Wanderausstellung „1938PROJEKT: POSTS FROM THE PAST“


Symbolfoto: André Ehlers
Symbolfoto: André Ehlers | Foto: regionalHeute.de

Braunschweig/Wolfsburg. 80 Jahre trennen uns von 1938, einem Jahr, das für das deutschsprachige Judentum einen endgültigen Bruch markierte. Im „1938PROJEKT: Posts from the Past“ gewährt das Leo Baeck Institute - New York|Berlin Tag für Tag individuelle Einblicke in die Erfahrungen deutschsprachiger Jüdinnen und Juden aus dem Jahre 1938.


Am heutigen Donnerstag wurde die dazugehörige Wanderausstellung „1938PROJEKT: Posts from the Past“ in der Stadtbibliothek in Braunschweig der Öffentlichkeit präsentiert. Anlässlich der Eröffnung sprachen Ulrich Markurth, Oberbürgermeister der Stadt Braunschweig, Daniel Botmann, Rechtsanwalt und Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, und Botschafter Dr. Felix Klein, der neu ernannte Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung. Die Begrüßung erfolgte durch Prof. Dr. Alexander von Kienlin, Präsident des Israel Jacobson Netzwerks. Dr. Miriam Bistrovic, Berlin Representative des Leo Baeck Institute - New York|Berlin, führte in die Ausstellung ein.

Dr. Felix Klein hat sich für seinen ersten öffentlichen Auftritt außerhalb von Berlin bewusst für die Veranstaltung des Israel Jacobson Netzwerks entschieden, um damit den besonderen Ansatz des Netzwerkes zu würdigen. In seinem Grußwort wird er zu den aktuellen antisemitischen Ereignissen in Deutschland Stellung nehmen. Unter Verwendung von Materialien aus eigenen Archiven des Leo Baeck Institute – New York|Berlin und zahlreicher Partnerinstitutionen erscheinen unter www.1938projekt.org bis zum Jahresende 365 persönliche Geschichten, die anhand authentischer Dokumente den Schrecken und die Hoffnungen aus Sicht der Betroffenen schildern und das Vergangene in die Gegenwart bringen. Für die Wanderausstellung wurden 12 dieser Geschichten ausgewählt.

Auf jüngere Generation zugehen


„Die Ausstellung zeigt Ausschnitte aus dem Leben von Jüdinnen und Juden, deren persönliche Erlebnisse sich hinter den nüchternen Zahlen des Jahres 1938 verbergen.“, erklärte Dr. Miriam Bistrovic, Berlin Representative des Leo Baeck Institute New York|Berlin. „Unser Anliegen ist es, ihre Zeugnisse nicht nur zu bewahren, sondern aktiv auf jüngere Generationen zuzugehen und Anknüpfungspunkte zu bieten. Schließlich ist die Aktualität ihrer Geschichten ungebrochen: Sie berichten eindrücklich von Diskriminierung, Flucht und Verfolgung aber auch von Entschlossenheit, unbeugsamen Überlebenswillen und privatem Widerstand. Themen, die heute relevanter sind denn je.“

Auf die gesamtgesellschaftliche Brisanz des Themas nahm auch Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, in seinem Grußwort Bezug und forderte: „Antisemitismus und Rassismus müssen in dieser Gesellschaft ein No-Go werden. Wir brauchen eine Kultur des Eingreifens, des sich zuständig Fühlens, der gelebten Toleranz, wenn wir unsere offenen Gesellschaften auch in Zukunft erhalten wollen. Dazu leistet das 1938Projekt "Posts from the Past" einen großartigen und wichtigen Beitrag.“ Oberbürgermister Ulrich Markurth hielt fest, wie notwendig Vergegenwärtigungen zum Bewahren der Erinnerung und Bekämpfung von Antisemitismus sind: „Wir müssen in diesen Wochen mit Erschrecken zur Kenntnis nehmen, dass Judenhass in Teilen unserer Gesellschaft wieder stark präsent ist. Das "PROJEKT1938" macht auf sehr einfühlsame Weise deutlich, welche Auswirkungen die Judenfeindlichkeit im "Dritten Reich" auf die Lebenswirklichkeit der Betroffenen hatte.“ Zugleich ging er auf das starke Fundament deutsch-jüdischer

Humanistisches Erbe besonderer Qualität


Geschichte im Braunschweiger Raum ein, bestehend aus: „jahrhundertelangem deutsch-jüdischen Zusammenleben, der Prägung durch jüdische Geistesgeschichte und gemeinsamer aufklärerischer Tradition. Das Israel Jacobson Netzwerk ruft dies auf vorbildliche Weise ins Gedächtnis. Auch die Bet Tfila Forschungsstelle an der Technischen Universität spürt dieser Tradition nach und schafft Verbindungen über Braunschweig hinaus bis nach Israel, nicht zuletzt zu unserer Partnerstadt Kiryat Tivon.“ Bereits bei der Begrüßung betonte Prof. Dr. Alexander von Kienlin, Präsident des Israel Jacobson Netzwerk e.V., die Bedeutung der Region für das deutschsprachige Judentum und ihre komplexe Geschichte: „Selten finden sich in einer Landschaft die Pole von Humanität und Toleranz auf der einen Seite und Abgrund und Schrecken auf der anderen Seite so ausgeprägt. Die Region Braunschweig-Wolfsburg besitzt ein humanistisches Erbe von ganz besonderer Qualität. Die Ausstellung 1938PROJEKT zeigt, wie wichtig das Kennen der Geschichte für das Verstehen von heute ist. Zahlreiche begleitende Veranstaltungen unserer Mitglieder und Partner erläutern mit kostenfreien Führungen oder Vorträgen das Geschehen an den konkreten Orten.“

Das 1938PROJEKT wird vor Ort in Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde Braunschweig und dem Israel Jacobson Netzwerk für jüdische Kultur und Geschichte e.V. eröffnet und im Rahmen des Kulturprogramms des Zentralrats der Juden in Deutschland gezeigt. Die drei vom Israel Jacobson Netzwerk organisierten Stationen der Ausstellung – Wolfsburg, Braunschweig, Salzgitter – betten die verheerenden Ereignisse des Jahres 1938 in die Region ein. Das Veranstaltungsprogramm wird unter http://www.ij-n.de/ veröffentlicht.

AUSSTELLUNGSORT:


3. Mai – 2. Juni: Braunschweig, Stadtbibliothek
Schlossplatz 2, 38100 Braunschweig Mo. – Fr. 10 – 19 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr

ÜBER DAS LEO BAECK INSTITUTE NEW YORK | BERLIN
Seit seiner Gründung 1955 hat sich das Leo Baeck Institute (LBI) mit seinen Niederlassungen in New York, London und Jerusalem der Aufgabe gewidmet, das kulturelle Vermächtnis und die Geschichte des deutschsprachigen Judentums zu bewahren. Erster Präsident und Namensgeber war der Rabbiner Leo Baeck. Heute ist das LBI New York|Berlin Bewahrer des kulturellen Erbes des deutschsprachigen Judentums und zentraler Ort der deutsch-jüdischen Diaspora. Die Bibliothek des LBI New York|Berlin beherbergt mehr als 80.000 Bände zu deutsch-jüdischer Kultur und Geschichte. Hinzu kommen eine Kunstsammlung und ein Archiv mit über 2.000 Memoiren, 25.000 digitalisierten Fotografien und mehreren laufende Kilometern an Dokumenten. Inzwischen sind über 3,5 Millionen Seiten digitalisiert und seit 2012 online unter DigiBaeck (https://www.lbi.org/digibaeck/) frei abrufbar. Seit 2001 unterhält das Leo Baeck Institute New York|Berlin eine Archiv-Dependance im Jüdischen Museum Berlin und seit 2013 ein Berliner Büro, um Unternehmungen in Deutschland zu koordinieren und als Ansprechpartner für die Belange des LBI New York|Berlin zu fungieren.


mehr News aus der Region