Region. Mit dem Frühsommer beginnt nicht nur die Zeit des Grillens, der Freibadbesuche und der Spaziergänge im Grünen, sondern auch die gefährliche Phase des Eichenprozessionsspinners (EPS). Der Landkreis Gifhorn gibt Antworten auf die häufigsten Fragen rund um das unscheinbare, aber potenziell gesundheitsschädliche Insekt – und informiert über Schutzmaßnahmen, Zuständigkeiten und Bekämpfungsstrategien.
Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) ist ein heimischer Nachtfalter, dessen Raupen feine Brennhaare entwickeln. Diese Härchen enthalten ein Nesselgift namens Thaumetopein, das bei Menschen und Tieren starke Reizungen hervorrufen kann. Besonders gefährlich wird es ab dem dritten Larvenstadium – meist zwischen Mai und Juli. In dieser Zeit sollte man besonders vorsichtig sein, wenn man sich in der Nähe von Eichen aufhält – denn dort nistet sich das Insekt bevorzugt ein. Typische Standorte sind Waldränder, Parkanlagen, Spielplätze, Schulhöfe oder Straßenalleen. Befallene Bäume erkennt man oft an dunklen, samtartigen Gespinsten am Stamm oder an Ästen sowie an den Raupen, die sich in typischer Prozession – also hintereinander kriechend – fortbewegen.
Nicht berühren
Wichtig ist: Wer einen Befall vermutet, sollte die betroffenen Bäume nicht berühren, ausreichend Abstand halten (mindestens 20 bis 50 Meter) und Kinder sowie Haustiere fernhalten. Eine Meldung an die zuständige Gemeinde oder den Grundstückseigentümer ist unerlässlich – vor allem, wenn sich die Bäume im öffentlichen Raum befinden. Denn die Zuständigkeit für die Bekämpfung hängt vom Standort ab: Auf Privatgrundstücken sind die Eigentümer selbst verantwortlich, während öffentliche Flächen – etwa Straßen, Spielplätze oder Schulhöfe – von der jeweiligen Kommune, dem Landkreis oder dem Land betreut werden. Waldgebiete fallen in den Zuständigkeitsbereich der Landesforsten, wobei eine Bekämpfung dort nur unter sehr engen gesetzlichen Voraussetzungen erfolgen darf.
Die Bekämpfung
Zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners werden verschiedene Methoden eingesetzt. Eine gängige Maßnahme ist der Einsatz biologischer Insektizide, etwa mit dem Wirkstoff Bacillus thuringiensis. So handhabt es beispielsweise der Landkreis Gifhorn. Dieses Mittel wird meist auf die Baumkrone gesprüht und wirkt, sobald die Raupen die behandelten Blätter fressen. Eine andere Möglichkeit ist der gezielte Einsatz von Nematoden – mikroskopisch kleinen Fadenwürmern, die in die jungen Raupen eindringen und sie abtöten, noch bevor diese ihre Brennhaare ausbilden. Diese Methode ist besonders umweltfreundlich, erfordert aber eine präzise Anwendung in den Abend- und Nachtstunden.
In einem späteren Stadium, wenn bereits Nester mit Brennhaaren vorhanden sind, kommt häufig das Absaugen der Nester zum Einsatz. Dabei werden die betroffenen Stellen mit Spezialgeräten gereinigt, und das kontaminierte Material wird luftdicht verpackt und anschließend verbrannt. Eine weitere Alternative ist die Behandlung mit heißem Wasser oder speziellem Schaum, wodurch die Eiweißstruktur der Brennhaare zerstört und das Material unschädlich gemacht wird – ganz ohne Sondermüll.
Um die Ausbreitung des Eichenprozessionsspinners langfristig einzudämmen, setzen viele Fachleute auch auf natürliche Gegenspieler. So kann etwa das Anbringen von Nistkästen für Meisen helfen, da diese Vögel die jungen Raupen fressen. Auch Fledermäuse, die die Falter in der Nacht jagen, leisten einen wertvollen Beitrag. Zusätzlich helfen blühende Wiesen und insektenfreundliche Gärten und Mischwälder, die Lebensräume für Nützlinge wie Schlupfwespen, Käfer oder Raupenfliegen bieten.
Vorsicht und Vorbeugung
Wer in der Nähe befallener Bäume lebt oder sich dort aufhält, sollte einige Vorsichtsmaßnahmen treffen: lange Kleidung tragen, Fenster geschlossen halten, keine Wäsche im Freien trocknen und nach Aufenthalten in Risikogebieten gründlich duschen. Sollte es dennoch zu einem Kontakt mit den Brennhaaren kommen, ist schnelles Handeln gefragt: Haut und Haare mit viel Wasser abspülen, Kleidung wechseln und heiß waschen, die betroffenen Stellen kühlen – bei starken Reaktionen sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden.
Zudem können Bürger durch naturnah gestaltete Gärten zur Eindämmung des Insekts beitragen. Die Förderung natürlicher Feinde wie Meisen (durch Nistkästen), Fledermäusen (durch spezielle Quartiere) oder Insekten (durch Blühflächen) unterstützt das ökologische Gleichgewicht. Auch der Verzicht auf Breitband-Pestizide hilft, das Auftreten des Eichenprozessionsspinners langfristig zu begrenzen.
Befall melden
Wer einen Befall mit dem Eichenprozessionsspinner bemerkt, sollte diesen unbedingt melden – allerdings hängt es vom Ort des Fundes ab, an wen man sich wenden muss. Grundsätzlich gilt: Auf öffentlichen Flächen wie Straßen, Parks, Spielplätzen oder an öffentlichen Gebäuden ist der jeweilige Eigentümer der Fläche zuständig. Das kann die Kommune, der Landkreis oder – bei Landes- und Bundesstraßen – die zuständige Straßenbaubehörde sein.
Anders verhält es sich bei privaten Grundstücken. Hier liegt die Verantwortung für Erkennung und Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners beim Eigentümer selbst. Dazu gehören auch private Hausgärten, Firmengelände oder Flächen von Wohnungsbaugesellschaften. Wer auf seinem Grundstück ein Nest entdeckt, sollte eine Fachfirma mit der Entfernung beauftragen – keinesfalls sollte man selbst Hand anlegen, da dies eine erhebliche Gesundheitsgefahr darstellen kann.