Toulouse/München. Eine Gruppe von Volkswirten aus Frankreich, Deutschland und Italien kritisiert die Innovationspolitik der EU sowie die Ausrichtung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung in Europa und fordert Änderungen.
"Die EU verliert den Wettlauf um Innovationen und gibt damit wirtschaftliches Wohlergehen sowie regulatorischen und geopolitischen Einfluss auf", sagte Nobelpreisträger Jean Tirole von der Toulouse School of Economics. "Ihre völlige Abwesenheit in der Gruppe der Top-20-Tech-Unternehmen und der Top-20-Start-ups ist bedrohlich. Sie gibt zu wenig für Forschung und Entwicklung aus und konzentriert sich auf Mid-Tech-Branchen", ergänzte er.
Ifo-Präsident Clemens Fuest fügte hinzu: "Die Investitionen in die EU-Forschung konzentrieren sich auf die Automobilindustrie und ähnliche Sektoren, während Europa in wachsenden Hightech-Branchen wie der digitalen Wirtschaft immer weiter abgehängt wird. Der Kontinent befindet sich in einer Mid-Tech-Falle."
"Um den aktuellen Trend umzukehren, empfiehlt der Bericht, dass die EU viel mehr in bahnbrechende Innovationen investieren und Hightech-Projekte mit geringer technologischer Reife unterstützen sollte", sagte Tirole weiter. "Die EU sollte daher die politische Kontrolle über wissenschaftliche Entscheidungen verringern, mehr führende Wissenschaftler einbeziehen und diesen mehr Ermessensspielraum und Flexibilität einräumen. Nur dann wird die EU in der Lage sein, der Mid-Tech-Falle zu entkommen, wenn sie bahnbrechende Innovationen unterstützt", fügte Tirole hinzu.
Fuest sagte weiter: "Um die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu verbessern, muss sie ihre Forschungspolitik ändern und sich stärker auf bahnbrechende Innovationen konzentrieren und gleichzeitig ihre Basis verbreitern. Sie muss auch einen anderen Ansatz für die Verwaltung der Zuweisung von europäischen Mitteln in diesem Bereich wählen."
Der Bericht "EU Innovation Policy - How to Escape the Middle Technology Trap?" wurde am Mittwoch in Brüssel veröffentlicht. Er wurde unter der Leitung von Clemens Fuest, Daniel Gros vom Institute for European Policymaking an der Bocconi University Milan und Jean Tirole erstellt.
Den Autoren zufolge sollte der Europäische Innovationsrat (EIC) nach dem Vorbild der ARPA-Agenturen aus den USA umgestaltet werden. Dies würde bedeuten, dass mehr Wissenschaftler und weniger Beamte in den Ausschüssen sitzen. Im Vergleich zu den USA sind die Bewerbungs- und Auswahlverfahren in der EU bürokratischer und unterliegen einem komplexen Regelwerk.
Infolgedessen werden in Europa derzeit zu wenige bahnbrechende Innovationen gefördert, und die Finanzierung konzentriert sich zu sehr auf die Behebung von Unzulänglichkeiten des Kapitalmarkts, mit denen kleine und mittlere Unternehmen zu kämpfen haben. Mehr Geld könnte durch die Umverteilung eines Großteils des Budgets des Europäischen Innovations- und Technologieinstituts (EIT) zur Verfügung gestellt werden, das bisher nur wenig erreicht zu haben scheint.
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