Strategie zur Testung und Impfung des Personals geben. Testungen müssen in hoher Frequenz angeboten werden. Es müsse in jeder Klinik schnell organisiert werden, dass die Beschäftigten, die sich impfen lassen wollen, auch kurzfristig die Impfung bekommen. Alles soll in der Arbeitszeit zu erfolgen. Außerdem müsse auf die Einhaltung des Arbeitsschutzes geachtet werden, damit die Beschäftigten gesund bleiben. Der Arbeitsschutz müsse zwingend eingehalten werden. Arbeiten unter Einsatz von Schutzausrüstung sei äußerst belastend, Alle Schutzmaßnahmen wie eine ausreichende Anzahl geprüfter FFP-2-Masken müssen jederzeit zur Verfügung stehen. Zudem müssen Ruhezeiten zur Regeneration zwingend einhalten werden. Es dürfe keine Ausweitung der Höchstarbeitszeit geben.
Drittens sollen Anreize geschaffen werden, damit die Beschäftigten ihre Arbeitszeit freiwillig erhöhen. Alle Möglichkeiten müssten genutzt werden, damit Beschäftigten kurzfristig von Teilzeit in Vollzeit wechseln oder zumindest ihre Stunden aufstocken können – hilfreich dabei seien dabei Wahlmöglichkeiten bei Arbeitszeiten oder attraktive Prämien, die tatsächliche Anreize bieten.
Finanzielle Belastung von Kliniken nehmen
Die Kliniken müssten außerdem vom finanziellen Risiko befreit werden. Die Kliniken müssten laut ver.di finanziell so ausgestattet werden, dass sie durch die Corona-Vorsorge kein finanzielles Risiko eingehen. Die sog. Freihaltepauschalen, die derzeit bis 31. Januar 2021 befristet sind, müssten weiter gewährt werden und vor allem auf alle Krankenhäuser ausgeweitet werden.
Das Problem der Finanzierung treibe laut ver.di derzeit die Beschäftigten im Klinikum Peine um. Zu Beginn des Jahres mussten viele Beschäftigte noch um Ihre Existenz fürchten, denn das Klinikum musste Insolvenz anmelden. In einer Kraftanstrengung der Kommune wurde das Klinikum damals gerettet. Doch die Finanzierung stelle sich aktuell wieder schwer da. Die Betriebsratsvorsitzende des Klinikum Peine Christine Leckelt berichtet: „Unser Haus profitiert leider nicht von den Corona Ausgleichszahlungen. Das macht mir Sorge, denn wir halten Betten frei für Corona Patient*innen und verschieben elek- tive Behandlungen. Das bedeutet, dass unsere Einnahmen sinken. Unsere Kollegen wünschen sich klare Signale, dass die Krankenhausfinanzierung gesichert ist, nach der Insolvenz möchten wir endlich nach vorne schauen!“
Abschließend weist Havemann zudem auf die mittelfristige Perspektive hin: „Es muss jetzt dringend gehandelt werden, damit für den absoluten Ernstfall Vorsorge getroffen ist. mittelfristig müssen wir aber auch aus der Krise lernen. Das sind wir den Beschäftigten schuldig. Wir brauchen ein Gesundheitssystem, dass sich an den Be- dürfnissen von Beschäftigten und Patent*innen orientiert. Es muss klar festgelegt wer- den, wieviel Personal von den Kliniken vorgehalten werden muss. Ebenso brauch wir dringend eine Reform der Krankenhausfinanzierung“.