Braunschweig. Restriktive Auflagen machen den niedersächsischen Kinobetreibern schwer zu schaffen. Derzeit müssen auch im Kinosaal Mindestabstände von 1,5 Metern eingehalten werden, was einen wirtschaftlichen Betrieb unmöglich mache. Hinzu komme eine mangelnde Verfügbarkeit von Filmen, da attraktive Blockbuster erst dann wieder herausgebracht würden, wenn die Filmtheater wieder deutlich mehr Platzkapazitäten anbieten könnten. "Die Betreiber stehen nach vier umsatzlosen Monaten vor dem Abgrund", mahnt Hans-Joachim Flebbe, Chef der Astor-Kinogruppe in einer Pressemitteilung.
„Niedersachsen gibt weitere Lockerungen der Corona-Regeln bekannt. Diese sollen dann bis zum 31.8.2020 Bestand haben.“ Auf diese Ankündigung reagieren die niedersächsischen Kinobetreiber mit Wut und Unverständnis, so Flebbe: Die Beibehaltung der 1,50-Meter-Abstandsregel im Kinosaal komme einem Berufsverbot gleich und sei völlig unverhältnismäßig. Bisher sei weltweit kein Fall bekannt, in dem ein Kino oder ein Theater zum Ansteckungs-Hotspot wurde. Die einfache Erklärung: Anders als in der Gastronomie säßen die Gäste in einem Kino auf ihrem Platz und schauten in Richtung Leinwand, auch geredet werde eher nicht. Zudem seien die modernen Großkinos mit modernen Belüftungs- und Klimaanlagen ausgestattet, die mit bis zu 100 Prozent Außenluft für saubere Luft sorgten. „Wir sind in unseren Filmtheatern in der Lage, für einen sicheren Besuch zu sorgen und durch unser Buchungssystem auch die Kontaktverfolgung zu gewährleisten“, erklärt der Chef der Astor-Kinogruppe, die unter anderem Kinos in Hannover und Braunschweig betreibt. „Allerdings ist für uns erst ab einer möglichen Auslastung von 50 Prozent - also immer noch mit einem freien Sitz zwischen den Gästen – eine Wiederaufnahme des Spielbetriebes wirtschaftlich vertretbar.“
"Unwiederbringliche Zerstörung der Kinolandschaft in Niedersachsen"
„Unter den aktuellen Umständen, mit einer Beibehaltung der 1,50-Meter-Abstandsregel und maximal 25 Prozent Auslastung, ist es für uns noch sinnvoller, die Kinos geschlossen zu halten“, sagt Flebbe. „Diese Auflage wird schon kurzfristig zu einer Pleitewelle sowie zur unwiederbringlichen Zerstörung der Kinolandschaft in Niedersachsen führen.“ Flebbe hält die Einschränkungen für völlig überzogen, zumal auch in Österreich, Frankreich, der Schweiz – oder auch in Nordrhein-Westfalen die ein-Sitz-bleibt-frei-Regel gelte.
Seit inzwischen über vier Monaten finde in den Astor-Kinos in Hannover und Braunschweig kein Spielbetrieb statt. Die dennoch anfallenden Fixkosten in Höhe von über 600.000 Euro im Monat müsse Flebbe aus eigener Tasche tragen: „Es wird immer von großartiger Hilfe und von der Unterstützung der Kulturinstitutionen gesprochen – abgesehen vom Kurzarbeitergeld werden wir aber komplett mit dem von uns nicht verschuldeten Problem alleine gelassen, von der Landesregierung oder vom Bund wurde kein Euro an Kompensation gezahlt.“
"Schnelle Entscheidungen sind gefragt"
Der Branche gehe der Atem aus – nun seien kurzfristige Hilfen gefragt und schnelle Entscheidungen für weitergehende Lockerungen. Hans-Joachim Flebbe suche seit Wochen das Gespräch mit dem Land, bisher ohne Erfolg. "Doch die Zeit drängt, sonst bleibt der Landesregierung nur die Option, den kulturellen Kahlschlag mit Bedauern zur Kenntnis zu nehmen", ist sich der Kinobetreiber sicher.
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