In den VIER LINDEN ist das Allgemeine das Besondere

von Andreas Molau





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Vier-Linden-Wirt Wolfgang Haberkamm mit Ministerpräsident Stephan Weil.[/image] Das Vier Linden ist Szenelokal, Eckkneipe und Restaurant zugleich. Kulinarisch38 sprach mit Braunschweigs Kultwirt Wolfgang »Elvis« Haberkamm. Das Vier Linden in Braunschweig kennt man. Den Wirt Wolfgang »Elvis« Haberkamm sowieso. Die Eckkneipe ist regelmäßiger Gegenstand der Berichterstattung in der Löwenstadt. Denn hier ist immer was los. Aber wie das so ist, mit dem Selbstverständlichen. Weiß man wirklich etwas darüber? Das ging mir durch den Kopf, als ich mein Auto auf der Jasperalle parkte. Es war einer dieser trüben Märztage, die uns seit der letzten Schönwetterperiode nun heimsuchen. Der Wettermann im Radio versprach gerade, es sei eigentlich mild. Aber der Wind wehte doch unangenehm kalt. Nach dem kurzen Fußmarsch in die Wiesenstraße ist mir kaum wärmer. Das »Vier Linden« hat noch nicht geöffnet. Haberkamm hat sich trotzdem für mich Zeit genommen, um einmal hinter die Fassade des Selbstverständlichen gucken zu können. Für ein leeres Wirtshaus ist viel los. Während ich die erste erfreuliche kulinarische Entdeckung mit einem feinperligen Magnus-Mineralwasser mache, regelt »Elvis« Haberkamm ein paar Dinge: Das Menü für heute, frische Zutaten werden geliefert, zwischendurch eine Tischreservierung. Dennoch ist er sofort präsent. Mich interessiert, welches Profil dieser Ausnahmewirt, der vom Managermagazin als »Wunderknabe« bezeichnet wurde, für sein eigenes Lokal definieren würde. Auf den ersten Blick ist das »Vier Linden« eine gemütliche Eckkneipe mit blank geputzten Tischen, gemütvollem Tresen. Das alles erinnert an eine Zeit, als unsere Großväter noch ihren Frühschoppen regelmäßig genossen. Man ahnt den befreiten Jubel, als Deutschland 1954 Fußballweltmeister geworden ist. Hier könnte mein Opa 1967 gesessen haben, nachdem die Eintracht, die Meisterschale in die Löwenstadt geholt hatte.

Das Vier Linden hat viele Gesichter

Und gleichzeitig ist da das andere Gesicht: Auf den liebevoll dekorierten Tellern erwartet den Gast eine gehobene Gastronomie. Wo bekommt man sonst außerhalb eines guten Italieners eine Vitello Tonnato. Was sind die »Vier Linden« nun wirklich: Traditionskneipe, Szenetreff, oder Gourmet-Restaurant? Haberkamm überlegt eine Weile und lächelt dann: »Das geht alles.« Und anschließend fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu: »Bei mir ist das Allgemeine das Besondere.« Damit ist die Philosophie gut getroffen. Hier muss nicht groß etwas heraus gestellt werden, weil das ganze Bild, trotz aller Unterschiedlichkeit, stimmig ist. Und das Wort Philosophie, sonst oft strapaziert, passt in diesem Fall tatsächlich. Denn mein Gegenüber zitiert mit seinem Motto locker en passant Hegel. [wowslider id="60"] Spätestens jetzt ahnt man, dass es sich um keine »normale« Kneipe handelt. Wolfgang Haberkamm kommt es vor allem auf Authentizität an. Auch so ein Modewort. Aber ihm nimmt man das ab. Gastronomie muss für ihn ehrlich sein. Geprägt wurde er von der guten Küche Süddeutschlands. Hier seien Traditionen lebendig. »Die Leute wollen wissen, wo die Sachen, die sie essen herkommen und was drin ist«, das sind für ihn  ebenso einfach wie zwingende kulinarische Regeln. Mit Etiketten kann der Wirt von den »Vier Linden« wenig anfangen: »Ob man das nun Regionalität nennt oder was auch immer. Ich möchte qualitative, vernünftige Zutaten haben, nicht weil das irgendein Trend von mir erwartet, sondern weil ich dahinter stehe. Gutes Essen muss inszeniert werden.«

Das Kulinarische als Gesamtkunstwerk

Und das ist es auch, was Haberkamm selbst reizt. Es sei für ihn nicht nur wichtig, was sich auf dem Teller befinde, sondern wie es angerichtet und serviert werde. Das Kulinarische als Gesamtkunstwerk. Gedanken, die einem nicht aus dem Kopf gehen. Dabei hat alles ganz schlicht angefangen, verrät er. Mit einfachen Bouletten nämlich. Die habe er damals noch zu Hause gebraten und mit in die Wirtschaft genommen. Der Kreis seiner Gäste sei gewachsen und damit auch das Angebot. »Ich habe hier im östlichen Ringgebiet so viele unterschiedliche Menschen, dass es ein echter Balanceakt ist, die verschiedenen Erwartungshaltungen zu erfüllen«, erzählt er. Entscheidend sei immer, dass der Gast merke: Er, Wolfgang Haberkamm, stehe hinter den Ideen. Und von diesen hat er reichlich welche auf Lager. Die Gerichte für das Frühjahr sind in Planung. Erstmal müsse man die Zeit bis zum Spargel überbrücken. Bis dahin kämen frischere Noten auf den Teller. Die winterliche Maronisuppe wird von einer frühlingshaften Variante abgelöst. In der Fastenzeit gibt es noch eine leichte Fischplatte. Um den Kauf der Meeresfrüchte kümmert sich der Wirt selbst. Er fühlt sich persönlich verantwortlich für das, was auf den Tisch kommt. Mit den Vier Linden ist es wie mit dem Leben an sich: Man meint, es nur zu kennen. Denn so wie das Leben Veränderung ist, wächst die Traditionskneipe an der Wiesenstraße mit dem Ideenreichtum seines Besitzers. Damit man sich trotzdem wohlfühlt, versichert Wolfgang Haberkamm am Ende des Gesprächs, werde es aber auch immer traditionelle Gerichte auf dem Speiseplan geben. Und wer Glück hat, dem serviert der Chef gern mal höchstpersönlich. Vor allem, wenn die Küche gezaubert hat. Viel Aufhebens will er darum trotzdem nicht machen. Der zufriedene Gast langt ihm. Denn: Im Allgemeinen liegt hier das Besondere. Zu den vier Linden Wiesenstraße 5 38102 Braunschweig http://www.vierlinden.de/ Telefon:0531 337271


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